Hamburg/Düsseldorf. Im ersten Spiel nach dem Corona-Schock erkämpfen sich die Hamburger in Düsseldorf ein Unentschieden – Sorgen um Miro Muheim.
Es hätte der Anfang einer großen Aufholjagd werden sollen – war es der Anfang vom Ende aller Bundesliga-Träume? Der HSV hat durch ein glückliches Last-Minute-1:1 (0:0) bei Fortuna Düsseldorf am Sonnabend wertvolle Punkte eingebüßt und verliert die Aufstiegsränge immer weiter aus den Augen. Zum vierten Mal nacheinander blieben die Hamburger in einem Ligaspiel sieglos, zum zwölften Mal in der Saison reichte es nur zu einem Unentschieden.
Tabellenspitze 2. Bundesliga:
1. FC St. Pauli 27 / 53:37 / 51
2. Werder Bremen 27 / 51:36 / 51
3. Darmstadt 98 27 / 53:34 / 48
4. FC Schalke 04 27 / 54:33 / 47
5. 1. FC Nürnberg 26 / 39:33 / 45
6. HSV 26 / 46:27 / 42
7. 1. FC Heidenheim 27 / 34:35 / 42
Im ersten Spiel nach dem massiven Corona-Ausbruch wirkte die Mannschaft von Trainer Tim Walter kraft- und ideenlos. „Da hat einiges gefehlt, die erste Halbzeit war die schlechteste der Saison“, sagte Ausgleichstorschütze Robert Glatzel. Kapitän Sebastian Schonlau sah es genauso: „Das war zu wenig. Wir haben es nicht geschafft, unsere Stärken auf den Platz zu bringen. Das müssen wir aufarbeiten.“
Alle neun infizierten HSV-Profis hatten sich im Lauf der Woche freigetestet. Vier von ihnen hat Trainer Tim Walter dann in die Startelf berufen: Kapitän Sebastian Schonlau, Moritz Heyer – er ersetzte den Gelb-gesperrten Jonas Meffert – sowie die Angreifer Sonny Kittel und Giorgi Chakvetadze. „Die Spieler hatten nicht großartig Symptome. Man muss nachher sehen, wie lange bei ihnen die Luft reicht“, sagte HSV-Sportvorstand Jonas Boldt bei Sky. Stürmer Mikkel Kaufmann stand aus disziplinarischen Gründen gar nicht erst im Kader.
HSV-Fans randalieren im Zug
Nach langer Zeit war die Merkur-Spiel-Arena mit 31.353 Fans endlich wieder gut gefüllt, allein 4500 unterstützten den HSV. Allerdings schafften es nicht alle pünktlich: Mehrere Hundert Hamburger Anhänger wurden am späten Vormittag im Hauptbahnhof Gelsenkirchen in einem Zug festgehalten. Etwa 150 sogenannte HSV-Problemfans sollen in dem Regionalexpress randaliert und unter anderem in den Waggons uriniert, Graffiti gesprüht und sich auch untereinander geprügelt haben.
Die es rechtzeitig ins Stadion geschafft hatte, verstummten vor dem Anpfiff für eine Minute in Gedenken an den verstorbenen DFB-Ehrenpräsidenten Egidius Braun. Danach waren es die Düsseldorfer, die Schlagzahl und Lautstärkepegel hoch hielten. In der 15. Minute hatten die Fortuna-Fans den Torschrei schon auf den Lippen: Einen Freistoß von Edgar Prib konnte HSV-Torwart Daniel Heuer Fernandes gerade noch an den Pfosten lenken.
Muheim muss früh runter
Doch das Glück sollte nicht lange vorhalten. Nach einem seltenen HSV-Vorstoß ging Miro Muheim unvermittelt zu Boden (19.). Die HSV-Betreuer zeigten früh an, dass es für den Schweizer Linksverteidiger nicht weitergehen würde. Muheim war erst im Herbst für den schwer am Knie verletzten Tim Leibold in die Stammelf gerückt. Überraschenderweise entschied sich Walter als Ersatz nicht für den gelernten Außenverteidiger Jan Gyamerah, sondern den offensiveren David Kinsombi (25.).
Der Schwerpunkt des Spiels blieb allerdings in der Hamburger Spielhälfte. Die Fortuna lief den HSV früh an und ließ ihn gar nicht erst ins Spiel kommen. Und so dauerte es bis zur 37. Minute, ehe Kinsombi aus 20 Metern den ersten Hamburger Torschuss absetzen konnte – der aber für Fortuna-Torwart Florian Kastenmeier keine Herausforderung darstellte.
HSV-Einzelkritik:
Sehr viel gefährlicher wurde es kurz vor der Pause vor dem Hamburger Tor: Nach einer schönen Kombination tauchte Fortuna-Angreifer Emmanuel Iyoha vor Heuer Fernandes aus, setzte den Ball aber auf den Außenpfosten. Dass es torlos in die Kabine gehen, war aus HSV-Sicht ein Glücksfall.
Doch nach der Pause wurde es nicht besser. Die Hamburger bemühten sich um ein Aufbauspiel, wurden aber immer wieder vors eigene Tor zurückgeworfen. Allerdings gingen die Düsseldorfer weiterhin arg verschwenderisch mit ihren Chancen um, etwa als Sebastian Schonlau sich im letzten Moment in den Schuss von Ai Tanaka warf (49.). Kurz darauf ließ Heuer Fernandes den Atem der HSV-Fans stocken: Im Torraum schoss er den heranstürmenden Shinta Appelkamp an, von dessen Oberschenkel der Ball dann übers Tor segelte (53.).
Bodzek bringt Düsseldorf in Führung
Walter reagierte und wechselte Faride Alidou und Gyamerah für Bakery Jatta und Chakvetadze ein (57.). Die Statik des Spiels veränderte das aber nicht, wenngleich der HSV nun etwas mehr Platz im Spielaufbau erhielt. Es bedurfte schon einer Düsseldorfer Nachlässigkeit, um den Hamburgern eine Großchance zu eröffnen. Nach einem krassen Fehlpass von Kastenmeier stand Kinsombi vor der Wahl, den Ball ins Tor einzuschieben oder zum ebenfalls freistehenden Robert Glatzel zu passen. Er entschied sich für irgendetwas dazwischen – das hätte die unverhoffte Führung sein müssen (77.).
Auch interessant
Auch interessant
Auch interessant
Die gab es stattdessen auf der Gegenseite: Der vom HSV gekommene Khaled Narey spielte einen Eckball zum im Rückraum frei stehenden Adam Bodzek. Die Fortuna-Legende konnte sich den Ball in Ruhe zurechtlegen und dann mit dem Innenrist aus 18 Metern zum verdienten 1:0 vollenden (85.), was den gerade von Corona genesenen Ex-HSV-Coach Daniel Thioune zu Jubelsprüngen veranlasste. Für Narey war es bereits die zwölfte Torvorlage der Saison.
Glatzel hat das letzte Wort
Mit ablaufender Spielzeit eröffnete sich dem HSV eine erste große Ausgleichschance, doch Heyer scheiterte an Kastenmeier (90.). Am Ende war es dann Glatzel, der mit der letzten Aktion des Spiels nach einem Eckball per Kopf aus kurzer Distanz mit seinem 16. Saisontor einen Punkt rettete (90.+2).
Was der wert ist, werden die nächsten Wochen zeigen. „Für die Moral war dieser Punkt wertvoll“, sagte Boldt. Am 2. April gastiert der SC Paderborn im Volkspark.
Lokalrivale FC St. Pauli hatte am Freitagabend vorgelegt und durch einen 1:0-Sieg gegen Aufstiegskonkurrent 1. FC Heidenheim vorerst die Tabellenführung übernommen. Schalke hielt den Anschluss durch einen 2:1-Sieg gegen Hannover. Im Topspiel am Abend besiegte Werder Bremen den SV Darmstadt 98 mit 1:0 und setzte sich auf einem direkten Aufstiegsplatz fest. Das entscheidende Tor erzielte Stürmer Niclas Füllkrug.