Im Kampf gegen Korruption im eigenen Unternehmen gehört die Deutsche Bahn zu den erfolgreichsten Fahndern in Deutschland. Diesmal ist der Staatskonzern aber offenbar zu weit gegangen: Die Bahn hat bis zum Jahr 2003 rund 1000 leitende Mitarbeiter ohne konkrete Anhaltspunkte auf Korruptionsverdacht überprüft.

Hamburg. Der Berliner Datenschutzbeauftragte ermittelt nun gegen das Unternehmen, weil die Führungskräfte nach der Überprüfung nicht informiert wurden. Die Bahn müsse wegen dieses Verstoßes mit einem Bußgeld rechnen, hieß es. Der Verkehrsausschuss des Bundestags will den Fall am nächsten Mittwoch in seiner Ausschusssitzung beraten.

Die Deutsche Bahn bestätigte gestern zwar die zurückliegenden Aktionen, wies jedoch den Vorwurf einer gezielten Bespitzelungsaktion zurück. Bei den Überprüfungen unter den Decknamen "Babylon" und "Eichhörnchen" sollen die Wohnadressen, Telefonnummern und Kontoverbindungen von Hunderten Managern und ihren Ehepartnern mit jenen von Geschäftspartnern durch die Detektei Network abgeglichen worden sein.

Der Antikorruptionsbeauftragte der Bahn und ehemaliger Oberstaatsanwalt, Wolfgang Schaupensteiner, verteidigte das Vorgehen als "zulässig und erforderliches Mittel" bei der Korruptionsabwehr, "um möglichen Interessenskonflikten auf die Spur zu kommen". In der Vergangenheit sei es auch bei der Deutschen Bahn häufiger vorgekommen, dass Mitarbeiter unter ihrer eigenen Wohnadresse eigene Firmen gegründet hätten. "Die Mitarbeiter bestellen dann bei sich selbst." Sowohl die Bahn als auch der Steuerzahler habe ein Interesse, solchem Missbrauch entgegenzuwirken. Schließlich sei die Bahn mit einem jährlichen Auftragsvolumen von rund 20 Milliarden Euro ein Großinvestor. Alle Daten zu Mitarbeitern, bei denen nichts Auffälliges entdeckt wurde, seien gelöscht worden. Die anderen Beschäftigten seien informiert und angehört worden.

Die Gewerkschaft Transnet forderte die Bahn auf, den "Schnüffelverdacht" schnell auszuräumen. Der Kampf gegen Korruption dürfe die Grundrechte der Beschäftigten und ihrer Familien nicht verletzen.