Die Liste mit Missbrauchsvorwürfen gegen kirchliche Einrichtungen wird immer länger.

Bad Mergentheim. Das Kloster in Bad Mergentheim ist die nächste Adresse auf der immer längeren Liste mit Missbrauchsvorwürfen gegen kirchliche Einrichtungen. Man habe die Staatsanwaltschaft für die Prüfung eines Missbrauchsfalls eingeschaltet, bestätigte ein Sprecher der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz am Dienstag in Münster. Anfang der 70er Jahre soll ein heute knapp 80 Jahre alter Pater mindestens einen Schüler in dem Kapuzinerkloster im Main-Tauber-Kreis missbraucht haben. Das Opfer habe sich erst in den vergangenen Tagen gemeldet. Nach Angaben der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart ermittelt in diesem Fall die Staatsanwaltschaft Berlin.

Der Beschuldigte sei erst vor zwei Jahren wieder zurück nach Bad Mergentheim versetzt worden, hieß es. Da es „Auffälligkeiten“ gab, sei er seit Jahren von allen seelsorgerischen Diensten entbunden gewesen. Kontakt zu Kindern und Jugendlichen sei ihm strengstens untersagt. Auch darf er nur nach vorheriger Abmeldung beim Hausoberen das Kloster verlassen. „Hätte man vor zwei Jahren von den nun bekanntgewordenen Vorwürfen aus den 70er Jahren in Bad Mergentheim gewusst, hätte man den Pater nicht an diesen Ort versetzt“, hieß es in einer Pressemitteilung. Man recherchiere und wolle „die Wahrheit ans Licht bringen“, betonte Pressesprecher Peter Richard Dutkowiak.

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Auch in Baden-Württemberg wurden in den vergangenen Wochen immer wieder Hinweise auf Missbrauchsfälle an kirchlichen Einrichtungen bekannt. Betroffen sind bislang etwa die evangelische Internatsschule Schloss Gaienhofen am Bodensee, die Zinzendorfschulen in Königsfeld (Schwarzwald-Baar-Kreis) oder das ehemaligen Kinderheim der Stiftung Piuspflege im oberschwäbischen Attenweiler (Kreis Biberach). Bei der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart gingen mehrere Hinweise auf möglichen Missbrauch ein. Wie viele Fälle es inzwischen sind, sagte ein Sprecher nicht. Auch der Bad Mergentheimer Fall sei bekannt, sei aber zuständigkeitshalber in den Orden gegeben worden.

Die Diözesanrat werde sich an diesem Donnerstag zu Einzelheiten äußern, hieß es. Bischof Gebhard Fürst versprach, alle Fälle würden rückhaltlos aufgeklärt und die Täter bestraft. Bundesweit hat der Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen nach Einschätzung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) „zur größten Kirchenkrise seit 1945“ geführt. Am 30. März will die katholische Kirche eine Info-Hotline für Opfer von sexuellem Missbrauch freischalten. Auch die Evangelische Landeskirche in Württemberg will eine Missbrauchskommission einsetzen.