Hamburg. Wer ist der Mann, der den Hamburgern am 2. Mai 4,1 Millionen Euro überwiesen hatte? Der Geldgeber sprach exklusiv im Abendblatt.
- HSVH-Geldgeber Philipp J. Müller spekulierte bereits mit 16 an der Börse
- Vorab sagte er: „Ich sehe den HSVH nicht als Investment.“
- Auch bei den Fußballern des HSV soll Müller über ein Investment nachgedacht haben
Das Büro des Mannes, der dem HSV Hamburg (HSVH) mit einer die Lizenz für die Handball-Bundesliga (HBL) rettete, sieht von außen ziemlich unspektakulär aus. Am Eggerstedter Weg 8 in Pinneberg – eine verkehrsberuhigte Seitenstraße mit einigen Bürogebäuden – hat die PJM Investment Akademie ihren Sitz. Auch eine Zahnarztpraxis und ein Steuerberatungsunternehmen befinden sich unter anderem in dem viergeschossigen Haus mit schwarz-weißer Fassade.
Philipp J. Müller, der Gründer und Chef der Einrichtung für finanzielle Bildung, ist an diesem Mittwochvormittag nicht in seinem Büro. Das sagt zumindest einer seiner Finanz-Coaches, als sich das Abendblatt an der Tür nach Müller erkundigt. Kurz nach dem zunächst erfolglosen Ortstermin lässt Müller dann doch noch ausrichten, dass er sich ein Gespräch vorstellen könne. Gegen 16.30 Uhr am Mittwochnachmittag wählt sich der 46-Jährige in den Videocall ein.
Handball: HSVH-Geldgeber wollte Namen nicht veröffentlichen
Daran, dass seine finanzielle Unterstützung für den HSVH öffentlich wird, habe er nie ein Interesse gehabt, so Müller. Auch der Verein selbst hatte sich mit konkreten Namen in den vergangenen Tagen bedeckt gehalten, bis sich der Name Müller dann doch bis zum Abendblatt herumgesprochen hatte.
Müller ist früh an der Börse reich geworden. Wie viele Millionen Euro er besitzt, verrät der zweifache Familienvater nicht. Auch seinen Wohnort will er angesichts seines großen Vermögens geheim halten. Großraum Hamburg, sagt Müller, mehr verrate er nicht. Die Vita beeindruckt jedenfalls. „Mein Leben war bis zu meinem Abitur und Jurastudium relativ normal, mit der Besonderheit, dass ich mit 16 Jahren Börsianer geworden bin, um meinen Eltern zu helfen“, sagt er. „Meine Eltern hatten einen kleinen Handwerksbetrieb. Zu sehen, wie dieser Betrieb in finanzielle Schieflage gerät, hat mich damals auch emotional mitgenommen.“
Früher Erfolg als Investor an der Börse
Es dauerte nicht lange, bis Müller mit seinen Börsengeschäften nicht nur seine Eltern finanziell gerettet hatte, sondern auch darüber hinaus sehr erfolgreich war. Mit 22 Jahren gründete er seine erste Firma, eine Vermögensberatung. Elf weitere Unternehmen im Finanzbereich folgten, ehe er mit 33 Jahren alle Firmen erfolgreich verkauft hatte. Zweieinhalb Jahre lebte Müller daraufhin als Privatier, ehe er die PJM Investment Akademie gründete. An der Akademie erlernen interessierte Menschen, wie sie ihr Geld klug investieren können.
Ob auch Müllers Investment in den HSVH klug war, erscheint derzeit jedoch zweifelhaft. Weil die 4,1 Millionen Euro, die er der HSVH-Spielbetriebsgesellschaft zur Sicherung der Bundesligalizenz überwiesen hatte, am vergangenen Freitag erst eine Stunde nach Fristablauf auf dem Konto eingetroffen waren, verweigerte die HBL den Hamburgern die Lizenz. Jetzt soll ein Schiedsgerichtsverfahren, das der HSVH derzeit vorbereitet, den Verein doch noch retten.
HSVH-Unterstützung als Hilfe für den Profisport in der Stadt
Anderenfalls spricht derzeit viel dafür, dass Müller mehrere Millionen Euro seines Investments verliert. Wobei er das Wort Investment in diesem Fall auch falsch findet. „Ich sehe den HSVH nicht als Investment. Der Handballsport an sich eignet sich auch nicht, um als Investor Profit zu erwirtschaften. Ich möchte der Stadt Hamburg etwas zurückgeben und daran mitwirken, den Profihandball in der Stadt zu erhalten“, stellt er klar. Und: „Wir sind überzeugt, dass wir die Bedingung der HBL fristgerecht erfüllt haben.“
Wie das Abendblatt erfuhr, traf sich Müller am frühen Morgen des vergangenen Donnerstags mit HSVH-Geschäftsführer Sebastian Frecke auf der Geschäftsstelle des Vereins. Nachdem in den Tagen zuvor viele Juristen den Deal überprüft hatten, nahmen Frecke und Müller die Überweisung gemeinsam vor, schickten den Überweisungsauftrag auch an die HBL. Was letztendlich dazu führte, dass das Geld erst eine Stunde zu spät auf dem Konto war, ist nach wie vor schleierhaft. Reden kann und will Müller zurzeit nicht darüber, das Verfahren läuft schließlich noch.
Geldgeber Müller war selbst begeisterter Handballer
Müller ist handballbegeistert, auch seine Kinder spielen im Verein. Während seiner Aktiengeschäfte spielte er für den TSV Ellerbek mehrere Jahre in der Regionalliga, gehörte in der Saison 1997/98 auch dem erweiterten Kader der damaligen Zweitligamannschaft an. „Ich habe den Handballsport immer genau verfolgt. Als der HSVH wieder in die Zweite Liga aufgestiegen war, bin ich auch wieder regelmäßig als Fan in die Halle gegangen“, sagt Müller.
Im vergangenen Jahr lernte er dann HSVH-Geschäftsführer Frecke über einen Sponsor des Vereins kennen. Bei dem Treffen im Block House verstanden sich beide auf Anhieb, sodass Müller bereits seit dem vergangenen November beim HSVH im Hintergrund mitwirkte, weit vor seinem finanziellen Engagement. Auch bei den Fußballern des HSV soll er in der Vergangenheit über ein Investment nachgedacht haben.
„Traurige Fälle“ im Hamburger Profisport
Die 4,1 Millionen Euro für den HSVH sieht Müller in einem wohltätigen Zusammenhang, großen Profit erhofft er sich nicht. „Wir haben in den vergangenen Jahren im Hamburger Profisport mit den Hamburg Freezers, den Crocodiles Hamburg oder auch der gescheiterten Olympia-Bewerbung einige traurige Fälle erlebt. Deshalb bin ich überzeugt, dass mein Geld als Unterstützung gut geeignet ist“, sagt er.
Wie das Abendblatt erfuhr, sollen Müllers 4,1 Millionen Euro perspektivisch in Anteile an der HSVH-Spielbetriebsgesellschaft umgewandelt werden. So weit sei es derzeit aber noch lange nicht, betont der Aktienexperte. „Noch ist gar nicht klar, ob und wie ich die Summe in Anteile an der Spielbetriebsgesellschaft umwandle. Wir sind zunächst einmal froh, dass wir das Geld rechtzeitig überwiesen haben“, sagt er. „Für mich geht es natürlich um die Profimannschaft, aber auch um die Jugendabteilung des Vereins. Ich kann mir gut vorstellen, die Jugend künftig auch noch zusätzlich zu unterstützen.“
Will der HSVH-Geldgeber in den Aufsichtsrat?
Wie genau Müllers Engagement beim HSVH künftig aussieht, soll erst nach dem Prozess vor dem Schiedsgericht beschlossen werden. Wie das Abendblatt erfuhr, soll Müller mit Teilen des Präsidiums unzufrieden sein und auch einen Posten im Aufsichtsrat anstreben. Der 46-Jährige bestreitet das. „Es wäre total anmaßend, wenn ich meine Unterstützung an Ämter oder Umstrukturierungen im Verein geknüpft hätte. Ich habe dem Präsidium, der Geschäftsführung, dem Aufsichtsrat lediglich mitgeteilt, dass man mich gerne ansprechen darf, wenn sie sich vorstellen könnten, dass ich dem Gesamtkonstrukt in irgendeiner Position helfen kann“, sagt Müller.
Zurzeit liege es ihm fern, Prozesse der vergangenen Monate und Jahre zu bewerten. „Ich finde es mehr als verständlich, dass ein Verein, der innerhalb weniger Jahre mit der Corona-Belastung zweimal aufsteigt, kurzzeitig auch in Liquiditätslücken laufen kann“, sagt er. „Es ist aber auch klar, dass man im Anschluss an das Schiedsgerichtsverfahren genau beleuchten muss, wie es zu dieser Situation kommen konnte. Innerhalb dieses kurzen Zeitraums konnte ich mir aber kein umfassendes Bild machen und will das deshalb auch nicht bewerten.“
Kretzschmar übt scharfe Kritik am HSVH
Dass Fehler gemacht wurden, steht für Beobachter, die noch weiter weg sind, außer Frage. „Man muss sagen, dass in Hamburg unfassbar schlecht gewirtschaftet wurde. Meines Wissens wurde das in den vergangenen Jahren unseriös und nicht professionell genug betrieben“, sagte etwa Handball-Ikone Stefan Kretzschmar der Plattform „Dyn“.
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Der Sportvorstand der Füchse Berlin zweifelt auch daran, dass die 4,1 Millionen Euro dem Verein langfristig helfen. „Ob die Summe den HSVH auf Dauer wirtschaftlich stabil machen würde, wage ich mal zu bezweifeln“, sagte Kretzschmar. „Ich kann die Fragezeichen der Konkurrenten und der gesamten Liga verstehen. Wenn jemand so offensichtlich fehlwirtschaftet, ist das ein Alarmsignal und schlecht für die Liga.“
Philipp Müller sieht das erwartungsgemäß anders, gibt aber dennoch zu: „Es steht außer Frage, dass wir durch die derzeitige Situation einen Image-Schaden genommen haben. Wenn wir die Lizenz doch noch bekommen, kann man künftig vielleicht sagen, dass wir zu Unrecht in dieser Situation waren. Ich bin mir sicher, dass wir gestärkt aus dieser Phase hervorgehen.“ Als Aktien-Investor ist unerschütterlicher Optimismus schließlich auch eine Grundvoraussetzung.