Die Familientragödie um den schwer erkrankten Sohn des Torhüters Brad Jones drängt die WM bei den Australiern in den Hintergrund.
Roodepoort. Die Familientragödie von Ersatzkeeper Brad Jones lässt die australische Nationalmannschaft im WM-Countdown noch enger zusammenrücken. „Wir sehen uns alle als eine Familie. Wir wollen jetzt auch für ihn spielen“, brachte „Socceroos“-Kapitän Lucas Neill die Stimmung im WM-Quartier in Muldersdrift auf den Punkt. Am Samstag hatte Jones, dessen Sohn schwer erkrankt sein soll, seine Teamkollegen verlassen und war nach Hause geflogen. Vor diesem Hintergrund sei sogar eine Fußball-WM „komplett unwichtig“, meinte Neill nach Erhalt der „vernichtenden“ Nachricht mit ernster Miene.
Bei der Pressekonferenz am Sonntag hatten der Abwehrchef und Coach Pim Verbeek erkennbare Schwierigkeiten, den Spagat zwischen dem Mitgefühl für Jones und der notwendigen Fokussierung auf den WM-Auftakt gegen die DFB-Elf am Sonntag zu meistern. „Das ist größer als die WM“, kommentierte Verbeek Jones' „sehr ernste Angelegenheit“, die er nach dem Training im kleinen Ruimsig-Stadion in Roodepoort nicht weiter präzisieren wollte.
Doch wenn einem Team zuzutrauen ist, angemessen mit diesem Schicksalsschlag umzugehen und daraus sogar eine Jetzt-erst-recht-Mentalität zu entwickeln, dann den Australiern. Berti Vogts' alte Losung „Der Star ist die Mannschaft“ trifft wohl auf kein anderes WM-Team so sehr zu wie auf den viermaligen Ozeanienmeister. „Der Großteil war schon vor vier Jahren dabei, wir sind wie Brüder. Wir verstehen uns alle gut und ich denke, das sieht man auch auf dem Platz“, sagte Mittelfeldspieler Brett Emerton.
LÖW KENNT KEIN PARDON
Schon bei der WM in Deutschland hatten Neill und Co. außergewöhnlichen Teamgeist demonstriert und waren nicht zuletzt wegen ihres Zusammenhalts überraschend bis ins Achtelfinale vorgestoßen. Auch in Südafrika geben sich die „Aussies“ locker und entspannt, lassen sich Zeit für Journalisten und Fans und fühlen sich in ihrer Außenseiterrolle sichtlich wohl. „Es herrscht eine gute Stimmung“, berichtete ihr Star Herry Kewell, der seine Leistenverletzung auskuriert und Grünes Licht für seinen Einsatz gegen Deutschland gegeben hat: „Ich bin definitiv bereit zu starten.“
Dass Jones', hinter Stammkeeper Mark Schwarzer („Es war für jeden ein Schock“) und Adam Fedirici als dritter Keeper vorgesehen, nochmals zu seinen Teamkollegen stößt, scheint ausgeschlossen. Sobald der Torhüter vom FC Middlesbrough endgültig abgesagt und der Weltverband FIFA einer Nachnominierung zugestimmt hat, soll Eugene Galekovic als dritter Keeper in den 23-Mann-Kader aufgenommen werden. Der Profi von Adelaide United ist bereits in Muldersdrift dabei.