Hamburg. Daniel Elfadli ist der beste Neuzugang des HSV. Dabei wäre um ein Haar alles vorbei gewesen. Wie er es seinen Kritikern bewiesen hat.

Daniel Elfadli lebt aktuell seinen Traum. Der 27 Jahre alte Defensivspieler, der vor drei Jahren noch in der Fünften Liga spielte, weiß, wo er herkommt. Wenn er über den HSV spricht und dabei nicht müde wird zu betonen, wie besonders dieser Club für ihn sei, dann sind das keine der üblichen Fußballerfloskeln. Mit seiner Wortwahl beschreibt der stärkste Neuzugang dieses Sommers, der am Sonntag auf seinen Ex-Club 1. FC Magdeburg trifft, seine tatsächliche Gefühlslage.

„Ich genieße jeden Tag und will dieses Projekt zu Ende bringen und aufsteigen“, sagt El­fadli am Mittwoch und blickt kurz weg von der Kamera auf den beleuchteten Rasen im Volksparkstadion, seiner neuen Heimat.

HSV-Profi Elfadli: Als seine Karriere fast endete

Dabei ist es noch gar nicht so lange her, als nicht im Ansatz daran zu denken war, dass Elfadli einmal in Hamburg landen wird. Rückblick: Im Sommer 2021 absolviert er ein Probetraining beim Regionalligisten VfR Aalen. Der damals 24-Jährige ist ein Spätzünder, der zuvor in der Oberliga kickte und sich nun sportlich verbessern will. Aber: „Daniel fiel nicht weiter auf, und Aalen sagte ihm zunächst ab“, erinnert sich Aalens damaliger Kapitän Alessandro Abruscia im Gespräch mit dem Abendblatt.

In diesem Moment schien El­fadlis großer Traum geplatzt, bevor er überhaupt begann. Doch seine Geschichte war noch nicht zu Ende. Es folgte die Wende. „Unser damaliger Co-Trainer Christian Demirtas­ (Ex-Profi von Mainz 05) legte unserem Chefcoach Uwe Wolf ans Herz, Daniel noch einmal vorspielen zu lassen. Und so fand er doch noch den Weg in die Regionalliga“, erzählt Abruscia. „Demirtas sah von Anfang an Daniels Qualitäten in der aggressiven Zweikampfführung gegen den Ball.“

Nicht nur Demirtas, sondern auch Abruscia sah auf Anhieb, dass es sich bei Elfadli um einen besonderen Spieler handelte, der eigentlich viel zu gut für einen Viertligisten war. „Wie er den Ball eroberte, war einfach der Wahnsinn. Diese Qualität war einmalig in unserem Kader und machte ihn zu einem wichtigen Spieler“, sagt sein früherer Kollege. Es sind Worte, die wie eine Schablone auf Elfadlis bisherige Zeit beim HSV passen.

Elfadli überraschte einen Berater in Aalen

In Aalen bildete Elfadli mit Ab­ruscia ein kongeniales Duo auf der Doppelsechs. „Wir haben uns perfekt ergänzt: Ich war der Kreativgeist, und er hat mich abgesichert. Er hat die Drecksarbeit erledigt und mir den Rücken freigehalten, außerdem war er auch mit dem Ball ex­trem stark“, erinnert sich der Mann mit der Rückennummer „10“. Die beiden Mittelfeldspieler verstanden sich auch außerhalb des Platzes prächtig. Und so bekam Abruscia mit, dass Elfadli seinen damaligen Berater wechseln wollte.

„Ich war der Meinung, dass Daniel viel Potenzial hat, also gab ich einem befreundeten Berater den Hinweis, dass in Aalen ein für ihn interessanter Spieler aktiv ist, der das Zeug habe, in der Dritten Liga zu spielen“, verrät der heute 34-Jährige, der seinem Mitspieler noch viel mehr zutraute. „Wenn ich der Meinung bin, dass jemand in der Dritten Liga spielen kann, dann sind ihm keine Grenzen gesetzt.“ Also griff Abruscia zum Telefon und überzeugte einen Berater, sich Elfadli doch zumindest einmal live im Stadion anzusehen. Doch der heutige Hamburger enttäuschte in diesen Partien. Eine Zusammenarbeit kam nie zustande.

„Daniel kam zwar aus einer unfassbar starken Hinrunde, doch dann warfen ihn zu diesem Zeitpunkt kleinere Verletzungen zurück“, ordnet Abruscia die Situation ein. „Trotz seiner Formschwäche war er unser Anker in Aalen.“

Alessandro Abruscia spielte ein Jahr beim VfR Aalen an Daniel Elfadlis Seite.
Alessandro Abruscia spielte ein Jahr beim VfR Aalen an Daniel Elfadlis Seite. © imago/Eibner | IMAGO/Eibner-Pressefoto/Bernd Leitner

HSV-Zugang Elfadli hat es Kritikern bewiesen

Nach einem Jahr in der Regionalliga lief Elfadlis Vertrag schon wieder aus. Für das Angebot zur Verlängerung setzte ihm der Verein eine Deadline, die der schon damals auf dem Transfermarkt sehr begehrte Profi verstreichen ließ. Abruscia versuchte noch, bei der Clubführung zu vermitteln und mehr Zeit zu erkämpfen. Doch alle Mühe war vergebens. Am Ende ging Elfadlis Poker auf und er unterschrieb einen lukrativen Kontrakt beim Zweitligaaufsteiger Magdeburg. Ein Sprung um zwei Ligen nach oben.

„Viele unserer Aalener Mitspieler dachten, der Wechsel sei ein Schritt zu groß für ihn“, beschreibt Abrus­cia die damalige Stimmungslage. „Ich habe dagegen an Daniel geglaubt und wusste, dass er sich dort durchsetzen kann, weil er ein Arbeitstier ist. Er ist sehr lernfähig und arbeitet permanent an sich, um sich weiterzuentwickeln. Das sind genau die Eigenschaften, die man braucht, um weiterzukommen. Deshalb spielt er jetzt auch beim HSV.“ Er sollte recht behalten.

Als Elfadli am Mittwoch gefragt wird, ob er eine gewisse Genugtuung gegenüber seinen früheren Kritikern empfindet, antwortet er klar, aber besonnen. „Ja, schon. Ich habe es damals als Ansporn empfunden, es denen und mir selbst zu beweisen. Es ist ein gutes Gefühl, es geschafft zu haben.“

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Elfadli freut sich über Baumgart-Lob

Sein Trainer Steffen Baumgart traut ihm sogar den ganz großen Wurf zu. Anfang der Woche sagte er der „Bild“, „der Junge“, wie er Elfadli nennt, habe „mehr drauf als Zweite Liga. Mal sehen, wie lange wir ihn halten können.“

Darauf angesprochen, rutscht dem Senkrechtstarter ein Lächeln über die Lippen. „Lob tut immer gut. Ich habe die Aussage mitbekommen und freue mich darüber“, sagt Elfadli, der sich selbst ebenfalls die Bundesliga zutraut. „Absolut“, ergänzt er selbstbewusst. Das Ziel will er mit dem HSV erreichen. „Deshalb bin ich hier.“

Doch bevor es so weit ist, muss Elfadli gegen seine früheren Kollegen aus Magdeburg bestehen. Vorher will er sich aber bei seinem anderen ehemaligen Mitspieler Abruscia melden, der über das Abendblatt einen lieben Gruß ausrichtet – und eine Erinnerung zum Besten gibt: Dank Abruscia wurde auch Elfadli in Aalen stolzer erstmaliger Besitzer von Badelatschen.