Beim favorisierten BC Prometey Sloboschanske gibt es eine 79:87-Achtelfinalniederlage. Harrison Cleary hätte diese fast verhindert.
Für einen kurzen Moment schien es so, als könne dem unscheinbarsten Mann in der Arena Riga ein Heldenepos gewidmet werden; da wirkte es so, als würde sich der nach Feuergott Prometheus benannte BC Prometey Sloboschanske die Finger an der eigenen Lässigkeit verbrennen.
Einen Hauch von Viertelfinale im Basketball-EuroCup hatte Harrison Cleary, eigentlich ein Drittligaspieler des SC Rist Wedel, die Veolia Towers Hamburg am Dienstagabend gegen den ukrainischen Spitzenclub, der wegen des Kriegs in Lettland spielt, schnuppern lassen. Unter ekstatischen „Ukraina“-Rufen der Zuschauenden wurde das Feuer des Favoriten dann doch noch entfacht, während die Wilhelmsburger sich im Achtelfinal-K.-o.-Duell mit 79:87 (20:28, 20:20, 16:21, 23:18) höchst ehrenhaft geschlagen geben musste.
Towers-Kapitän Seth Hinrichs fehlte im EuroCup aus persönlichen Gründen
Die ohnehin dünne Personaldecke der Hamburger bekam am Dienstagmorgen weitere Risse. Kapitän Seth Hinrichs trat aus persönlichen Gründen noch am Spieltag die Rückreise von Lettland nach Hamburg an, um von dort weiter zu seiner Familie in die USA zu fliegen. Wie lange der 30-Jährige den Towers fehlen wird, lässt sich noch nicht absehen.
Die Towers zeigten sich dennoch weder eingeschüchtert davon, noch von den 1700 ausschließlich pro-ukrainischen und vielfach mit blau-gelben Landesflaggen ausgestatteten Fans. Dass sich der Rückstand früh erhöhte (14:24/8.), war der individuellen Klasse der mit einstigen NBA- und EuroLeague-Spielern gespickten Gastgebern geschuldet, die die Ambitionen und wohl auch die Finanzkraft besitzen, die europäische Spitze eher früher statt später zu erreichen.
Towers-Nationalspieler Lukas Meisner wird beim Dunkversuch rabiat geblockt
Beispielhaft dafür stand eine Szene im zweiten Viertel, als zunächst D. J. Stephens (unter anderem ehemals Memphis Grizzlies) per Dunking beinahe die versammelte Gästedefensive zum 46:32 (18.) überflog, und Towers-Forward Lukas Meisner, immerhin ein gestandener Nationalspieler, im Gegenzug Gleiches versuchen wollte.
Es blieb jedoch beim Versuch, weil ihm der 2,17 Meter große Tscheche Ondrej Balvin (Ex-Bayern-München) per Block rabiat die Landeerlaubnis verweigerte. Fast eindrucksvoller als die Luftnummer der Ukrainer allerdings: Die folgenden acht Punkte gingen aufs Konto des Außenseiters aus Hamburg.
Harrison Cleary absolviert gegen BC Prometey das Spiel seines Lebens
Center Yoeli Childs und der routinemäßig dominante Aufbauspieler Ziga Samar bereiteten Sloboschanske Schwierigkeiten – und ausgerechnet Cleary: schmächtig, unathletisch, unbekannt genug, dass die Gastgeber den US-Amerikaner offenbar überhaupt nicht gescoutet hatten.
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Aus allen Lagen traf der 25-Jährige, erzielte allein 13 Punkte im Schlussviertel und drohte, die Begegnung spät zu drehen (68:69/33.). Kurzum: Es war das Spiel seines Lebens.
Towers-Cheftrainer Benka Barloschky: "Das ist größer als Basketball"
Eines, das trotzdem mit einer Niederlage endete. Kostspielige Ballverluste der Towers in den letzten Spielminuten ließen die Ukrainer letztlich entkommen. Die Hamburger verließen das Parkett mit hängenden Köpfen, aber dennoch erhobenen Hauptes.
"Momentan überwiegt die Enttäuschung dem Stolz. Es ist generell gerade schwierig, die Gefühle zu ordnen. Über all dem steht nämlich, dass das hier größer als Basketball ist, dass wir wegen einen brutalen Krieges in Riga gegen ein ukrainisches Team spielen mussten. Unsere Gedanken und Gebete gehen an alle Menschen, die betroffenen sind", sagte Towers-Cheftrainer Benka Barloschky.
Towers-Geschäftsführer Marvin Willoughby enttäuscht, aber stolz
Der nach Riga mitgereiste Towers-Geschäftsführer Marvin Willoughby schlurfte nach Spielende ebenfalls mit hängenden Schultern durch die Katakomben der 10.026 Personen fassenden Arena, fand aber versöhnliche Worte.
„Wir haben immer gesagt, dass wir uns bewusst der Herausforderung gegen wirtschaftlich und sportlich überlegene Clubs stellen wollen, um daran als Organisation zu wachsen. An diesem Anspruch ändert auch diese Niederlage gegen einen herausragenden Gegner nichts. Im Verlauf des Wettbewerbs sahen wir oftmals gut aus, haben uns meistens gut verkauft.“ So auch in Riga. Als Gegner wie als Gast.
Veolia Towers Hamburg: Childs (19 Punkte), Cleary (19), Samar (14), Meisner (10), Schoormann (9), Philipps (6), Wohlfarth-Bottermann (2), Kozak.