Hamburg. Bundesliga verweigert HSV Hamburg Spielgenehmigung für die nächste Saison. Bank gab Überweisung offenbar nicht rechtzeitig frei.
Das lange Warten fand am Freitagnachmittag ein Ende, aber ein ganz anderes, als es der Handball Sport Verein Hamburg (HSVH) erhofft hatte. Die Lizenzierungskommission der Handball-Bundesliga (HBL) verweigert den Hamburgern die Spielgenehmigung für die nächste Saison, weil "die gestellten Bedingungen nicht fristgerecht" erfüllt wurden.
Möglicher Grund der Verzögerung könnte nach Abendblatt-Informationen eine Panne bei einem beteiligten Geldinstitut gewesen sein. Der HSVH, derzeit Tabellenachter, steht damit als erster Bundesliga-Absteiger fest und müsste wie vor acht Jahren in der viertklassigen Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein neu beginnen. Einen Lizenzantrag für die 2. Bundesliga hatte der Verein nicht gestellt. Gegen den Entscheid kann der Verein eine Beschwerde beim HBL-Präsidium einlegen – und wird das auch umgehend tun.
Die erscheint indes nur sinnvoll, hätte die Liga bei der Bewertung der Lizenzunterlagen formale Fehler gemacht. Die Erfolgsaussichten gelten als gering. Anfechtbar ist lediglich, dass die Lizenzierungskommission dem HSVH Bedingungen gestellt hatte. Die Entscheidung vom Freitag kann juristisch nicht beanstandet werden. Danach aber könnte der Club das HBL-Schiedsgericht anrufen. Dort urteilen drei Richter noch in der laufenden Saison.
HSV Hamburg: Investor überwies 4,1 Millionen Euro
„Wir sind uns sicher, dass wir alle Bedingung erfüllt haben“, sagte Sebastian Frecke, der Geschäftsführer der Spielbetriebsgesellschaft. „Wir mussten dafür in den vergangenen Tagen einige Verträge anpassen, Zahlungen nach vorne ziehen, damit das von der HBL berechnete Szenario einer Liquiditätslücke so nicht eintreten kann. Das haben wir getan und alle Verträge fristgerecht bei der Liga eingereicht. Leider haben wir entgegen unserer festen Erwartung eine negative Rückmeldung von der Lizenzierungskommission erhalten. Wir werden nun den Rechtsweg nutzen und haben fristgerecht gegen die Erteilung der Bedingung Beschwerde eingelegt.“
Die letzten Restzweifel an seiner Liquidität glaubte der Verein am Donnerstag ausgeräumt zu haben. Da sollen nach Abendblatt-Informationen auf dem Geschäftskonto der HSM Handball Sport Management und Marketing GmbH, Handelsregisterblatt 150463 beim Amtsgericht Hamburg, 4,1 Millionen Euro eines Investors eingegangen sein. Auf einen Schlag, so die Lesart der Transaktion, hätte die Betriebsgesellschaft damit ihre Verbindlichkeiten in Höhe von knapp drei Millionen Euro ablösen können und wäre schuldenfrei gewesen. Sie hätte darüber hinaus jetzt über genug liquide Mittel verfügt, auch in der nächsten Spielzeit etwaige Differenzen zwischen Ein- und Ausgaben ausgleichen zu können.
Millionen-Überweisung wurde eine Stunde zu spät freigegeben
Das Problem: Das Geld landete offenbar zwar am Donnerstagabend auf dem GmbH-Konto, wurde aber wegen der Höhe der Summe von der überweisenden Bank nicht umgehend freigegeben. Dazu bedurfte es einer weiteren Genehmigung. Die wurde aber erst am Freitagmittag gegen 13 Uhr erteilt. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist für den HSVH, die Bedingungen der HBL-Lizenzierungskommission zu erfüllen, jedoch um eine Stunde verstrichen. Diese unverschuldete Verzögerung, argumentiert der Verein jetzt, könne ihm nicht zur Last gelegt werden. Jetzt ist es am HBL-Präsidium, diesen Vorgang zu bewerten.
Die als langfristiges, auf absehbare Zeit nicht rückzahlbares Darlehen gewährten 4,1 Millionen Euro sollten in 19,65 Prozent Eigenkapital der Betriebsgesellschaft umgewandelt werden. Die notarielle Beurkundung stand noch aus. Die HSM GmbH hätte nun, wie vor gut zwei Jahren geplant, 24,9 Prozent ihrer Anteile verkauft. Weitere Anteilseigner mit zusammen 5,25 Prozent sind die Aktiva Hansa Beratung im Gesundheitswesen GmbH, das langjährige Präsidiumsmitglied Sven Hielscher und Marc Evermann, Vereinspräsident seit März 2016, die alle drei ihre bisherige finanzielle Unterstützung in Anteile der Betriebsgesellschaft überführten. Die restlichen 75,1 Prozent der GmbH besitzt der Handball Sport Verein Hamburg e.V. Der Gesamtwert der Marke HSV Hamburg beläuft sich auf rund 20 Millionen Euro.
Wirtschaftsprüfer hatten dem Verein ein günstige Prognose gestellt
Die Hamburger Wirtschaftsprüfungsgesellschaft DMP Audit & Valuation GmbH, an der auch HSVH-Schatzmeister Stephan Harzer beteiligt ist, hatte in einem „Kurzgutachten zur Werthaltigkeit von im Wege einer Sacheinlage einzubringenden Forderungen zum 30. Juni 2023“, das am 21. März dieses Jahres im Registergericht eingetragen wurde, einen nicht vom Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag der HSM GmbH zum Stichtag 31. Dezember 2022 von 1.446.160,85 Euro festgestellt. Ein möglicher Insolvenzgrund lag jedoch nicht vor, weil die Gesellschaft weiterhin laufende Kosten bedienen konnte.
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Gleichzeitig gaben die Gutachter damals eine Art Entwarnung, die zu dem Zeitpunkt aus den bereits damals laufenden Gesprächen mit potenziellen Geldgebern und Investoren rührte: „Die Geschäftsführung geht von Einnahmen aus den Anteilsveräußerungen von insgesamt 4,5 Millionen Euro aus. Geplant ist, diese Summe bis zum 30. Juni 2026 einzusammeln.“ Das schien nun weit früher geschehen, dachte der Verein.
HSV Hamburg wäre jetzt schuldenfrei
Zum Abschluss kamen die Wirtschaftsprüfer zu dem Ergebnis, dass „die geplanten Liquiditätsüberschüsse eine ausreichende Liquidität zeigen, um die einzubringenden Forderungen neben den noch offenen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (1,686 Millionen Euro zum 30. Juni 2023) zahlen zu können“. Aus den Liquiditätsplanungen der Gesellschaft hätten sich folgende mögliche Liquiditätsüberhänge ergeben: 1.198.683,02 Euro für die Saison 2023/ 2024, für 2024/2025 dann 404.154,50 Euro und für die Spielzeit 2025/2026 noch einmal 1.297.059,50 Euro. „Sollte diese Option (Anteilsverkäufe, die Red.) kurzfristig umgesetzt werden, wäre die HSM in der Lage die einzubringenden Forderungen theoretisch kurz, beziehungsweise mittelfristig zu bezahlen.“
Für die laufende Saison hatte der HSV Hamburg inklusive erhoffter Zahlungen neuer Investoren laut DMP mit Einnahmen von rund sieben Millionen und Ausgaben von 5,8 Millionen Euro kalkuliert. Größte Ausgabenposten waren das Personal (Profis, Trainer, Geschäftsstelle) mit 3,65 Millionen und der Spielbetrieb (Hallenmieten, Catering, Reisen und Übernachtungen) mit 1,07 Millionen Euro. Honorare für Spielerberater standen mit 120.000 Euro zu Buche.