Hamburg. Vorstand Stefan Kuntz kritisiert vor allem die Spieler, die schon länger beim HSV sind. Dabei handelt es sich um einen Drahtseilakt.
Stefan Kuntz hatte sich etwas vorgenommen, als er nach der enttäuschenden 2:4-Pleite seines HSV in Elversberg vor die Sky-Kamera trat. Der Sportvorstand wollte eine Botschaft loswerden. „Bei Elversberg stand eine Mannschaft auf dem Platz, bei uns nicht“, schimpfte Kuntz und fragte rhetorisch: „Warum ist da nicht der Führungsspieler da?“
Mit seiner verbalen Schelte sprach der Manager vielen leidgeplagten Fans aus der Seele. Die Schwächen gegen die vermeintlich kleineren Gegner sind seit Jahren ein Dauerthema beim HSV. Gerade auswärts, in engen Stadien gegen kampfbetonte Mannschaften, lässt der Club immer wieder Punkte liegen, die am Ende für den Aufstieg fehlen.
Kuntz und Trainer Steffen Baumgart wissen das. Deshalb haben sie sich für eine härtere Gangart, eine schärfere öffentliche Kommunikation entschieden, um die Spieler aus ihrer Komfortzone zu holen.
HSV-Boss Kuntz schlägt Alarm: nicht ohne Risiko
Es ist ein Weg, der in Anbetracht der Minusleistung von Elversberg nachvollziehbar, zugleich aber nicht ohne Risiko ist. Zum einen weiß Kuntz natürlich, dass er den Joker einer Generalkritik nur zwei-, in Ausnahmefällen vielleicht dreimal pro Saison ziehen kann. Er muss dieses taktische Mittel also kontrolliert und nicht inflationär einsetzen, damit sich der Effekt nicht abnutzt. Zugleich ist Kuntz darauf angewiesen, dass die Mannschaft nach seiner Kritik mitzieht und nicht ins Gegenteil verfällt.
Es ist ein Drahtseilakt für den HSV-Vorstand, der mit seinen scharfen Worten die Spieler an ihr Leistungslimit bringen will, zugleich aber den Unmut in der Kabine riskiert. Zumal nicht jeder Kritikpunkt auf den Punkt saß. „Warum waren die besten Spieler die, die noch nicht so lange beim HSV spielen?“, fragte Kuntz erneut rhetorisch, ohne Namen zu nennen.
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Tatsächlich war es aber nur Neuzugang Davie Selke, der besser spielte als langjährige HSV-Profis. Lucas Perrin gab der Defensive noch nicht den nötigen Halt, Marco Richter war auch in Elversberg keine Verstärkung, der bislang so starke Daniel Elfadli machte sein schlechtestes Saisonspiel, und Adam Karabec blieb blass nach seiner Einwechslung. Verständlich, dass der für seine Kaderplanung bislang zu Recht gelobte Kuntz verstärkt die Spieler kritisierte, die vor seiner Zeit schon da waren.
HSV-Kommentar zur Kritik von Kuntz
Mit dem Großteil seiner deutlichen Worte traf Kuntz den Ton. Doch der Grat, auf dem er sich bewegt, ist schmal. Sollte er einen weiteren Joker voreilig ziehen, drohen dem HSV neue Misstöne.