Eine neue Studie widerspricht den optimistischen Prognosen von BP. Nach der Explosion waren rund 780 Millionen Liter Öl ins Meer geströmt.
Washington. Die Folgen sind noch immer verheerend: Das im vergangenen Jahr nach der Explosion einer Bohrinsel im Golf von Mexiko ausgetretene Öl liegt weiter auf dem Grund des Meeres. Das Öl sei nicht wie erhofft von Mikroben abgebaut worden, teilte eine Wissenschaftlerin mit, die im Dezember mit einem U-Boot den Meeresboden in der Nähe des Öllecks untersucht hatte. Der Bericht widerspricht damit der Einschätzung des Unternehmens BP, derzufolge bereits 2012 kaum noch Auswirkungen der Umweltkatastrophe zu erkennen sein würden.
Die Meereswissenschaftlerin Samantha Joye von der Universität von Georgia erklärte am Sonnabend auf einer Konferenz in Washington, sie habe im Dezember die gleichen Orte aufgesucht wie schon im Sommer und erwartet, dass das Öl inzwischen verschwunden sei. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Es müsse jetzt noch geklärt werden, warum das Öl nicht wie erwartet abgebaut worden sei. «Die Mikroben haben bislang vielleicht zehn Prozent der gesamten Verunreinigung aufgelöst», sagte Joye, «es ist noch jede Menge da».
Die Ergebnisse von Joye und ihren Kollegen widersprechen anderen Studien, die ein viel optimistischeres Bild gezeichnet hatten. Ein von BP unterstützter Forscher des Energieministeriums hatte versichert, die Mikroben arbeiteten «sehr schnell». Die abweichenden Ergebnisse wurden nun damit erklärt, dass an anderen Orten und zu anderen Zeiten Proben entnommen worden seien.
Das Team von Joye nahm bei insgesamt fünf Unterwasser-Expeditionen in einem Gebiet von rund 6.700 Quadratkilometern 250 Bodenproben. Einige der Orte hatten die Forscher bereits vor der Katastrophe am 20. April 2010 untersucht. Es seien sowohl am Meeresboden als auch im Wasser selbst deutliche Veränderungen festgestellt worden, und die chemische Zusammensetzung der entnommenen Proben belege eindeutig, dass die Veränderungen durch das Ölleck verursacht worden seien.
Die gegenwärtige Beschaffenheit des Meeresbodens im Golf von Mexiko wurde von Joye und ihren Kollegen auch in umfangreichem Foto- und Video-Material festgehalten. So zeigte die Forscherin Bilder von dem mit einer Ölschicht bedeckten Meeresboden sowie etwa von getöteten Krabben und Seesternen. «Das Öl stammt eindeutig vom Macondo-Feld», sagte Joye, «und die Organismen sind durch das Öl erstickt».
Nach der Explosion der im Auftrag des Ölkonzerns BP betriebenen Bohrinsel «Deepwater Horizon» am 20. April waren rund 780 Millionen Liter Öl ins Meer geströmt. Bei der Explosion kamen elf Arbeiter ums Leben. Es handelte sich um die bislang größte Ölpest in den USA. (dapd/abendblatt.de)
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Zehn Monate nach dem Bohrinselunglück im Golf von Mexiko weist ein Bericht der Untersuchungskommission BP ein beträchtliches Maß an Schuld zu. Der britische Ölkonzern hätte die Explosion seiner Ölbohrplattform "Deepwater Horizon" und die anschließende Ölkatastrophe im Golf von Mexiko demnach verhindern können. Der Konzern habe gleich mehrfach die Ursachen des Unglücks übersehen, heißt es.
Die von US-Präsident Barack Obama eingesetzte Untersuchungskommission war den Ursachen für die Explosion der Bohrinsel nachgegangen, die elf Menschen das Leben kostete und in deren Folge rund 780 Millionen Liter Öl ins Meer liefen. Ursache für den Defekt und die anschließende Explosion war die Einfassung des Bohrlochs aus Zement. Diese wurde vom US-Ölförder-Ausrüster Halliburton hergestellt und war laut Bericht schon bei einem Test kurz vor der Explosion negativ aufgefallen. Die Ingenieure hätten aber nicht die richtigen Schlüsse gezogen. Die Leitung der Bohrinsel habe "unplausible Erklärungen für die Testergebnisse" akzeptiert. Zudem habe BP seit Jahren von Qualitätsproblemen bei Halliburton gewusst. BP habe aber darauf verzichtet, das Bohrloch in Vorbereitung auf eine vorübergehende Stilllegung mit einem Siegel zu versehen, um 5,5 Tage Zeit und zwei Millionen Dollar Kosten zu sparen, sagte der Rechtsberater der Kommission, Fred Bartlit. Allerdings betont er auch die mangelhafte Arbeit des Dienstleisters Halliburton und Fehler des Bohrinseleigners Transocean. In mehreren Berichten wies die Kommission zuvor bereits neben BP auch Transocean, Halliburton und US-Bundesbehörden Fehler zu.
BP kritisierte derweil die Entschädigungen für die Katastrophe als zu hoch. Der Entschädigungsfondsverwalter Kenneth Feinberg setze mögliche zukünftige Schäden überhöht an. Er hatte vorgeschlagen, für 2011 eine Entschädigung in Höhe von 70 Prozent des 2010 entstandenen Schadens und für 2012 in Höhe von 30 Prozent zu zahlen. BP hält 50 und 25 Prozent für angemessen. Der Konzern betont, der Dezember 2010 sei etwa die beste Krabbenfang-Saison seit fünf Jahren gewesen und der Tourismus habe sich von der Katastrophe wieder erholt.(AFP/dapd)