Hamburg. Der Bad Oldesloer spricht im Millerntalk-Podcast über seinen steinigen Karriereweg, Rückschläge und einen gescheiterten Transfer.
Alexander Meyer hätte am Freitag im Tor stehen können. Dann nämlich, wenn er 2021 zum FC St. Pauli gewechselt wäre. „Es gab lose Gespräche, ich wäre interessiert gewesen“, sagt Meyer im Abendblatt-Podcast „Millerntalk“. Doch der SSV Jahn Regensburg wollte seinen Stammkeeper damals nicht ziehen lassen. Stattdessen kam dann Nikola Vasilj ans und ins Millerntor und wird mit den Kiezkickern am Freitag (20.30 Uhr/Sky) im sagenumwobenen Signal Iduna Park bei Borussia Dortmund auflaufen.
Und Meyer? Dem bleibt nur die Ersatzbank beim Champions-League-Finalisten. Ein Platz, den der gebürtige Bad Oldesloer mit großem Stolz einnimmt, die ohnehin gut trainierte Brust schwillt dann noch ein wenig mehr an. Das BVB-Logo soll schließlich flächendeckend präsentiert werden. Dabei ist Meyer bei Weitem nicht ambitionslos. „Ich trainiere immer, als wäre ich die Nummer eins, um bereit zu sein, will möglichst oft spielen. Bei uns im Stadion, mit der gelben Wand im Rücken, ist das das Schönste überhaupt“, sagt der 33-Jährige.
Alexander Meyer wurde in Dortmund freiwillig Nummer zwei
Wer verstehen will, weswegen Meyer vor zwei Jahren im Wissen nach Dortmund ging, dort nur zweiter Torwart zu sein, muss den Karriereweg des reflektierten und angenehmen 1,95-Meter-Mannes nachvollziehen. „Es war nicht selbstverständlich für mich, bei einem der größten Vereine Europas zu spielen“, sagt Meyer. Im Gegenteil: „Lange war gar nicht klar, ob ich überhaupt Profi werde, es hat nur über Umwege geklappt.“
Wohl war. Betracht man den 23 Jahre alten Alexander Meyer, so ist die Wahrscheinlichkeit einer Fanfreundschaft zwischen Dortmund und Schalke höher, als ein Champions-League-Einsatz des Schlussmanns. Aus Bad Oldesloe mit 15 zum HSV gekommen, wirft ihn 2009 eine Schulterverletzung eine Saison aus der Bahn, anschließend spielt Meyer kaum für die zweite Mannschaft. „Der Plan war, ein Jahr zum TSV Havelse zu gehen, um Spielpraxis zu sammeln“, sagt er rückblickend.
In Havelse spielte er mit Daniel-Kofi Kyereh und Deniz Undav zusammen
Aus einem Jahr wurden vier Jahre – weil sich Meyer, der beim niedersächsischen Regionalligisten mit dem späteren St. Paulianer Daniel-Kofi Kyereh und DFB-Stürmer Deniz Undav zusammenspielte, diesmal schwer an der anderen Schulter verletzte und fünf Wochen nach seinem Comeback ein Knorpelschaden im Knie festgestellt wurde. „Ich habe mich schon um Plan B gekümmert, die Trainerlizenz gemacht, ein Fernstudium aufgenommen“, sagt Meyer, der unter anderem Torwarttraining gibt, bevor seine eigenen Einheiten beginnen. „Doch mein Körper hat mir signalisiert, dass ich wieder Fußball spielen kann.“
Und wie. Via Energie Cottbus geht es als Ersatzmann zum VfB Stuttgart, wo er sich auch noch das Kreuzband reißt, von dort nach Regensburg, wo Meyer, der fünf Jahre vorher noch vor dem Karriereaus stand, mit 28 Jahren sein Profidebüt feiert. „Die Bundesliga habe ich mir aber immer offen gehalten, dementsprechend war die Offerte aus Dortmund sehr reizvoll. Mit all den Rückschlägen, die ich einstecken musste, für die ich aber auch sehr dankbar bin, kann man vielleicht verstehen, warum ich das auch als Nummer zwei gemacht habe“, sagt Meyer, der in Regensburg noch das Restaurant „Offside“ betreibt.
Derby gegen St. Pauli? „Sehe das nicht so krass mit der Rivalität“
Zumal er an Spieltagen nicht komplett beschäftigungslos ist. Immerhin auf 22 Einsätze in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League bringt es der Norddeutsche. Dass gegen St. Pauli voraussichtlich keiner dazukommt, akzeptiert er vorbildlich. Einen besonderen Derbycharakter hat die Partie für ihn als Ex-HSVer dennoch nicht: „Ich sehe das nicht so krass mit der Rivalität.“
Diese wiederum bestehe innerhalb einer Torwarttrainingsgruppe, in den meisten Clubs, so wie beim BVB, auf professioneller Ebene. „Wir unterstützen uns gegenseitig und haben den Anspruch, uns zu entwickeln“, sagt Meyer. Eben diese Entwicklung wurde den Westfalen in den vergangenen Jahren jedoch abgesprochen. Dortmund wurde sich zur Diva, die über Konkurrenten hinwegfegen kann, nur um danach gegen einen Abstiegskandidaten auf indiskutable Art und Weise Federn zu lassen. Gute Voraussetzungen für St. Pauli also?
BVB-Keeper traut Kiezkickern den Klassenerhalt zu
„Da kommt eine ordentliche Aufgabe auf uns zu. Die gute Arbeit im Verein trägt Früchte“, sagt Meyer, ergänzt jedoch schmunzelnd: „Punkten wird St. Pauli erst nach Freitag. Den Klassenerhalt traue ich ihnen zu.“
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Die Hamburger müssen derweil darauf vertrauen, dass in Vasilj ihr einzig verbliebener Profikeeper fit bleibt. Sonst hätten sie ein Problem damit, wen sie ins Tor stellen sollen. Meyer wird es nicht sein.