Hamburg. Der 17-Jährige könnte St. Paulis jüngster Bundesligaspieler der Vereinsgeschichte werden. Wie es um einen Profivertrag steht.

Wie man gegen europäische Topclubs performt, hat Marwin Schmitz Ende Juli in den Tiroler Alpen gezeigt. Es lief die Schlussphase des Testspiels gegen Olympique Lyon (1:0), als der 17-Jährige in der Schlussphase aus rund 20 Metern Entfernung einfach mal abzog und der Ball im rechten Winkel landete. Für Schmitz war das Traumtor in der Silberstadt-Arena von Schwaz der traumhafte Abschluss seines starken Sommertrainingslagers mit den Profis des FC St. Pauli.

An diesem Freitag könnte es gegen einen anderen europäischen Topclub das nächste Kapitel in der Geschichte des talentierten Mittelfeldspielers geben. Weil Connor Metcalfe (Adduktoren) definitiv und Danel Sinani (Rücken) möglicherweise ausfallen und Carlo Boukhalfa (Oberschenkel) in dieser Woche nur eingeschränkt trainieren konnte, dürfte Schmitz im Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund (20.30 Uhr/DAZN und Liveticker auf abendblatt.de) das erste Mal im Bundesligakader stehen.

FC St. Pauli: Schmitz machte in der Länderspielpause wieder auf sich aufmerksam

„Im Normalfall gehe ich davon aus, dass er mitkommt“, sagte Trainer Alexander Blessin über den Blondschopf. In der abgelaufenen Länderspielpause hatte Schmitz ebenfalls Werbung für sich gemacht, obwohl die Testpartie bei Zweitligist Hannover 96 am Ende mit 2:3 verloren ging. Auf der Doppelsechs mit Robert Wagner spielte Schmitz mit einer Ruhe, die für jemanden, der nicht mal allein Auto fahren darf, bemerkenswert ist. Vor dem zweiten St.-Pauli-Tor durch Scott Banks hatte Schmitz zudem klug gepresst und eine wichtige Balleroberung im vorderen Drittel erzwungen. „Er gefällt mir, weil er total klar in der Birne ist und ein gutes Näschen für die Zwischenräume hat. Gegen Hannover hat er es wieder hervorragend gut gemacht“, lobte Blessin.

Schmitz ist gebürtiger Hamburger, begann seine Laufbahn beim FTSV Komet Blankenese, ehe er bereits im Alter von zehn Jahren zum FC St. Pauli wechselte und bis zur A-Jugend alle Nachwuchsmannschaften durchlief. Auch Ex-Trainer Fabian Hürzeler fiel Schmitz bereits in der vergangenen Saison auf, sodass er vor einem Jahr zu seinen ersten Profi-Trainings eingeladen wurde. Während der defensive Mittelfeldspieler im Nachwuchsbereich mitunter auch als Innenverteidiger eingesetzt wurde, sieht ihn Blessin – auch angesichts seiner Größe von „nur“ 1,80 Meter – als zentralen Mittelfeldspieler.

Schmitz überspringt die U19 des FC St. Pauli

Nachdem Schmitz in der Hinrunde der vergangenen Saison zunächst noch bei der U17 mitspielte, wurde er in der Rückrunde bereits in die U19 hochgezogen. In dieser Saison wäre er angesichts seines Alters eigentlich noch Teil des jüngeren A-Jugendjahrgangs. Doch Blessin hatte im Sommer andere Pläne für das Toptalent. „Er hat mich schon in der Vorbereitung sehr, sehr begeistert. Dann war es mir wichtig, dass er zur U23 hochgezogen wird, um den Männerfußball zu spüren“, sagte der Coach. „Das hat ihm gutgetan.“

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Sollte Schmitz in Dortmund zum Einsatz kommen, wäre er der jüngste Bundesligadebütant in St. Paulis Vereinsgeschichte. Den bisherigen Rekord stellte Christian Rahn in der Saison 1997/98 im Alter von 17 Jahren, elf Monaten und neun Tagen in einem Auswärtsspiel beim VfL Bochum (0:6) auf. Schmitz wäre an diesem Freitag erst 17 Jahre, neun Monate und neun Tage alt, hätte also auch in den darauffolgenden Wochen noch die Gelegenheit, St. Paulis Altersrekord zu knacken.

„Darauf kann ich jetzt keine Rücksicht nehmen“, sagte Blessin mit einem Schmunzeln. „Ich bin aber davon überzeugt, dass er irgendwann mal Bundesliga spielt – ohne jetzt Druck auszuüben. Das kann ich bei ihm aber machen, weil er so geerdet ist, auch mit seiner Familie im Hintergrund.“

In Dortmund wartet eine Kulisse, die er nicht gewohnt ist

Das Erlebnis in Dortmund, auch wenn er sich am Ende vor 81.365 Zuschauern im Signal-Iduna-Park nur warm machen und nicht zum Einsatz kommen sollte, wäre für Schmitz derweil gänzlich neu. Bei den B- und A-Jugendspielen kommen maximal wenige Hundert Zuschauer, in der Regionalliga Nord war der 1:0-Sieg bei Kickers Emden mit 3700 Zuschauern seine bisherige Topkulisse. Beim BVB werden 21-mal so viele Fans vor Ort sein, es wird extrem laut, und auch die Qualität der Gegenspieler ist für ihn ungewohnt. Allein Stürmer Serhou Guirassy ist mit einem geschätzten Marktwert von 40 Millionen Euro so viel wert wie der gesamte Kader des Kiezclubs.

Schmitz hat als Minderjähriger noch nicht mal einen offiziellen Marktwert, wenngleich man bei St. Pauli genau weiß, wie wertvoll der Youngster noch werden könnte. Nach Abendblatt-Informationen plant der Club deshalb auch, dem Mittelfeldspieler, wenn dieser am 7. Januar des kommenden Jahres volljährig wird, mit einem Profivertrag auszustatten. Angedacht ist eine Laufzeit bis Sommer 2027, sodass man bei Anfragen anderer Clubs abgesichert wäre. Intern plant der Verein Schmitz als wichtigen Baustein für die Zukunft ein.

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In der Gegenwart dürften im Spiel beim BVB aber noch Kapitän Jackson Irvine und Robert Wagner den Vorzug in der Startelf erhalten. Als Wechseloption würde Blessin Schmitz aber vertrauen. Er muss ja auch nicht gleich ein 20-Meter-Traumtor wie gegen Olympique Lyon schießen.