Lehre aus Lehman-Pleite: Kriselnde Banken sollen sich künftig selbst retten. Länder sollen nach deutschen Vorbild Krisenfonds aufbauen.
Brüssel. Der Zusammenbruch einer großen Bank kann eine Lawine auslösen und die ganze Welt in Mitleidenschaft ziehen – das hat der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman 2008 bewiesen. Da half nur noch der Staat, sprich: Der Steuerzahler. Diese einseitige Lastenverteilung soll in der EU spätestens 2018 ein Ende habe n. Im Fall der Insolvenz einer Bank sollen die Eigner und Gläubiger einspringen. Banken sollen in Fonds für die Abwicklung einzahlen. Das sind die Pläne aus Brüssel:
Warum kann man Banken nicht einfach pleitegehen lassen?
Weil sie das Herz der Wirtschaft sind: Sie sammeln Geld, verleihen Kredite an Verbraucher sowie Firmen und wickeln Zahlungssysteme ab. All das sind Basisfunktionen, die eine Wirtschaft und Gesellschaft braucht. Zudem sind Banken über gegenseitige Geschäfte wie in einem Spinnennetz miteinander verwebt. Stürzt eine Bank in den Abgrund, reißt sie andere Geldhäuser mit sich – der gefürchtete Domino-Effekt. 29 internationale Banken gelten in den führenden Industriestaaten der Welt (G20) als „too big to fail“ („zu groß zum Scheitern“).
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Wie werden Banken bislang gerettet?
Da zahlt vor allem einer: Der Bürger. Egal ob Commerzbank oder BayernLB – mit Steuergeldern hat der Staat trudelnde Banken in der Finanzkrise über Wasser gehalten. „Die Regierungen standen mit dem Rücken zur Wand und mussten Geld zuschießen, um die Katastrophe zu verhindern“, sagt EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier.
Hat das Nachteile?
Eine ganze Menge. Die Bankenrettung hat riesige Löcher in die Staatshaushalte gerissen – zwischen 2008 und 2010 kostete dies rund 13 Prozent des EU-Volkseinkommens. Die Staaten mussten neue Schulden aufnehmen, was die Euro-Schuldenkrise verschärfte. Diesen Teufelkreis will Brüssel durchbrechen. Zudem blieben gerettete, aber glücklose „Zombie-Banken“ im Markt, die nicht mehr in der Lage sind, Kredite an die Wirtschaft zu verleihen. Geplante Fusionen und Reformen – wie bei den deutschen Landesbanken – stocken, weil die Branche sich auf den Staat verlässt, lautet der Vorwurf.
Welche Ziele verfolgt Brüssel?
„Wir müssen verhindern, dass Banken die Gewinne einstreichen, wenn alles gut läuft, aber der Steuerzahlern aufkommen muss, wenn es schiefgeht“, sagt EU-Kommissar Barnier. Zudem soll die Schieflage einer Bank nicht mehr das ganze Finanzsystem gefährden.
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Wie sehen die Pläne aus?
Bei einer Pleite müssten Eigner und Gläubiger für Verluste haften. Nach deutschem Vorbild sollen alle EU-Länder Krisenfonds aufbauen, um marode Banken zu sanieren und abzuwickeln – finanziert aus Abgaben der 8300 EU-Banken. Bislang gibt es solche Fonds erst in neun EU-Staaten. Spanien, das von einer Bankenkrise erschüttert wird, fehlt. Die Bankenaufseher bekommen mehr Macht und könnten Manager abberufen und den Verkauf von Geschäften erzwingen.
Reicht die Bankenaufsicht in Europa denn nicht aus?
Nein. Eine grenzüberschreitende europäische Bankenaufsicht ist immer noch Zukunftsmusik. Die 2011 geschaffene Europäische Bankenaufsicht EBA kann kaum auf nationale Banken durchgreifen. Entscheidend sind nationale Aufseher, die unterschiedliche Maßstäbe anlegen. In Deutschland teilen sich Deutsche Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Verantwortung.
Können die neuen Pleiteregeln die aktuelle Bankenkrise lösen?
Mit Sicherheit nicht. Denn sie betreffen nur die Zukunft. Abwicklungsfonds und Aufsicht werden frühestens 2014 in Kraft treten - die heikle Gläubigerhaftung erst 2018. „Wir sind hier nicht bei der Notfallchirurgie. Wir handeln vorausschauend“, sagt Barnier.
Ist das die viel diskutierte „Bankenunion“?
Nein – aber ein Schritt dahin. Barnier hat nur nationale Fonds vorgeschlagen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, fordern drei Pfeiler: Eine europaweite Einlagensicherung für private Konten, eine gemeinsame machtvollere Aufsicht und einen europäischen Abwicklungsfonds. Berlin hat aber Vorbehalte.