Hamburg. Die Basketballer starten in Riga in den zweithöchsten europäischen Wettbewerb, der ihnen auch wirtschaftlich hilft.

Es ist schon seltsam im Basketball, und ist im Übrigen auch ein Grund, der der Sportart regelmäßig Kritik einbringt: Da kann eine Saison auf dem 15. Platz abgeschlossen werden und in der nächsten geht es trotzdem in den EuroCup, also immerhin Europas zweithöchsten internationalen Wettbewerb.

Sportliche Kriterien spielen nur bedingt eine Rolle, Standort und wirtschaftliches Potenzial ziehen mindestens ebenso. Und daher führt die Veolia Towers Hamburg ihre Auftaktreise im Europapokal dorthin, wo sie vergangene Serie im Achtelfinale beendet worden war: nach Riga. Dort trifft das Team von Cheftrainer Benka Barloschky an diesem Mittwoch (18 Uhr/MagentaSport) abermals auf den ukrainischen Vertreter Prometey Sloboschanske.

Neuer Spielmodus im EuroCup

Der Austragungsort sollte inzwischen nicht mehr seltsam wirken, er ist dem Krieg geschuldet. Der zuvor überaus seltsame Modus des EuroCups, bei dem aus zwei Zehnergruppen je acht Mannschaften eine Runde weiterkamen, hat sich indes sportlich logischer verändert.

Nun ziehen die beiden Erst- und Zweitplatzierten direkt ins Viertelfinale ein. Die Vereine auf den Rängen drei bis sechs spielen über Kreuz die übrigen vier Plätze für die Runde der letzten acht aus.

Towers schafften zweimal die Play-offs

Für die restlichen Teams ist nach der Gruppenphase Endstation. Dieser Umstand dürfte es den Towers, die bei ihren ersten beiden EuroCup-Teilnahmen als Vorrundensiebter und -achter jeweils ins Achtelfinale kamen, enorm erschweren, ein drittes Mal in Folge die Play-offs zu erreichen.

Gut so, mögen einige Beobachter der Wilhelmsburger sagen. Denn es gibt – auch dieses Phänomen scheint der Sportart Basketball weitgehend exklusiv zu sein – unter machen Fans diesen seltsamen Wunsch, ihre Clubs mögen doch lieber auf die Doppelbelastung und den internationalen Wettbewerb verzichten, um sich komplett auf die nationale Liga zu konzentrieren.

Hamburger haben dünnen Kader

Wenngleich diese Überlegung aus Sicht eines jeden Sportlers absurd ist, lässt sich doch zumindest die These aufstellen, der dünne Kader der Hamburger sei inklusive nationalem Pokal drei Wettbewerben nicht gewachsen. Schon am Sonntag war den Towers beim Heimauftakt gegen die Würzburg Baskets (58:88) die Müdigkeit anzumerken, nachdem sie nur zwei Tage zuvor noch bei den MHP Riesen Ludwigsburg überraschend gewonnen hatten (87:79).

„Wir müssen es hinbekommen, auch bei diesen kurzen Turnarounds Energie zu haben. Dieser Rhythmus ist in dieser Saison der Normalzustand“, sagt Barloschky. Der 35-Jährige hat keinerlei Bedenken, dass der EuroCup seiner Mannschaft zusetzt, sondern sieht darin eher die Chance, zusätzliche Begegnungen zur Entwicklung zu nutzen. „Das Allerwichtigste ist, dass wir ganz doll bei uns bleiben und uns auf den Prozess fokussieren“, sagt er.

Durham kehrt ins Team zurück

Da im EuroCup, dessen Favoriten Titelverteidiger Dreamland Gran Canaria, Joventut Badalona und Paris Basketball sind, keine Ausländerbeschränkungen gelten, muss Barloschky keinen seiner sieben US-Amerikaner auf die Tribüne setzen. Die Bahn frei ist damit wieder für Aljami Durham, der zuletzt zweimal aussetzte. „Al war beim Pokalspiel in Dresden umgeknickt, das hat ihn beschäftigt. Jetzt ist er aber wieder bei 100 Prozent und gibt uns mehr Spielraum in der Rotation“, sagt Barloschky.

Weswegen die Towers die Offerten der privatwirtschaftlichen EuroLeague, die den EuroCup ausrichtet, erneut angenommen hat, geht aber über die sportliche Entwicklung hinaus. „Sicher, wir hätten vermutlich nicht den Kader, den wir jetzt haben, wenn wir nicht europäisch spielen. Viele Spieler sind nur durch dieses Argument für einen guten Preis erhältlich“, sagt Jan Fischer, kaufmännischer Geschäftsführer, zwar.

Wirtschaftliches Plus durch den EuroCup

Aber auch wirtschaftlich zahlt sich der Wettbewerb inzwischen aus. „Wir zahlen beim EuroCup nicht drauf oder müssen ihn durch die Bundesliga querfinanzieren. Der internationale Wettbewerb ist ein Geschäft, das sich für uns trägt“, sagt Fischer.

Ein leichtes Plus, vermutlich im niedrigen sechsstelligen Bereich, lasse sich mit Ticketverkäufen, Antritts- und Sponsorenprämien pro Saison erwirtschaften, so der 42-Jährige. „Mit reichlich Potenzial bei den Zuschauer- und Sponsoringeinnahmen.“ Lediglich 60 Dauerkarten (im Vorjahr 72) wurden verkauft, im Schnitt kalkulieren die Towers bei den am Dienstag- und Mittwochabend ausgetragenen Heimpartien mit knapp unter 2000 Besuchern in der edel-optics.de Arena.

Neun Auswärtstrips über knapp 12.000 Kilometer

Dies genüge, um die zusätzlichen Kosten im Personal- und Transportbereich aufzuwiegen. Vor allem der Reiseaufwand ist beträchtlich. Über 11.796 Kilometer Luftlinie sind in den neun Gruppenspielen zu bewältigen, der weiteste Trip führt die Towers über 3096 Kilometer nach Israel zu Hapoel Tel Aviv.

Überschüsse aus dem EuroCup werden überwiegend ins Personal investiert. Maßgeblich ins Profiteam, allerdings auch in Geschäftsstellenmitarbeiter.

Überschüsse werden ins Personal investiert

Mit Marek Albers wurde eine Teilzeitkraft eingestellt, um Oliver Eckardt, der im Verein nahezu alle Hüte aufhat, bei der Spieltagsorganisation zu unterstützen. Eine Überlegung wäre es zudem, Sponsoren exklusive Pakete für das europäische Geschäft anzubieten, sofern ihre Unternehmen international agieren.

Und so ergibt eine Teilnahme, die aus mancher Perspektive seltsam anmuten mag, letztlich vor allem doch: Sinn.