Hamburg. Neuer Abwehrspieler war zuletzt aussortiert in Frankreich, wo er nur individuell trainieren durfte. Wie Baumgart mit ihm plant.
Lucas Perrin weiß, wie er in Hamburg einen guten ersten Eindruck hinterlässt. „Moin“, sagte der neue Abwehrspieler des HSV am Donnerstag und lächelte. Zwar hatte er mit seinem neuen Club soeben ein unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragenes Testspiel im Volkspark gegen Holstein Kiel mit 0:1 durch ein Tor von Phil Harres (57.) verloren. Doch der Franzose ist einfach nur glücklich, überhaupt wieder auf dem Platz zu stehen – mit Mitspielern an seiner Seite. In Frankreich war das zuletzt nicht mehr der Fall.
Bei seinem bisherigen Club, dem Erstligisten Racing Straßburg, war er aussortiert worden. Zu alt, lautete das niederschmetternde Urteil der den Club kontrollierenden Investorengruppe BlueCo. Und das mit gerade einmal 25 Jahren. Das US-Konsortium, das auch den FC Chelsea besitzt, verfolgt die Strategie, möglichst viele junge Spieler im Alter von um die 20 Jahre einzukaufen und sich von gestandenen Profis ab 24 Jahren zu trennen. Diesem Plan fiel auch Perrin zum Opfer.
Sein letztes Spiel machte der Innenverteidiger am 13. Juli, als er beim Test gegen den türkischen Topclub Fenerbahçe Istanbul (0:4) eingewechselt wurde. „Danach durfte ich nicht mehr mit der Mannschaft trainieren, nur noch individuell“, sagt Perrin am Donnerstag.
HSV-Zugang Perrin: Costa rief nachts an
Obwohl die 1,88 Meter groß gewachsene Abwehrkante drei Jahre lang immer Stammspieler in Frankreichs höchster Spielklasse war und für Olympique Marseille und Straßburg 99 Erstligapartien bestritt, fand er lange Zeit keinen neuen Verein. Bis sich HSV-Sportdirektor Claus Costa weniger als 48 Stunden vor Transferschluss bei ihm meldete. „Sie haben mich in der Nacht auf den 29. August angerufen. Ich habe sofort zugesagt und mich am nächsten Morgen in den Flieger gesetzt.“
Am 30. August unterschrieb Perrin einen Zweijahresvertrag beim HSV. Steffen Baumgart kannte er zu diesem Zeitpunkt nur vom Hörensagen, gesprochen hatten beide noch nicht miteinander. „Der Trainer spricht kein Englisch, also lief alles über Claus Costa“, erklärt Perrin diesen ungewöhnlichen Umstand. Baumgart sah zuvor lediglich „ein Video von mir und meiner Spielweise“.
Damit der neue Defensivspieler, der beim HSV nicht weniger tun soll, als den wegen Dopings gesperrten Mario Vuskovic zu ersetzen, künftig auch die Anweisungen Baumgarts versteht, will er ab nächster Woche Deutschunterricht nehmen. „Deutschstunden“, wie er in einem herrlichen französischen Akzent sagt und lächelt.
HSV: Wie Baumgart mit Perrin plant
Baumgart selbst will Perrin nun Schritt für Schritt an die Mannschaft heranführen. „Er wird wahrscheinlich einige Extraschichten nach den Trainingseinheiten machen“, kündigte der HSV-Trainer an. „Spielfähig wäre er jetzt schon. Es geht aber darum, ihn in einen Bereich zu bekommen, in dem das Verletzungsrisiko geringer ist.“
Nach der Länderspielpause werde Perrin seinen Fitnessrückstand aufgeholt haben, prognostizierte Baumgart, der den Profi für die kommende Aufgabe gegen Aufsteiger Regensburg (15. September) eingeplant hat. „Er könnte schon im nächsten Heimspiel zum Einsatz kommen“, sagte der Coach. Sehr wahrscheinlich aber nicht von Anfang an. „Ich brauche noch Zeit“, sagt Perrin.
Beim Testspiel gegen Kiel kam er wie im Vorwege abgesprochen eine Halbzeit lang zum Einsatz. Dabei war ihm die fehlende Spielpraxis und das fehlende Mannschaftstraining in manchen Situationen anzumerken. Der kopfballstarke Perrin besticht zwar durch seinen resoluten Körpereinsatz. Im Aufbauspiel muss er sich allerdings noch steigern. „Er macht einen sehr guten Eindruck auf mich, er ist zweikampfstark und robust“, fand Torhüter Matheo Raab dennoch ausschließlich lobende Worte.
HSV-Test: Perrin und Raab im Fokus
Der Torwart gab gegen Holstein sein Comeback nach überstandener Lungenentzündung, wegen der er seinen Status als Nummer eins an Daniel Heuer Fernandes verloren hatte. „Ich habe einen Rückschlag erlitten und will nun Argumente auf dem Platz liefern“, verzichtete Raab auf Kampfansagen an den internen Konkurrenten.
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Der 25-Jährige muss sich erst einmal hinten anstellen – genauso wie Anssi Suhonen, sollte er denn in Hamburg bleiben. In manchen Ländern ist das Transferfenster noch geöffnet. Nach Absprache mit dem HSV kam der Finne gegen Kiel nicht zum Einsatz, um sich unter keinen Umständen zu verletzen. Ein Abgang deutet sich allerdings weiterhin nicht an, da es an reizvollen Angeboten fehlt. Zuletzt lehnte Suhonen sogar Offerten ab, die ihn sportlich nicht überzeugten.
Lucas Perrin ist bereits einen Schritt weiter in seiner Karriereplanung. Er will nun beweisen, dass er noch nicht zu alt ist. „Dankeschön“, sagt er zum Abschluss. Wieder ein Lächeln. Der erste Eindruck passt.
HSV: Raab – Mikelbrencis (78. Oliveira), Perrin (46. Hefti), Schonlau (61. Königsdörffer), Katterbach – Heyer, Poreba – Öztunali, Richter (61. Dompé) – Glatzel (78. Baldé), Selke (78. Sillah).