Hamburg. Suchen sich die Handballer des HSV Hamburg schon neue Clubs? Transfer von Keeper El-Tayar war schon beschlossen. Sauter will abwarten.

Beim HSV Hamburg (HSVH) ist zurzeit nur klar, dass eigentlich gar nichts klar ist. Nachdem das Präsidium der Handball-Bundesliga (HBL) am Montag die Beschwerde des Vereins zurückgewiesen hatte, gilt die Lizenz für die kommende Saison nach wie vor als nicht erteilt. Ein Team um vier externe Anwälte und HSVH-Aufsichtsrat André van de Velde feilte am Dienstag weiter am Schriftsatz, mit dem das Verfahren vor dem HBL-Schiedsgericht angestrebt werden soll.

Während im Hintergrund die Juristen Argumente und Verhandlungsstrategien ausloten, herrscht innerhalb der Mannschaft große Verunsicherung. Sollte die aktuelle Entscheidung der HBL bestehen bleiben und der HSVH in die Vierte Liga zurückgestuft werden, wären die gesamte Mannschaft und der Trainerstab um Torsten Jansen und Blazenko Lackovic vom 1. Juli an ohne Vertrag. Auch die zehnköpfige Geschäftsstelle wäre arbeitslos, die medizinische Abteilung steht hingegen bei Sponsor Asklepios unter Vertrag.

Handball: Lizenz-Entscheidung bedeutet Karriere-Einschnitte

Nur Spielmacher Dani Baijens, dessen Wechsel zu Paris St. Germain bereits seit mehreren Monaten offiziell ist, weiß bereits, wo er in der neuen Saison mit Handball sein Geld verdient. Auch bei einigen Jugendspielern sowie Torhüter Jens Vortmann, dessen Verträge ohnehin nicht verlängert worden wäre, standen die Abgänge bereits vor dem Lizenzdrama fest.

Weil der HSVH den Eingang von 4,1 Millionen Euro auf dem Konto der Spielbetriebsgesellschaft erst eine Stunde nach dem Verstreichen der Frist beweisen konnte, gilt die HSVH-Lizenz nach derzeitigem Stand als nicht erteilt. Der Bergische HC würde als Vorletzter der Bundesliga nicht absteigen, in Liga zwei wäre der ebenso abgeschlagene TuS Vinnhorst plötzlich gerettet.

HBL-Geschäftsführer Bohmann will schnelle Klärung

„Wir sind an einer schnellen Klärung interessiert, möglichst noch, bevor der letzte Spieltag gespielt ist. Das wäre für alle Beteiligten von Vorteil“, sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann. Das Schiedsgericht werde aber „mit Ruhe und Sorgfalt entscheiden, und nach eigenen Prämissen“. Die Entscheidung, auch das betonte Bohmann, könne „durchaus auch anders ausfallen“ als die HBL-Bewertung.

Davon, dass sich der HSVH doch noch retten kann, ist auch Top-Funktionär Bob Hanning überzeugt. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass der HSVH das Schiedsgericht von seinen Argumenten überzeugen kann. Aus meiner Sicht gibt es dafür genug Ansatzpunkte. Gleichzeitig habe ich volles Verständnis für das HBL-Präsidium, das die Regeln der eigenen Lizenzierungskommission nicht aufheben konnte“, sagt der Geschäftsführer der Füchse Berlin im Gespräch mit dem Abendblatt.

Spieler wissen nicht, ob ihr Vertrag in der neuen Saison gilt

Hanning kann auch nachvollziehen, wie sich die Spieler des HSVH derzeit fühlen. Bis das Verfahren nicht abgeschlossen ist, gelten nach wie vor die Verträge für die kommende Saison. Das gilt auch für Spielmacher Moritz Sauter, der im Sommer von Hannings Füchsen Berlin beziehungsweise dessen Kooperationspartner 1. VfL Potsdam eigentlich nach Hamburg wechseln wollte.

„Für Moritz ist die aktuelle Situation kein großes Problem, weil es viele Vereine gibt, die ihn gerne verpflichten würden. Er hat sich aber bewusst für den HSVH, Trainer Torsten Jansen und dessen Konzept entschieden“, sagt Hanning. „Moritz würde immer weich fallen. Ich habe deshalb mit ihm persönlich besprochen, dass wir die Entscheidung des Schiedsgerichts abwarten werden.“

El-Tayars Wechsel nach Hamburg war schon beschlossen

Ganz so entspannt sind aber nicht alle aktuellen und zukünftigen HSVH-Spieler. Der ägyptische Nationaltorhüter Mohamed El-Tayar etwa, dessen Wechsel an die Elbe nach Abendblatt-Informationen bereits beschlossen war, soll vom aktuellen HSVH-Keeper Johannes Bitter, der perspektivisch ins Management wechseln sollte, ständig auf dem Laufenden gehalten werden. Zurzeit wartet der Neuzugang noch ab.

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Viele andere HSVH-Spieler werden hingegen bereits über ihre Agenturen bei anderen deutschen und europäischen Clubs angeboten. Die Vereine zeigen sich bisher allerdings noch zurückhaltend, weil sie die Hamburger Spieler bisher nur mit einer sogenannten aufschiebenden Bedingung – dem endgültigen HSVH-Lizenzentzug – unter Vertrag nehmen dürften. Sollte der HSVH doch noch die Lizenz erhalten, wären die Verträge obsolet.

„Ich halte es durchaus für möglich, dass sich Vereine Spieler sichern wollen, indem sie Verträge mit aufschiebender Bedingung schließen. Das darf man auch keinem Spieler übel nehmen. Für Moritz Sauter kommt das aber nicht infrage“, sagt Bob Hanning. Und so kann nicht nur der HSV Hamburg, sondern ein Großteil der Handballbranche zurzeit nur abwarten, wie die Entscheidung des Schiedsgerichts ausfällt.