Der Missbrauchsfall, der sich in den 1990er Jahren ereignet haben soll, war dem Erzbistum und dem damaligen Kardinal offenbar bekannt.
Berlin. In der katholischen Kirche in Berlin ist nach dem Bekanntwerden eines Missbrauchsverdachts in den 90er Jahren zunächst nicht gehandelt worden. Das sagte der Sprecher des Erzbistums, Stefan Förner, am Montag und bestätigte damit einen Bericht der „Berliner Morgenpost“. Am Wochenende war der Pfarrer der Sankt-Marien-Gemeinde in Reinickendorf beurlaubt worden. Er wird beschuldigt, in den 90er Jahren einen Jugendlichen sexuell missbraucht zu haben. Der Fall war durch einen Bericht des „Berliner Kuriers“ vom Wochenende bekanntgeworden.
Das mutmaßliche Opfer soll sich laut Förner bereits in den 90er Jahren an das Erzbistum mit seinem damaligen Oberhaupt Kardinal Georg Sterzinsky gewandt. „Der Kardinal wusste von den Vorwürfen gegen den damaligen Kaplan“, sagte Förner. Passiert sei aber nichts. Der Jugendliche wollte zu der Zeit nicht an die Öffentlichkeit, nun habe sich der Mann jedoch an die Staatsanwaltschaft in Fulda gewandt, da er nicht mehr in Berlin wohne. Der Diözesenadministrator des Erzbistums, Weihbischof Matthias Heinrich, hat zudem interne Untersuchungen eingeleitet, wie der Erzbistumssprecher erklärte.
Vor mehr als einem Jahr war ein Missbrauchsskandal am Berliner Canisius-Kolleg öffentlich geworden, der eine bundesweite Debatte über Missbrauch an Minderjährigen in der katholischen Kirche nach sich gezogen hatte. (dpa)