Die Volkswagen-Aktie hat angesichts der Machtübernahme durch Porsche ihren Wert gestern zeitweilig verdreifacht. Die Papiere von Europas größtem...

Hamburg. Die Volkswagen-Aktie hat angesichts der Machtübernahme durch Porsche ihren Wert gestern zeitweilig verdreifacht. Die Papiere von Europas größtem Autohersteller schossen in der letzten Handelsstunde in einem für einen DAX-Wert ungekannten Ausmaß um mehr als 200 Prozent auf ein Rekordniveau von 635 Euro in die Höhe. Die Papiere schlossen mit einem Aufschlag von 146 Prozent bei 520 Euro. Damit konnte ein Anleger, der am Freitag 20 000 Euro in die Autoaktie investiert hat, bis gestern rund 40 000 Euro verdienen.

Nur diese Kursexplosion hat den DAX vor einem erneuten Kurssturz bewahrt. Ohne diese Unterstützung hätte der Leitindex nicht 0,9 Prozent zugelegt, sondern neun Prozent im Minus geschlossen, denn alle anderen Werte lagen unter den Vortageskursen.

Händler erklärten den Kurssprung mit Spekulationsgeschäften um die laufende VW-Übernahme durch Porsche. "Der Ausschlag ist fundamental, also mit den realen Geschäftsaussichten, nicht mehr zu begründen", sagte Bernd Schimmer, Chefanalyst der Haspa. Deutlich werde dies auch an der Tatsache, dass die Vorzugsaktien bei gut 35 Euro dümpelten, und nur die stimmrechtsfähigen Stammaktien solche Rekordkurse erreichten, sagte der Börsenexperte dem Abendblatt. Dass die Aktienarten derart weit auseinandergedriftet sind, obgleich beide den Wert des Unternehmens verbrieften, zeige die Spekulationsblase bei den VW-Stammaktien.

Denn in der Spitze wurde der VW-Konzern an der Börse mit rund 190 Milliarden Euro bewertet. Das war mehr als die Marktkapitalisierung der fünf größten DAX-Werte E.on, Deutsche Telekom, Siemens, SAP und Bayer zusammengerechnet.

Porsche hatte am Sonntag bekannt gegeben, seinen VW-Anteil auf 42,6 Prozent aufgestockt zu haben . Die Folge sei nun ein panikartiger Rückkauf von "leer" verkauften Beständen - also Aktien, die Händler in Erwartung sinkender Kurse verkauft haben, ohne sie zu besitzen, weil sie sie später noch günstiger erwerben wollten.

Dadurch, dass Porsche die Karten auf den Tisch gelegt habe, seien die Wetten geplatzt, sagte Schimmer. Einem Händler zufolge sind im vergangenen Monat rund 15 Prozent der Stammaktien an Leerverkäufer verliehen gewesen. Zur Eindeckung stehe den auf fallende Kurse setzenden Spekulanten jetzt nur ein "echter" Streubesitz von 5,9 Prozent zur Verfügung - auch dieser relativ geringe Anteil frei verfügbarer Aktien macht den VW-Kurs so schwankungsanfällig.

Porsche hält zudem 31,5 Prozent in Form von Optionen zur Kurssicherung. Dies ergebe in der Summe einen Anteil von 74,1 Prozent. Sofern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, soll der Anteil an VW laut Porsche 2009 auf 75 Prozent aufgestockt werden. Damit will Porsche-Chef Wendelin Wiedeking den Weg für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag freimachen. Im Falle eines weniger günstigen Umfelds rechnet Analyst Daniel Schwarz von der Commerzbank damit, dass Porsche für einen Teil seiner Optionen einen Barausgleich wählen und sich mit 50 Prozent der Stimmrechte begnügen könnte.

Niedersachsen dagegen hat seinen Anteil an Volkswagen von 20,2 Prozent nach den Worten von Ministerpräsident Christian Wulff nicht aufgestockt.