Hamburg. Erneute Gerichtsverhandlung gegen HSV-Profi Bakery Jatta. Ein Urteil ist in Sicht – warum der FC Barcelona eine Rolle spielte.

Auf einmal staunte Richter Hagge nicht schlecht. Im Prozess gegen HSV-Profi Bakery Jatta stellte kurzzeitig Kläger Mahmut Aktas im Raum 210 die Regeln vor dem Hamburger Oberlandesgericht auf. Zumindest war er der Meinung, dass er dazu befugt ist. „Jetzt lassen Sie mich auch mal ausreden!“, rief Aktas dem Richter zu, woraufhin er von seinem eigenen Anwalt Marius Breucker zur Besonnenheit ermahnt wurde.

Doch Aktas wollte sich nicht ermahnen lassen. „Ich habe einen klaren roten Faden und rufe dafür mein Gedächtnis im Kopf ab. Jetzt rede ich, danach können Sie reden!“, pampte er Richter Hagge an, der dem Kläger einen kleinen Grundkurs über Verhaltensregeln im Gerichtssaal gab: „Wer reden darf, entscheidet immer noch der Vorsitzende.“ 

Gemeint war Richter Buchholz, der zuvor bereits klargestellt hatte, was er von dem Versuch einer Berufung gegen das am 20. Dezember 2023 verkündete Urteil vom Landgericht hält: nämlich gar nichts. In dem Honorarstreit „geht es darum, ob es einen Vertrag gab“. Und diese Behauptung sei „nicht erwiesen“.

Prozess gegen HSV-Profi Jatta: Worum es geht

Zur Erinnerung: Jattas früherer für die Vorbereitung auf das Profifußballgeschäft engagierter Betreuer Aktas hatte den HSV-Profi auf zehn Prozent seiner Einkünfte auf Lebenszeit verklagt. Er behauptet, eine solche mündliche Vereinbarung sei im Januar 2016 mit Jatta und dessen Berater Efe Aktas, mit dem er nicht verwandt ist, in der Bremer Fußballhalle Soccerking getroffen worden. Den Streitwert bezifferte das Gericht auf 416.500 Euro. Tendenz: steigend.

Mahmut Aktas konnte diesen angeblich vereinbarten Vertrag auch in vier Sitzungen nicht beweisen, weshalb seine Klage vom Landgericht abgewiesen wurde. Doch Aktas will dieses Urteil nicht akzeptieren.

Am Donnerstag stand die Erörterung seiner Berufung auf dem Programm. Im Kern geht es darum, ob das Oberlandesgericht die Entscheidung bestätigt oder das Urteil aufhebt. In diesem Fall ginge das Verfahren zurück an das Landgericht. Doch spätestens nach Mahmut Aktas‘ Aussage vor Gericht darf dieses theoretische Szenario als extrem unrealistisch bezeichnet werden. Was der selbst ernannte Experte für Trainingsmethoden, der angeblich auch schon den früheren Werder-Star Diego besser gemacht habe, am Sievekingplatz 2 von sich gab, hatte hohen Unterhaltungswert – allerdings keine Beweiskraft in seinem Sinne.

HSV: Verfahren gegen Jatta grenzt an Comedy

Weil er für seine Leistung eine tatsächlich vertraglich vereinbarte Einmalzahlung in Höhe von 12.000 Euro erhielt, gezahlt von Efe Aktas, der ihn engagiert hatte, zweifelte das Gericht seinen Anspruch auf weitere Summen an. „Was auffällt, ist, dass es danach gar keine Folgerechnungen mehr gab“, sagte Richter Buchholz. Angeblich, behauptete Mahmut Aktas, sei dies zu aufwendig gewesen. Das Gericht folgte dieser Darstellung nicht und rechnete vor, dass bei gleichbleibender Leistung, die Aktas getätigt haben will, schnell eine sechsstellige Summe für ihn zusammengekommen wäre. Warum sollte er durch nicht gestellte Rechnungen darauf vorläufig verzichtet haben?

Aktas‘ Antwort, die nicht frei von Diskriminierungen wirkt: „Gerade bei Spielern afrikanischer Herkunft ist erst einmal nichts zu holen, weil sie oftmals noch eine ganze Sippe hinten dranhängen haben“, die einen Teil des Kuchens abbekommen. Dabei verdiente Jatta bereits bei seinem ersten HSV-Vertrag 120.000 Euro pro Jahr, wie aus den Akten hervorgeht. Es war nicht die einzige Antwort, die für Aufsehen sorgte.

Mahmut Aktas verglich Jatta mit Aubameyang

Weiter behauptete Mahmut Aktas, dass Jatta die Laufbahn von Ex-BVB- und Arsenal-Star Pierre-Emerick Aubameyang eingeschlagen hätte, wenn er sich länger von ihm hätte trainieren lassen. „Man sieht ganz klar, dass sich Jatta seit dem Ende unserer Zusammenarbeit nicht mehr entwickelt hat.“

Außerdem monierte Aktas mehrfach, dass Jatta keinen Zeugen benannt habe. Dabei gibt es einen Vertrag über das erste Honorar von 12.000 Euro und die Beweispflicht einer weiteren Vereinbarung liegt nun beim Kläger. „Es geht nicht darum, ob es einen Vertrag gab, sondern dass dieser bewiesen werden muss“, stellte Richter Buchholz klar. Und das sei nicht erfolgt.

Jatta-Prozess: Richter verteilt verbale Ohrfeige

Darüber hinaus zweifelte das Gericht daran, ob ein Vertrag über die lebenslange Beteiligung von Einkünften überhaupt rechtens sei. Jatta kam aus Gambia. Er sprach kein Deutsch, „war in einer fremden Kultur und musste sich völlig neu einleben“, führte Buchholz aus. Diese „Unerfahrenheit“ schütze den HSV-Profi vor einem solchen angeblichen Vertrag, der aus Sicht des Gerichts „sittenwidrig“ und damit „nichtig“ sei.

„Die genauen Leistungen des Klägers waren vage“, kritisierte Buchholz und verteilte eine verbale Ohrfeige an den Kläger. „Im Gegenzug sollte Jatta ein Leben lang zehn Prozent seines Gehalts bezahlen, also auch, wenn er irgendwann bei Barcelona spielen sollte. Das halten wir für ein grobes Missverhältnis.“ Deshalb hätte der Vorsitzende Richter, wenn er bereits vor dem Landgericht das Verfahren geleitet hätte, „gar keine Zeugen gehört“.

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Mahmut Aktas, der sich „unfair behandelt“ fühlte, kritisierte auch die Presse, die bei den Verhandlungen „nie da war“. Dabei war allein das Abendblatt bei insgesamt vier Terminen anwesend und damit häufiger als Aktas, der teilweise nur digital zugeschaltet war. „Ich finde, dass Herr Aktas sich mit diesen Ausführungen keinen Gefallen getan hat“, sagte Anwalt Thomas Bliwier, der Jatta und Efe Aktas vor Gericht vertrat.

Anschließend legte Buchholz dem Kläger nahe, aus Kostengründen auf eine ohnehin aussichtslose Berufung zu verzichten. Doch Mahmut Aktas konterte: „Geld sollte nicht das Problem sein.“

Und so muss das Oberlandesgericht in einem Monat tatsächlich ein Urteil in diesem Honorarstreit fällen, obwohl der Ausgang des Verfahrens festzustehen scheint. „Wir halten die Berufung nicht für begründet“, sagte der Vorsitzende Richter Buchholz. Eine erneute Berufung ist nach dem finalen Urteil nicht mehr möglich. Selbst dann nicht, wenn Geld keine Rolle spielt.