Erst Griechenland, dann Irland und Portugal – nun auch Spanien. Die seit mehr als zwei Jahren schwelende Schuldenkrise ist wieder akut.
Madrid/Athen. Spaniens Bankenkrise eskaliert – und rückt die viertgrößte Wirtschaft des Eurolandes ins Zentrum des europäischen Schuldendramas. Allerdings will sich Madrid aus eigener Kraft aus dem Strudel herauswinden. Trotz der auf mehr als 23 Milliarden Euro ausufernden Sanierungskosten für die marode Großbank Bankia glaubt die Regierung, ohne fremde Hilfe auszukommen. Die Finanzmärkte bleiben hochgradig nervös: Der Euro erholte sich am Montag nur zwischenzeitlich von seinen starken Verlusten der vergangenen Woche. Für Ernüchterung sorgt vor allem die Lage an den großen Anleihemärkten Spaniens und Italiens, wo die Risikoaufschläge für Staatsanleihen weiter anzogen.
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„Es wird für die spanischen Geldhäuser keine europäische Rettungsaktion geben“, erklärte Ministerpräsident Mariano Rajoy am Montag. Nach Angaben der Budgetstaatssekretärin Marta Fernández Currás ist die Rekapitalisierung der Banken bereits angelaufen. Der Staat werde die Mittel zur Verfügung stellen, die notwendig seien. „Eine europäische Rettungsoperation ist nicht notwendig.“
Rajoy gab indes zu, dass Spanien es derzeit „sehr schwer“ habe, sich auf den Finanzmärkten frisches Geld zu beschaffen. Die Risikoaufschläge für spanische Staatsanleihen zogen auf Rekordhöhen von mehr als 500 Basispunkte an. Das bedeutet, dass Spanien im Vergleich zu Deutschland – das unter Investoren als einer der kreditwürdigsten Schuldner gilt – zurzeit einen so hohen Zinsaufschlag wie noch nie seit der Euro-Einführung bieten muss: Während Deutschland mit aktuell 1,37 Prozent so wenig Zinsen wie noch nie für zehnjährige Schulden zahlt, muss Spanien mit rund 6,41 Prozent ein Vielfaches dessen und so viel Rendite wie selten zuvor bieten. Derart hohe Zinsniveaus gelten langfristig als nicht tragbar.
Nach Interpretation Rajoys hat dies allerdings nichts mit der Krise der Großbank Bankia zu tun. „Alle Welt weiß, dass Spanien alles daran setzt, sein Defizit zu reduzieren. Aber es herrscht eine allgemeine Ungewissheit wegen der Lage in Griechenland“, sagte der Regierungschef.
Auch Italien, im Euroland die Nummer drei unter den größten Volkswirtschaften, ist wieder wachsendem Misstrauen ausgesetzt. Mit insgesamt drei Anleihen besorgte sich Rom 4,25 Milliarden Euro. Die zu zahlenden Renditen zogen im Vergleich zu früheren Versteigerungen weiter an.
In Griechenland zeichnet sich derweil drei Wochen vor der erneuten Parlamentswahl ein spannendes Rennen zwischen der Nea Dimokratia (ND) und dem Links-Bündnis Syriza ab. Vier repräsentative Umfragen sehen die Konservativen als stärkste Kraft. Die Radikallinken bleiben ihnen jedoch auf den Fersen. Weit abgeschlagen bleibt die sozialistische Pasok. In allen, in griechischen Medien veröffentlichten, Umfragen wollen mehr als 80 Prozent der Befragten, dass Griechenland in der Eurozone bleibt. Nach Einschätzung der Meinungsforscher wird keine Partei die absolute Mehrheit im Parlament erreichen. Damit würde sich erneut die Koalitionsfrage stellen: Wer regiert mit wem in dem Land, das vor dem Zusammenbruch steht? Schon bei der Wahl am 6. Mai hatte keine Partei die absolute Mehrheit erreicht. Bis zur Neuwahl am 17. Juni wird Griechenland von einer Interimsregierung geführt.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) rüstet sich unterdessen für den Fall eines Euro-Zusammenbruchs – auch wenn sie diesen Ernstfall für wenig wahrscheinlich hält. „Wir müssen auch für den Fall der Fälle vorbereitet sein, dass die Währungsunion zusammenbricht, obwohl ich nicht damit rechne“, sagte der neue SNB-Präsident Thomas Jordan der in Zürich erscheinenden „Sonntagszeitung“. „Wir gehen nicht davon aus, dass Griechenland aus der Währungsunion austritt“, sagte Jordan. Ausschließen lasse sich allerdings auch dieser Fall nicht. „Unabhängig davon, ob Griechenland in der Eurozone bleibt oder nicht, kann es möglicherweise zu einer Ansteckung anderer Länder kommen und somit die Schuldenkrise weiter eskalieren.“
Die Schweiz leidet am Kapitalmarkt seit langem unter ihrer eigenen Attraktivität und gilt als einer der wenigen „sicheren Häfen“. Für die Schweizer Wirtschaft, allen voran für die Exporteure, ist die Beliebtheit bei Anlegern eine Belastung: Der starke Franken verteuert die heimischen Waren im Ausland und bremst so den Außenhandel aus. Die SNB hatte unlängst wiederholt Probleme, den gewünschten Wechselkurs von 1,20 Franken für einen Euro zu verteidigen. Damit das gelingt, müssen die Notenbanker – wenn es hart auf hart kommt - unbegrenzt Euro kaufen, um den Franken zu schwächen.
(dpa)