Hamburg. Die Hamburger verpassen gegen Berlin den perfekten Saisonstart. Königsdörffer trifft schon wieder. Beim Tor denkt das Team an Vuskovic.
Fast eine gesamte Halbzeit lang mussten die HSV-Fans zittern, doch all die gedrückten Daumen im Volksparkstadion sollten nicht helfen. Nach einem späten, aber verdienten Ausgleichstreffer von Hertha BSC verpasste der HSV im ersten Heimspiel den perfekten Saisonstart.
Wie schon beim 2:1-Auftaktsieg beim 1. FC Köln folgte auf eine gute erste eine passive zweite Halbzeit. Bis zur 86. Minute konnten sich die Hamburger auf ihre kompakte Defensive verlassen – und auf Torschütze Ransford Königsdörffer, der alle drei Saisontore erzielte. Doch dann traf Berlins Abwehrspieler Kenny in der 86. Minute zum 1:1 (1:0).
„Ich habe ein hochklassisches Zweitligaspiel gesehen. Wir hatten das Spiel in der ersten Halbzeit im Griff und müssen das 2:0 machen. Die zweite Hälfte geht klar an Hertha BSC. Wir werden hinsichtlich der zweiten Halbzeit gucken, was wir beim nächsten Mal besser machen“, sagte Trainer Steffen Baumgart. Hertha-Coach Cristian Fiél ergänzte: „Wir haben sehr unterschiedliche Halbzeiten gesehen. Die erste Hälfte ging klar an den HSV, danach haben wir eine dominante Hertha gesehen, die alles dafür getan hat, um dieses Spiel sogar noch zu gewinnen.“
HSV gegen Hertha mit variabler Taktik
Personell setzte Baumgart auf dieselbe Startelf, die zum Saisonauftakt 2:1 beim Bundesliga-Absteiger 1. FC Köln gewonnen hatte. Taktisch präsentierten sich die Hamburger allerdings offensiv mit einigen Positionsrochaden, sofern die Absicherung stimmte. Insbesondere Ludovit Reis und Adam Karabec rotierten häufig. Gegen den Ball wechselten sich Jonas Meffert und Daniel Elfadli ab, sodass einer der beiden die Vierer- zu einer Fünferkette erweiterte.
Trotzdem kamen die Berliner besser ins Spiel und hatten in den ersten zehn Minuten mehr Ballbesitz. Der HSV stand teilweise sehr tief, in der Folge waren die Wege nach der Balleroberung zu weit zum Tor. Bis Dennis Hadzikadunic den rechten Schienenspieler Bakery Jatta bediente. Es folgte eine traumhafte Flanke auf Ransford Königsdörffer, der mit einem platzierten Kopfball zum 1:0 traf (11.). Es war bereits das dritte Saisontor für den gebürtigen Berliner, der in der Jugend einst von Hertha aussortiert worden war.
HSV denkt beim Tor an Vuskovic
Während sich Königsdörffer feiern ließ, reichte Zeugwart Miroslav Zadach Kapitän Sebastian Schonlau ein Trikot des wegen Dopings gesperrten Mario Vuskovic, der weiterhin auf sein finales Urteil vom Internationalen Sportgerichtshof (Cas) wartet. Solidarisch hielt Schonlau das Shirt mit der Nummer 44 in die Luft. Die Botschaft war klar: Vuskovic gehört zu dieser Mannschaft und zum HSV.
Der Abwehrchef war es auch, der den nächsten gefährlichen Schuss aus der Distanz abfeuerte (18.). Kurz darauf hätte Reis das 2:0 erzielen müssen, doch der Mittelfeldspieler scheiterte an Herthas Torwart Tjark Ernst (26.). Für den ersten Torschuss der Gäste dauerte es schließlich bis zur 30. Minute, als es Innenverteidiger Marc-Oliver Kempf verzweifelt aus der dritten Reihe vorbei zielte.
Die Hamburger überließen Hertha zwar mehr Ballbesitz als beim 3:0-Heimsieg vor ziemlich genau einem Jahr. So richtig gefährlich wurden die Berliner im ersten Durchgang allerdings selten, weil der HSV defensiv sehr kompakt stand und stabil wirkte. Zweitliga-Torschützenkönig Haris Tabakovic, er teilte sich die Auszeichnung mit HSV-Stürmer Robert Glatzel (Sehnenreizung), war komplett abgemeldet. Und vorne verpasste Karabec mit seinem gefühlvollen Schlenzer auf den langen Pfosten einen weiteren Treffer (42.).
HSV nach der Pause kaum noch gefährlich
Allerdings agierte die Baumgart-Elf mitunter zu passiv, speziell nach dem Seitenwechsel. Zwar hatte Miro Muheim die erste Torchance in der zweiten Hälfte (50.), doch danach entwickelte Hertha immer mehr Druck. Der Pfostenschuss von Abwehrspieler Linus Gechter leitete den Versuch einer Berliner Aufholjagd ein (58.).
Nach einer Flanke von Derry Scherhant wäre es schließlich fast passiert, allerdings nicht durch einen Herthaner, sondern durch Muheim, der beinahe ein Eigentor erzielte, als er etwas orientierungslos nur Zentimeter am eigenen Lattenkreuz vorbei zur Ecke köpfte (64).
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Baumgart reagierte und brachte mit den Neuzugängen Silvan Hefti und Davie Selke sowie Immanuel Pherai frische Kräfte für Jatta und Reis und Jean-Luc Dompé. Am Spielverlauf änderten die Wechsel jedoch nichts. Hertha war im zweiten Durchgang die dominantere Mannschaft und drängte auf den Ausgleich, ohne sich die ganz klaren Möglichkeiten zu erspielen.
HSV zu passiv gegen Hertha: später Ausgleich
Wie schon in der zweiten Halbzeit von Köln verlor der HSV die Bälle zu schnell und beschränkte sich darauf, die knappe Führung defensiv abzusichern. Doch anders als in Köln ging dieser Plan diesmal nicht auf.
Zunächst verpasste Pherai die Vorentscheidung, als sein beinahe perfekter Freistoß an den Innenpfosten und von dort aus eben nicht ins Tor klatschte (85.). Im direkten Gegenzug nutzte Herthas Kenny die erstmals entstandene Unordnung im Hamburger Strafraum zum späten Ausgleich (86).
Der HSV muss sich vorwerfen lassen, in der zweiten Halbzeit zu wenig für das eigene Offensivspiel getan zu haben. Mit vier Punkten nach zwei Spielen gegen zwei Liga-Schwergewichte ist der Club aber immer noch gut in die Saison gestartet.
Die Statistik
- HSV: Heuer Fernandes – Jatta (67. Hefti), Hadzikadunic, Schonlau, Muheim – Elfadli (83. Ramos), Meffert – Karabec (83. Baldé), Reis (67. Pherai), Dompé (70. Selke) – Königsdörffer.
- Hertha BSC: Ernst – Kenny, Gechter (64. Leistner), Kempf, Dudziak (46. Zeefuik) – Demme, Karbownik (76. M. Dardai), Maza – Marten Winkler (90.+2 Christensen), Tabakovic, Scherhant (76. Schuler).
- Tore: 1:0 Königsdörffer (11.), 1:1 Kenny (86.).
- Schiedsrichter: Timo Gerach (Landau)
- Gelbe Karten: Elfadli, Schonlau – Dudziak, Zeefuik
- Zuschauer: 57.000 (ausverkauft)
- Torschüsse: 13:13
- Ecken: 9:11
- Ballbesitz: 45:55 Prozent
- Zweikämpfe: 72:74