Rettungsmannschaften suchen nach dem schweren Erdbeben in der Türkei weiter nach Überlebenden. Manchmal haben sie Glück, dann ist die Freude groß.
Ankara. Der türkische Innenminister Idris Naim Sahin hat im Zusammenhang mit dem schweren Erdbeben der Stärke 7,2 im Südosten der Türkei von bis zu 270 Toten gesprochen. In einem Interview am Montag mit der Nachrichtenagentur AP sagte Sahin zudem, etwa 1.000 Menschen seien bei dem Beben am Vortag verletzt worden. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan besuchte die Region am späten Sonntag und stellte fest, dass fast alle Lehmziegelbauten in den umliegenden Dörfern der Region dem Beben zum Opfer gefallen seien.
Unterdessen konnten am Montag mehrere Überlebende aus den Trümmern geborgen werden. Ein Überlebender wurde beim Einsturz eines sechsstöckigen Hauses der Stadt Ercis verschüttet und erlitt eine Beinverletzung, wie Anadolu meldete. Der Mann rief den Angaben zufolge auf seinem Handy eine Hotline der Polizei an und beschrieb, wo er sich befand. Zudem konnten aus demselben Gebäude zwei Kinder gerettet werden - 20 Stunden, nachdem das Beben die Stadt verwüstete.
Noch immer sind Dutzende Menschen unter den Trümmern verschüttet. Die ganze Nacht hindurch suchten Rettungsmannschaften im Schein von mit Generatoren betriebenen Flutlichtern nach Opfern. Hilfsorganisationen stellten Zelte, Lazaretts und mobile Küchen für die Opfer bereit. Viele verbrachten die Nacht aus Angst vor Nachbeben im Freien. Mit schwerem Gerät versuchten Arbeiter, die Unglücksorte von Trümmerteilen zu befreien.
Allein in Ercis bis zu 80 Gebäude eingestürzt
Die Rettungsarbeiten gingen am Montag weiter, besonders in Gebäuden, wo Rettungskräfte Überlebende vermuteten, wie der türkische Innenminister Sahin sagte. Allein in der Stadt Ercis seien etwa 80 mehrstöckige Häuser eingestürzt. Unter den Trümmern von etwa 40 Gebäuden gebe es immer noch Verschüttete.
Allein in der 75.000-Einwohner-Stadt Ercis nahe der Grenze zum Iran kamen mindestens 117 Menschen ums Leben. 100 starben in der größeren, etwa 90 Kilometer südlich gelegenen Stadt Van, der Hauptstadt der vom Erdbeben am schwersten betroffenen Provinz. Die Ausläufer des Bebens waren auch im Iran und Armenien zu spüren.
Die Behörden warnten die Bevölkerung, sich von beschädigten Gebäuden wegen Einsturzgefahr angesichts möglicher weiterer Nachbeben fernzuhalten. Aus einem Gefängnis in Van flohen 150 Häftlinge, nachdem dort eine der Mauern zusammengebrochen war.
Israel und Griechenland bieten Hilfe an
Einwohner von Van und Ercis versammelten sich um Lagerfeuer, während Helfer des Roten Halbmonds am Sonntagabend begannen, Zelte für die vielen Obdachlosen aufzustellen. "Wir werden im kalten Winter niemanden auf sich alleine gestellt lassen", sagte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am Sonntagabend. Nach Behördenangaben seien fast 1.300 Helfer aus 38 Provinzen im Einsatz. Auch die Streitkräften unterstützen den Rettungseinsatz.
Etliche Länder boten der Türkei Unterstützung bei den Rettungsarbeiten an. Erdogan zufolge ist das Land derzeit nicht auf Hilfe von außen angewiesen. Aserbaidschan, der Iran und Bulgarien schickten dennoch Unterstützung. Auch Israel und Griechenland boten ihre Hilfe an.
Israel teile das Leid der Türkei, erklärte der israelische Präsident Schimon Peres. Sein Land sei jederzeit zur Unterstützung der Türkei bereit. Peres hatte zuvor mit dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül telefoniert. Auch US-Präsident Barack Obama bot der Türkei Unterstützung an: "Wir stehen Schulter an Schulter mit unserem türkischen Verbündeten in dieser schwierigen Zeit und sind bereit zu helfen."
Heftige Nachbeben erschwerten die Suche nach den Verschütteten. Zehn Stunden nach dem Beben am Sonntagnachmittag hatten US-Wissenschaftler bereits über 100 Nachbeben registriert, eines davon mit einer Stärke von 6,0.
In der Türkei kommt es immer wieder zu Erdbeben, da sich dort etliche Verwerfungslinien befinden. Erst im März 2010 kamen bei Beben der Stärke 6,0 im Osten der Türkei 51 Menschen ums Leben, bei einem Beben der Stärke 6,4 starben 177 Menschen in der Stadt Bingöl im Südosten des Landes. 1999 wurden bei zwei Beben im Nordwesten der Türkei 18.000 Menschen getötet.