Nicht alle spanischen Geldhäuser benötigen EU-Hilfen. Nach Ansicht des IWF gelten 70 Prozent als konsolidiert, 30 Prozent als problematisch.

Madrid. Es ist nicht lange her, da waren die Spanier noch stolz auf ihre Banken. Geldhäuser wie Banco Santander oder BBVA (Banco Bilbao Vizcaya Argentaria) hatten sich in Europa einen Namen gemacht, die Branchenaufsicht der spanischen Zentralbank galt als vorbildlich. Als in den USA und Deutschland Banken mit Staatsgeldern gestützt wurden, meinte Spaniens damaliger Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero: „Spanien spielt in der Champions League der Volkswirtschaften.“

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Keine fünf Jahre später stehen spanische Banken im Brennpunkt der Finanzkrise. Madrid muss die EU um Hilfen von bis zu 100 Milliarden Euro für seine in Schräglage geratenen Geldhäuser bitten. Dabei war man in Spanien bis vor kurzem davon ausgegangen, dass die Probleme sich auf kleinere Sparkassen beschränkten. Als die Caja Mediterráneo (CAM) vor dem Zusammenbruch stand und verstaatlicht werden musste, sagte der damalige Zentralbankchef Miguel Fernández Ordóñez: „Das ist das Schlimmste vom Schlimmen.“

Er sollte sich irren, denn es sollte noch schlimmer kommen. Bankia, das viertgrößte Geldinstitut des Landes, musste feststellen, dass zu seiner Sanierung eine Kapitalzufuhr von 23,5 Milliarden Euro nötig ist. CatalunyaCaixa und Novagalicia benötigen weitere 9 Milliarden. Der Weltwährungsfonds (IWF) bezifferte die Gesamtsumme, die für den spanischen Bankensektor erforderlich sein wird, auf 40 Milliarden Euro. Madrid geht daher davon aus, dass die erbetene Hilfe von 100 Milliarden Euro in jedem Fall ausreichen sollte.

Nach Ansicht des IWF gelten 30 Prozent der spanischen Bankenwirtschaft als problematisch und 70 Prozent als konsolidiert. Die drei führenden Geldhäuser Santander, BBVA und Caixabank halten sich in der Krise relativ gut. Sie erlitten zwar Gewinneinbußen, weil sie aufgrund der Bankenreformen der Regierung größere Rücklagen bilden mussten. Aber sie brachten die Mittel auf, ohne Hilfen in Anspruch nehmen zu müssen. Daran wird sich voraussichtlich nichts ändern. Allerdings setzte die Ratingagentur Fitch die Bonität von Santander und BBVA am Montag um zwei Stufen herab. In der vorigen Woche hatte sie die Kreditwürdigkeit Spaniens gar um drei Stufen gesenkt.

Die Unklarheiten konzentrieren sich vor allem auf das Mittelfeld der Branche. Dazu gehören mittelgroße Geldhäuser, die bisher ohne staatliche Hilfen ausgekommen waren. Von ihnen weiß man nicht, ob sie erhöhte Auflagen für Rückstellungen mit eigenen Mitteln erfüllen könnten. Die Regierung gab bei den Prüfungsgesellschaften Roland Berger und Oliver Wyman Gutachten in Auftrag, die Klarheit schaffen sollen. Madrid unternimmt aber keine Anstalten herauszufinden, wer die Verantwortung für das Desaster trägt. „Das wäre zu dieser Zeit nicht angebracht“, sagte Ministerpräsident Mariano Rajoy.

Wieso haben Banken und Sparkassen so großzügig Kredite gewährt, die sich nun als „faul“ erweisen? „Spaniens Wirtschaftsmodell beruhte damals auf der Bauwirtschaft“, erläutert ein Ex-Vorstandsmitglied der Sparkasse Caja Madrid, die jetzt zu Bankia gehört, der Zeitung „El País“. „Wir haben dieses Modell mit den nötigen Finanzen versorgt.“ Von 2004 bis 2006 wurde in Spanien pro Jahr mit dem Bau von 600 000 Wohnungen begonnen, 2010 waren es nur noch 100 000.

Im Mittelpunkt der Kritik steht Rodrigo Rato, der bis Mai an der Spitze von Bankia gestanden hat. Der Ex-Generaldirektor des IWF ist ein ehemaliger Ministerkollege von Rajoy und galt bislang als die wirtschaftspolitische Koryphäe der regierenden Volkspartei. Dabei kann man ihm die Kreditvergabe während des Baubooms kaum ankreiden, denn er übernahm den Chefposten bei Bankia erst im Januar 2010. Allerdings hatte er maßgeblichen Anteil daran, dass eine Gruppe maroder Sparkassen um die Caja Madrid zu einer Großbank fusioniert und an die Börse gebracht wurden. Beides bezeichnete Wirtschaftsminister Luis de Guindos als Fehler. Mehrere Initiativen wollen Rato vor Gericht verklagen.