Hamburg. Bundesliga-Handballer des HSV Hamburg spielen wohl auch im kommenden Jahr erstklassig. Klage des BHC ohne große Aussicht auf Erfolg.

Am Mittwochabend nahm Philipp Müller ein Geschenk mit nach Hause. Dani Baijens, der den HSV Hamburg (HSVH) in diesem Sommer in Richtung Paris St. Germain verlässt, überreichte dem neuen Aufsichtsrat nach dem letzten Bundesliga-Heimspiel der Saison (33:29 gegen Eisenach) sein Trikot. Normalerweise sind Hamburgs Handballer angehalten, ihre Spielkleidung zu behalten. Weil das rote Heimtrikot beim abschließenden Saisonspiel beim HBW Balingen-Weilstetten an diesem Sonntag (16.30 Uhr/Dyn) nicht mehr benötigt wird, konnte es Baijens entweder als Andenken mitnehmen – oder weiterverschenken.

Dass es der Spielmacher dem Mann überreichte, der den Hamburgern am 2. Mai 4,1 Millionen Euro überwiesen hatte, um die Lizenz für die kommende Erstligasaison zu sichern, war ein Zeichen großer Dankbarkeit und Wertschätzung. Auch abgesehen von Baijens pflegen die gesamte Mannschaft und das Trainerteam um Torsten Jansen ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zu Müller, der einst selbst Handballer war und mit klugen Investments und Börsengeschäften ein großes Vermögen erwirtschaftete.

Handball: Schiedsgericht rettete dem HSVH die Bundesligalizenz

Weil Müllers 4,1 Millionen Euro am 3. Mai um 13.05 Uhr 65 Minuten nach Fristende auf einem HSVH-Konto eintrafen, hatte die Handball-Bundesliga (HBL) den Hamburgern vor vier Wochen die Lizenz verweigert. Am Donnerstag nun entschied ein unabhängiges Schiedsgericht im Maritim-Airport-Hotel in Hannover-Langenhagen, dass der Verein die Spielberechtigung für die nächste Saison doch erhält, dafür bis zum Mittwoch (20 Uhr) aber eine zusätzliche Sicherheitsleistung auf ein HBL-Konto überweisen muss, um mögliche finanzielle Engpässe der kommenden Saison auszuschließen.

Diese Entscheidung traf das Schiedsgericht um den Bochumer Rechtsanwalt Christof Wieschemann, weil die 4,1-Millionen-Euro-Bedingung von der HBL nicht satzungsgemäß formuliert worden war. „Es ging im Wesentlichen darum, wo das Geld hinterlegt werden musste. Wir haben es auf einem Konto des HSV Hamburg hinterlegen lassen, es hätte aber bei der Handball-Bundesliga hinterlegt werden müssen“, erklärte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann. Die Umstände des verspäteten Zahlungseingangs waren für das Urteil somit obsolet.

Gestellte Bedingung war ein Vergleichsvorschlag

Die jetzt gestellte zusätzliche Bedingung einer weiteren finanziellen Leistung war nach Abendblatt-Informationen ein Vergleichsvorschlag von Richter Wieschemann, damit die HBL als auch der HSVH ihr Gesicht und ihre Interessen wahren konnten. „Es war eine sehr knappe, aber doch tragfähige Begründung, dass unter diesen Bedingungen eine Lizenz mit einer erneuten Verhängung einer Bedingung dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entspricht“, sagte Wieschemann.

Nachdem zunächst keine Details über diese zusätzliche Bedingung bekannt wurden, steht nach Abendblatt-Informationen fest, dass erneut Investor und Aufsichtsrat Müller das Geld überweisen wird. Es soll sich dabei um einen Betrag von einer Million Euro handeln. Müller, der in Hannover-Langenhagen nicht anwesend war, wurde während einer Verhandlungspause von Frecke über diese HBL-Forderung telefonisch informiert.

Aufsichtsrat Philipp Müller (l., hier mit HSVH-Profi Dominik Axmann) pflegt ein gutes Verhältnis mit der Mannschaft und dem Trainerteam.
Aufsichtsrat Philipp Müller (l., hier mit HSVH-Profi Dominik Axmann) pflegt ein gutes Verhältnis mit der Mannschaft und dem Trainerteam. © WITTERS | TimGroothuis

Für Müller liegt die Überweisung des Geldes auch in eigenem Interesse. Wäre der HSVH nicht imstande, die weitere Bedingung zu erfüllen, würde die Lizenz doch noch entzogen. Von den 4,1 Millionen Euro hätte Müller bei einer dann folgenden Abwicklung der HSVH-Spielbetriebsgesellschaft nur rund eine Million zurückerhalten. Das Risiko, mit der einen Million Euro nun einen Bruchteil seines Vermögens als Sicherheit bei der HBL zu hinterlegen, ist für Müller überschaubar.

Überweisung soll diesmal rechtzeitig passieren

Nach Abendblatt-Informationen ist Müllers Postbank dazu verpflichtet, die Überweisung innerhalb eines Werktags vorzunehmen. Anders als bei den verspäteten 4,1 Millionen Euro soll es diesmal keine unerklärliche Panne geben. Auch am Morgen des 2. Mai soll die Postbank bei der Überweisung versichert haben, dass das Geld innerhalb von zwölf Stunden auf dem HSVH-Konto eintreffen würde. Wieso es anders kam, ist unklar. Fest steht nur, dass sich der HSVH und Müller nun abgesichert haben, dass der Überweisungsprozess rechtzeitig bis zum kommenden Mittwoch abgeschlossen wird.

Dies könnte für den Bergischen HC den Abstieg in die Zweite Liga bedeuten. Der Tabellenvorletzte der Bundesliga weist vor dem letzten Spieltag gegen European-League-Sieger SG Flensburg-Handewitt einen Rückstand von zwei Punkten auf den ersten Nichtabstiegsplatz auf. Die sportliche Chance auf Rettung besteht also noch. Um sich aber sicher in der Klasse zu halten, reichte der BHC eine eigene Schiedsklage bei der Liga ein.

Eine entsprechende E-Mail ging bereits am Mittwoch an sämtliche HBL-Clubs, mit Ausnahme des HSVH. Die Schiedsklage richtet sich gegen den grundsätzlichen Lizenzierungsprozess der HBL und der nun mit Bedingung erteilten Spielberechtigung für den HSVH. „Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist für den BHC nicht nachvollziehbar“, teilten die Rheinländer dazu am Freitagvormittag mit.

BHC reicht Schiedsklage bei der HBL ein

Der BHC führt an, dass es beim HSVH zum „entscheidenden Zeitpunkt der Lizenzierungsentscheidung eine Liquiditätsunterdeckung“ in Millionenhöhe gegeben habe. „Der HSV Hamburg nimmt damit nachweislich seit mehr als einer Saison entgegen den für alle Clubs geltenden finanziellen Regeln am Spielbetrieb der HBL teil. Richtigerweise hätte die Lizenz für diese Saison nicht erteilt, jedenfalls aber schon längst entzogen werden müssen“, teilte der Verein weiter mit. Das Urteil von Donnerstag stehe „den Zielen der Lizenzierung, verlässliche und glaubwürdige Management- und Finanzstrukturen auszubauen, diametral entgegen“.

Die Schiedsklage des BHC soll in den kommenden Wochen verhandelt, als Vorsitzender Richter steht der Kieler Rechtsanwalt und Notar Stefan Tholund fest. Sowohl der HSVH als auch die HBL blicken diesem Verfahren entspannt entgegen. Die Chancen des BHC gelten angesichts einer fehlenden rechtlichen Grundlage der Klage als äußerst gering. Zuletzt war der Club mit zwei zivilgerichtlichen Klagen auf Einsicht in die Lizenzierungsunterlagen der Hamburger vor dem Landgericht Dortmund und dem Oberlandesgericht Hamm gescheitert.

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„Der BHC hat mit diesem Urteil rein gar nichts zu tun“, sagte HBL-Geschäftsführer Bohmann bereits am Donnerstag nach dem HSVH-Urteil. Dennoch planen die Rheinländer bereits den Gang vor ein weiteres Zivilgericht, sollte der Schiedsprozess scheitern. Die Hoffnung des Clubs ist, sich notfalls als 19. Club in die Liga einzuklagen. Erfüllt werden dürfte sie nicht.

Den HSVH-Verantwortlichen ist das alles egal. Wenn Müllers zusätzliche Million rechtzeitig bei der HBL eintrifft, blieben die Hamburger in der Bundesliga.