Hamburg. Torwartexperte Sascha Felter ordnet die Leistungen des Bosniers ein. Was an den Wechselgerüchten ins Ausland dran ist.

Ganz am Ende ließ sich Ersatztorwart Sascha Burchert nach absolviertem Individualtraining wegen muskulärer Beschwerden mal kurz in der Sonne blicken, um die Kollegen bei ihrer Arbeit auf dem Platz an der Kollaustraße zu beobachten. Von Stammtorhüter Nikola Vasilj war hingegen nichts zu sehen.

Dass es beim FC St. Pauli in der anstehenden Saison etwas vom derzeit an leichten Knieproblemen laborierenden Bosnier zu sehen gibt, steht allerdings außer Frage. Was es zu sehen gibt, ist jedoch ungewiss.

FC St. Pauli: Muss Nikola Vasilj seine Spielweise unter Alexander Blessin umstellen?

Der neue Cheftrainer Alexander Blessin setzt nämlich auf eine andere Spielweise als sein Vorgänger Fabian Hürzeler, unter dem Vasilj als Anspielstation stark in den ballbesitzorientierten Spielaufbau involviert war und sich in dieser Zeit am Ball enorm entwickelte. Blessin bevorzugt ein schnelleres Umschaltspiel, in dem lange Bälle nicht ausdrücklich verboten sind.

Und genau das könnte Vasilj entgegenkommen, glaubt Sascha Felter. „Er hat ein sehr erwachsenes Torwartspiel, zumeist einen klaren Plan und ist sich nicht zu schade, auch mal lang zu schlagen“, sagt der freie Journalist, der sich als Torwartexperte einen Namen gemacht hat.

Wechselgerüchte um Vasilj: Das ist wirklich dran

Den hat sich inzwischen auch Vasilj gemacht, weswegen es trotz Vertragsverlängerung im Frühjahr zuletzt Wechselgerüchte gab. Unter anderem soll der kroatische Erstligist HNK Sibenik am 28-Jährigen interessiert gewesen sein.

„Absoluter Schwachsinn“, lässt eine dem Nationalkeeper nahestehende Quelle verlauten. Die Aufklärung: Tatsächlich ist Sibenik, übrigens in Besitz des SEH Sports & Entertainment Holding des Hamburger Unternehmers Zeljko Karajica, an Jakov-Anton Vasilj (22) von Dinamo Zagreb dran. Nikola Vasilj, mit Jakov-Anton weder verwandt noch verschwägert, wird das Millerntor hüten.

Torwartexperte Sascha Felter: „Seinetwegen wird St. Pauli nicht viele Punkte abgeben“

Und das vermutlich gewohnt solide. „Seinetwegen dürfte St. Pauli nicht viele Punkte abgeben“, sagt Felter, der insbesondere die auf einer Positionsanpassung basierten Leistungen Vasiljs auf der Linie heraushebt.

Wie auch bei der EM zu sehen, spielen Mannschaften vermehrt Flanken auf den zweiten Pfosten. „Das macht es für den Torhüter schwierig zu wissen, wo er stehen muss, wenn der Kopfball kommt. Vasilj kann sich durch gute Positionierung Zeit erkaufen, um eine komplette Reaktion durchzuführen“, sagt Felter, der selbst als Torwarttrainer beim Stadtligisten Rotation Leipzig arbeitet.

Verlust von Torwarttrainer Marco Knoop wiegt schwer

Bei den schnellen Entlastungsbewegungen gegen körpernahe Schüsse habe der 1,93-Meter-Mann unter Marco Knoop ebenfalls Fortschritte gemacht. Problem: Der große Förderer der vergangenen beiden Jahre ist nun gemeinsam mit Hürzeler nach England zu Brighton & Hove Albion gewechselt.

Der Abgang von Knoop hat Vasilj betroffen gemacht, beide pflegten ein Vertrauensverhältnis, analysierten jede Begegnung dezidiert. „Solch ein Verlust ist für Torhüter häufig krass, weil sie mehr als Spieler auf anderen Positionen mit ihren Trainern sprechen. Zumal Marco seine Keeper auf jeden Fall verbessert hat, selbst Sascha Burchert im gehobenen Alter noch mal“, sagt Felter.

Methoden von Sven Van der Jeugt unterscheiden sich von denen seines Vorgängers

Auch die häufig innovativen und abwechslungsreichen Methoden des „bunten Vogels“ (Felter) trugen zur guten Arbeitsatmosphäre bei. Knoops Nachfolger Sven Van der Jeugt (43) setzt dagegen nach ersten Eindrücken auf ein – wertfreie Formulierung – traditionelleres Torwarttraining, in dessen Genuss bislang nur Neuzugang Ben Voll sowie die Nachwuchskräfte Kevin Jendrzej und Ronny Seibt kamen.

„So katastrophal ist die belgische Torwartschule nicht“, sagt Felter, was als Lob zu deuten sein dürfte. Schließlich habe Van Der Jeugt sowohl Erfahrung mit jüngeren Fängern als auch routinierteren. Heinz Lindner beispielsweise avancierte bei Saint-Gilloise unter ihm im respektablen Alter von 33 Jahren noch zur Nummer zwei der österreichischen Nationalmannschaft.

Mehr zum Thema

Wie weit die Einheiten des Blessin-Vertrauten auch Vasilj noch voranbringen werden – man wird es sehen.

Beim Training am Donnerstag fehlten neben Vasilj und Burchert noch Simon Zoller, Sören Ahlers, Manolis Saliakas und Maurides.