Die Börsen weltweit reagierten mit Kurssprüngen, der Euro legte deutlich zu. Der Dax schloss mit einem Plus von über fünf Prozent.
Frankfurt/New York. Der 750 Milliarden Euro schwere Rettungsschirm für den Euro zeigt Wirkung: Die Börsen weltweit reagierten am Montag mit Kurssprüngen auf das in der Nacht von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) geschnürte Paket. Deutschland wird im schlimmsten Fall allerdings fast 150 Milliarden Euro für den Schutzschirm gegen Spekulanten aufbringen müssen, wie die Bundesregierung in Berlin erklärte. Die Opposition im Bundestag reagierte entsprechend skeptisch auf den EU-Beschluss.
„Wir schützen das Geld der Menschen in Deutschland“, rechtfertigte Bundeskanzlerin Angela Merkel das beispiellose Rettungspaket. Es besteht aus drei Elementen: Die EU-Kommission stellt Notkredite von 60 Milliarden Euro bereit. Eine neu zu gründende Zweckgesellschaft vergibt zusätzlich Kredite bis zu 440 Milliarden Euro, für die die Euro-Mitgliedsstaaten bürgen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) legt noch einmal die Hälfte drauf, also 250 Milliarden Euro.
Nach dem Verteilungsschlüssel der Europäischen Zentralbank (EZB) entfällt auf Deutschland ein Anteil von 28 Prozent an den 440 Milliarden Euro, das entspräche 123 Milliarden Euro. Hinzuzurechnen ist aber ein Puffer von 20 Prozent, weil sich die Staaten, die gestützt werden müssen, nicht an dem Rettungsschirm beteiligen können.
Die EZB flankiert den Abwehrschirm mit weiteren außergewöhnlichen Maßnahmen: Sie wird öffentliche und private Anleihen aufkaufen, und sie wird den Bankensektor mit Geldmarktoperationen vor dem Austrocknen bewahren. Das Volumen soll noch festgelegt werden.
Der Euro-Kurs schoss nach Verabschiedung des Pakets in die Höhe: Die Europäische Zentralbank (EZB) stellte am Montag einen Referenzkurs von 1,2969 Dollar fest; am Freitag hatte der Euro noch bei 1,2731 Dollar gelegen. Der Deutsche Aktienindex DAX schloss mit einem deutlichen Plus von 5,30 Prozent bei 6.017,91 Punkten.
In Berlin geriet Merkel dennoch unter Beschuss. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte die Kanzlerin auf, den Verdacht ausräumen, dass sie schon zwei Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen über die wahre Dimension des neuen Rettungspakets informiert gewesen sei. Gabriel fügte hinzu, während der Krisengespräche in Brüssel sei die deutsche „Tu-Nix-Regierung“ quasi außen vor gewesen. Das Zögern der Kanzlerin in den Wochen zuvor, den Hilfen für Griechenland zuzustimmen, habe die Bundesrepublik inzwischen aus den entscheidenden Absprachen „hinauskatapultiert“.
Die Bundesregierung wurde bei den nächtlichen Verhandlungen in Brüssel von Innenminister Thomas de Maizière vertreten. Er sprang für den erkrankten Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ein.
Der Abwehrschirm musste am Wochenende aufgespannt werden, um Spanien und Portugal aus dem Sog der Griechenland-Krise zu ziehen. Im Gegenzug verpflichteten sich beide Staaten zu „substanziellen zusätzlichen Konsolidierungsmaßnahmen“. Bereits am kommenden Montag sollen sie auf dem nächsten Finanzministerrat neue Sparprogramme vorlegen, um ihr Defizit schneller als bislang geplant zu drücken.
Das 60-Milliarden-Notprogramm der Kommission soll „so lange wie erforderlich“ zur Verfügung stehen. Das zusätzliche Kreditprogramm von 440 Milliarden Euro läuft dagegen nach drei Jahren aus. Seine Inanspruchnahme wäre – wie im Falle Griechenlands – an harte Bedingungen der EU und des IWF geknüpft.
Die Finanzminister beschlossen über das Hilfspaket hinaus, den Euroraum dauerhaft resistent zu machen. Die Kommission will am Mittwoch konkrete Vorschläge für die Reform des Euro-Stabilitätspaktes vorlegen.