Noch immer ist unklar, wie viele Menschen beim Erdbeben in der Türkei ums Leben kamen. Aus dem ganzen Land kommen Hilfskräfte herbei.
Ercis/Istanbul. Einen Tag nach dem schweren Erdbeben im Osten der Türkei haben Rettungskräfte am Montag mindestens 279 Leichen aus den Trümmern geborgen. Bei der Katastrophe in der östlichen Provinz Van seien 1700 Menschen verletzt worden, sagte Innenminister Idris Naim Sahin. Die Istanbuler Erdbebenwarte Kandilli rechnete damit, dass die Zahl der Toten noch auf mehr als 1000 steigen wird.
Andere Experten erklärten am Montag, die Zahl werde vermutlich niedriger sein als zunächst befürchtet. Die Provinz Van wird mehrheitlich von Kurden bewohnt. Sie liegt im Südosten des Landes und grenzt an den Iran. Das Beben vom Sonntag hatte eine Stärke von 7,2.
Mehrere Verschüttete wurden lebend aus den Trümmern gezogen. Ein 19-Jähriger hatte mit seinem Mobiltelefon um Hilfe gerufen. Der Mann wurde schließlich aus den Trümmern eines sechsstöckigen Hauses in Ercis geborgen. Er kam mit Verletzungen am Bein ins Krankenhaus. Auch zwei Kinder im Alter von drei und fünf Jahren sowie zwei Frauen wurden gerettet.
Bei den Rettungsarbeiten wurde auch schweres Räumgerät eingesetzt, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur dpa aus Ercis berichtete, der Stadt mit den schwersten Zerstörungen. Der Krisenstab der Regierung erklärte, im Erdbebengebiet seien etwa 970 Gebäude zerstört worden.
Aus dem ganzen Land wurden Ärzte und Helfer in die Region gebracht, um die Verletzten zu versorgen. Regierungschef Recep Tayyip Erdogan versprach in der Nacht zum Montag in der Provinzhauptstadt Van einen verstärkten Hilfseinsatz der Armee. „Wir werden keinen Bürger in der Kälte lassen.“
In das Krisengebiet wurden nach türkischen Regierungsangaben mehr als 1200 Helfer geschickt. In Ercis seien zwei provisorische Krankenhäuser aus Zelten errichtet worden.
In der Nacht waren nach Angaben von Helfern aus mehreren Gebäuden die Hilferufe Verschütteter zu hören. Bis Montagnachmittag habe es zehn stärkere Nachbeben in der Region gegeben, teilte das Deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam mit.
Aserbaidschan, Bulgarien und der Iran schickten Hilfe in die Türkei, obwohl Ankara erklärt hat, mit der Lage selbst fertig zu werden. Die Regierung akzeptierte aber die Hilfsangebote, weil sie bereits am Vortag auf den Weg gebracht worden waren.
Auch aus Deutschland starteten am Montag Helfer. Die Hilfsorganisation humedica schickte ein medizinisches Ersteinsatzteam los. „Für die Menschen, die jetzt noch unter den Trümmern liegen, schwinden natürlich die Überlebenschancen Stunde für Stunde“, sagte Sprecherin Ruth Bücker der Nachrichtenagentur dpa, bevor ein Charterflug mit Team und Ausrüstung in Memmingen abhob.