Nach dem Erdbeben im Osten der Türkei ist die Zahl der registrierten Toten auf 570 gestiegen. Es wird aber weiter nach Überlebenden gesucht.
Ercis/Istanbul. Im türkischen Erdbebengebiet ist ein 13-jähriger Junge nach fünf Tagen aus den Trümmern eines Hauses gerettet worden. Rettungskräfte aus Aserbaidschan zogen Ferhat Tokay am frühen Freitagmorgen aus dem Schutt. Der Junge hatte sich mit einem Stein ein wenig Platz verschafft und Regenwasser getrunken. "Er hatte nicht einmal einen Kratzer", sagte sein Onkel dem Fernsehsender NTV. "Am ersten Tag hatte er noch Hunger, aber das ging später vorbei." Tokay hatte in einem Schuhladen im Erdgeschoss eines mehrstöckigen Hauses in der Stadt Ercis gearbeitet, als der Erdstoß am Sonntagabend das Gebäude einstürzen ließ. Seine Familie wartete tagelang vor den Trümmern des Hauses, bis die Rettungskräfte sie schließlich nach Hause schickten, um etwas auszuruhen. Es bestehe sowieso keine Chance, den Jungen noch lebend zu finden, sagten sie. Wenig später erhielten die Verwandten dann die erlösende Nachricht.
Die Rettungsarbeiten in der Provinzhauptstadt Van wurden inzwischen eingestellt, in Ercis dauern sie jedoch an. Die Rettungsmannschaften arbeiteten in der Nacht zum Freitag weiter unter Flutlicht, um nach weiteren Überlebenden zu suchen. Die Zahl der Todesopfer durch das Erdbeben stieg unterdessen auf 570. Bislang konnten aber auch 187 Verschüttete lebend aus den Trümmern gerettet werden, wie die Behörden am Freitag bekannt gaben. Verletzt wurden mehr als 2.500 Menschen.
Hilfslieferungen aus der ganzen Welt
Tausende Menschen wurden obdachlos. Viele verbrachten die letzten Nächte trotz der Temperaturen um den Gefrierpunkt, Regen und Schnee, in Zelten. Die betroffene Region im Osten der Türkei wurde seit dem verheerenden Beben vom Sonntag mit der Stärke 7,2 von hunderten Nachbeben erschüttert.
Die türkischen Behörden lieferten weitere Zelte aus, nachdem es zuvor zu Verteilungsproblemen gekommen war. So wurden einige Lastwagen mit Hilfslieferungen geplündert, bevor sie Ercis erreichten. Aus zahlreichen Ländern trafen außerdem Notunterkünfte, Decken und Heizgeräte ein. Unter den Spendern waren Israel, Deutschland, Großbritannien, Irland, Russland, Rumänien und die Ukraine.
Auch das Uno-Flüchtlingshilfswerk unterstützt die Überlebenden des Erdbebens. Sprecher Adrian Edwards erklärte in Genf, die erste von vier täglichen Frachtmaschinen solle noch am (heutigen) Freitag in Erzurum landen. Von dort sollen die Hilfsgüter mit Lastwagen nach Van gebracht werden. Mit jedem Flug würden rund 500 Zelte und 10.000 Decken ins Katastrophengebiet gebracht.