Hamburg. Die Handballer Dominik Axmann und Andreas Magaard haben sich fast zeitgleich schwer am Knie verletzt. Ein Besuch in der Reha.
Auf einmal stockt Andreas Magaard mitten im Satz. Der dänische Kreisläufer des HSV Hamburg (HSVH) sucht nach dem passenden Wort für das Geräusch, das ihm am 7. Dezember 2023 die restliche Handball-Bundesligasaison kostete. „Als ich in die Kabine gegangen bin, wusste ich schon, dass etwas kaputt war“, erinnert sich Magaard an das Auswärtsspiel beim VfL Gummersbach. „Da war dieses komische Geräusch...“, ergänzt er und schnipst dann laut mit dem Finger. Plopp. „Dieses Geräusch war es“, ist sich Magaard sicher. „Ich hatte erst noch gehofft, dass es vielleicht nur ein Knochen war, weil ich dann schneller wieder fit gewesen wäre.“
Statt des erhofften Knochenbruchs war es das vordere Kreuzband des rechten Knies, das sich bei einer Angriffsaktion verabschiedet hatte. Exakt so wie bei Dominik Axmann (24), der sich nur eineinhalb Wochen zuvor im Auswärtsspiel bei den Füchsen Berlin die gleiche Verletzung im linken Knie zugezogen hatte. „Ich kann mich noch erinnern, wie ich nach meiner Operation im Krankenhaus lag und das Gummersbach-Spiel geguckt habe. Als Andreas plötzlich behandelt werden musste, dachte ich nur, dass das jetzt nicht wahr sein kann“, sagt der Rückraumspieler, während er neben seinem HSVH-Mitspieler im Kraftraum sitzt.
Handball: Axmann und Magaard absolvieren die Reha gemeinsam
Die beiden Handballprofis bilden seit rund drei Monaten eine Schicksalsgemeinschaft. Bis zu sechsmal pro Woche absolvieren sie gemeinsam ihr Rehaprogramm im EPI-Physiotherapie-Zentrum in Eimsbüttel, hinzu kommen individuelle Einheiten im Kraftraum. Alles für das große Ziel: Im Juli beim Vorbereitungsstart auf die neue Saison wieder dabei zu sein.
„Wenn man gesund ist, kommt man mit Kraftübungen und dem normalen Mannschaftstraining auf zwei bis drei Stunden pro Tag. In der Reha sind es eher vier bis fünf Stunden pro Tag“, erzählt der 25 Jahre alte Magaard. „Es hilft, dass wir viel miteinander reden können und dieselben Themen haben, die uns beschäftigen. Die Reha-Zeit ist nicht einfach, da ist es gut, wenn man zusammen ein bisschen Spaß haben kann.“
Die ersten Wochen nach der Operation waren besonders hart
Zwischen all dem Spaß, den Axmann und Magaard haben, gibt es aber auch Tage, die überhaupt nicht spaßig sind. Die schwierigste Zeit, da sind sich beide einig, galt es kurz nach ihren Operationen zu überstehen. Während Magaard die Krücken nach vier Wochen zur Seite legen konnte, dauerte es bei Axmann sechs Wochen. Der gebürtige Buxtehuder hatte sich neben dem Kreuzband auch den Außenmeniskus verletzt, der Knorpel musste daraufhin genäht und im Anschluss besonders geschont werden.
Alltägliche Tätigkeiten waren plötzlich undenkbar. Einkaufen? Ging nicht. Autofahren? Verboten. „Meine Eltern und meine Freundin haben mir in den ersten Wochen enorm geholfen, damit ich meinen Alltag überhaupt bewältigen konnte“, sagt Axmann. „Nach den sechs Wochen auf Krücken musste ich erst mal wieder lernen, wie man richtig geht. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich dem Kreuzband wieder so vertraut habe, dass ich mein Körpergewicht beim Gehen ganz normal verlagern kann.“
Magaard hatte sich schon einmal das Kreuzband gerissen
Magaard fielen diese Schritte etwas leichter, er hatte sich bereits 2016 dasselbe Kreuzband gerissen. Damals war er noch Jugendspieler beim dänischen Club GOG – und weitestgehend auf sich allein gestellt. „Im Vergleich zu meinem ersten Kreuzbandriss ist diese Verletzung einfacher für mich, weil ich hier sehr viel Hilfe bekommen“, sagt Magaard, der mit Axmann im Januar viel Zeit im Wasserbecken verbrachte, um das Knie bei Ausdauer- und Kraftübungen nicht unnötig zu belasten. Mittlerweile dürfen beide wieder normal laufen, auch kleine Sprünge sind bereits erlaubt.
Beide liegen gut im Plan – obwohl sie über die genauen Etappenziele gar nichts wissen wollen. „Nach der Operation habe ich einen Din-A4-Zettel bekommen, auf dem die geplanten Reha-Fortschritte standen. Ich habe mir den Plan aber nur einmal angesehen und dann wieder weggelegt. Für den Kopf ist es einfacher, wenn man einfach von Tag zu Tag schaut und sich nicht mit zukünftigen Zielen unter Druck setzt“, erklärt Axmann.
Zeitweise gab es vier Knie-Patienten beim HSVH
Vor rund zwei Wochen konnten beide auch wieder erste Bälle auf das Tor werfen, als es darum ging, Torhüter Jens Vortmann wieder an Würfe zu gewöhnen. Zwar nur aus dem Stand und ohne große Dynamik, aber immerhin. Auch Vortmann war zuvor mit Meniskusproblemen für einige Wochen ausgefallen, hatte sich deshalb teilweise der Reha-Gruppe Axmann/Magaard angeschlossen. Auch Rückraumspieler Jacob Lassen (Meniskus-Ausriss), der schon vor Axmann und Magaard zurückerwartet wird, ist zeitweise im Kraftraum bei den Übungen dabei.
„Wenn ich die Reha komplett allein machen müsste, würde ich wahrscheinlich irgendwann durchdrehen“, sagt Axmann und lacht. Die Gesichter von Vortmann und Lassen zu sehen habe zwischendurch zwar auch mal für etwas Abwechslung gesorgt, ergänzt er grinsend, „grundsätzlich sind Andreas und ich aber das Kreuzband-Team, wenn man das so sagen will.“
Magaard verzichtet bewusst auf Trainingsbesuche
Bis aus dem Kreuzband-Team wieder ein vollwertig einsetzbarer Teil des Handball-Teams wird, dauert es allerdings noch ein paar Monate. Während Axmann hin und wieder Trainingseinheiten seiner Mitspieler als Zuschauer verfolgt, vermeidet Magaard das ganz bewusst. „Dann hätte ich so viel Bock auf Handball, dass ich es nicht aushalten könnte“, sagt der Däne, der sich mit Mitspieler Frederik Bo Andersen eine WG in der Eppendorfer Landstraße teilt. „Es klingt zwar ein bisschen komisch, aber grundsätzlich ist es für mich kein Problem zu sehen, wie Bo ohne mich zum Training oder zum Spiel fährt. Ich habe schnell akzeptiert, dass die Saison für mich gelaufen ist“, sagt er.
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Um die Reha-Zeit bestmöglich zu nutzen, habe er sich neben der körperlichen Gesundung auch ein Nebenziel gesetzt. „Ich will am Ende der Reha so gut Deutsch sprechen, dass man meinen dänischen Akzent fast nicht mehr merkt“, sagt Magaard, der von seinen Mitspielern immer wieder Korrekturen einfordert, wenn er einen sprachlichen Fehler begeht. Manchmal genügt aber auch ein lautes Fingerschnipsen, um sich präzise auszudrücken.