Bundestrainer Joachim Löw streicht den letzten Spieler. Es trifft Andreas Beck aus Hoffenheim. Alle vier HSV-Kandidaten fliegen nach Südafrika.
Eppan. Die Würfel sind gefallen: Kurz vor 20 Uhr trat Bundestrainer Joachim Löw vor das Mannschaftshotel "Weinegg" in der Gemeinde Eppan und lüftete das letzte Geheimnis. "Andreas Beck wird aus der Mannschaft gestrichen, ich habe gerade mit ihm gesprochen", sagte der Bundestrainer. "Es ist enttäuschend für ihn, und mir ist die Entscheidung nicht leicht gefallen. Er hat viel investiert und sich immer korrekt verhalten. Aber ich habe in der Abwehr genug Alternativen." Mit ausschlaggebend sei auch der durchwachsene Saisonverlauf des Hoffenheimers gewesen.
Bis zum Schluss war neben Beck auch immer wieder Stefan Kießling als Streichkandidat genannt worden, der im Training in den vergangenen drei Wochen keinen guten Eindruck hinterlassen hatte. Aus dem direkten Umfeld von Kießling erfuhr das Abendblatt, dass der Stürmer selbst mit einer Nicht-Nominierung rechnete. Zudem stehen mit Miroslav Klose und Mario Gomez in der Spitze eigentlich genügend Alternativen zur Verfügung. Außerdem herrschte nach den vielen verletzungsbedingten Ausfällen ein offensichtliches Ungleichgewicht zwischen Offensive und Defensive. Doch am Ende traf es den Rechtsverteidiger. Indirekt bekräftigte der Bundestrainer damit auch seine Zweifel an der WM-Tauglichkeit von Klose und Gomez und will sich offenbar die Option aufrechterhalten, sie durch Kießling zu ersetzen.
Erst im Februar vergangenen Jahres hatte der 23-jährige Beck beim 0:1 gegen Norwegen sein Debüt in der deutschen Nationalmannschaft gegeben. Danach war er noch sechs weitere Male für den DFB am Ball. Gegen Malta konnte er jedoch nicht überzeugen. In Budapest beim vorletzten WM-Test gegen Ungarn kam er gar nicht zum Einsatz und äußerte sich danach frustriert: "Ich hoffe, dass dies kein Signal war."
In Zukunft dürfte der Blondschopf wieder eine Rolle im DFB-Team spielen. Am 11. Februar 2006 spielte er unter Armin Veh erstmals für den VfB Stuttgart in der Bundesliga, fünf Tage später gegen den FC Middlesbrough der erste Auftritt im Uefa-Pokal. In der Meistersaison 2006/07 kam Beck aufgrund von Verletzungen nicht über Kurzeinsätze hinaus und wechselte 2008 schließlich nach Hoffenheim.
Dabei ist Beck nicht nur leidenschaftlicher Fußballer, sondern auch Bücher-Liebhaber. So schrieb er für die Online-Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit" im Wechsel mit Philipp Lahm und Thomas Hitzlsperger Kolumnen.
Bastian Schweinsteiger versuchte Beck zu trösten: "Für denjenigen ist es sehr enttäuschend, nachdem er drei Wochen hart gearbeitet hat. Aber die Welt geht trotzdem nicht unter. Das spornt auch wieder für die nächsten Aufgaben an", sagte der Vize-Kapitän, während DFB-Manager Oliver Bierhoff herausstellte: "Am Ende muss sich auch der Spieler vor Augen führen, dass es eine Ehre und Auszeichnung war, hier dabei gewesen zu sein."
So bitter für Beck seine Nicht-Nominierung ist, umso positiver ist Löws Entscheidung aus Hamburger Sicht. Gleich vier HSV-Spieler sind bei der WM dabei - das gab es zuletzt 1982 in Spanien, als Manfred Kaltz, Holger Hieronymus, Felix Magath und Horst Hrubesch von Trainer Jupp Derwall ins Aufgebot berufen wurden.
Den Titel "Comeback des WM-Jahres" hat sich Marcell Jansen verdient. Nach seiner Syndesmoseband-Verletzung Ende März schien der WM-Traum geplatzt. Wie sehr Joachim Löw auf die Qualitäten des HSV-Profis vertraut, bewies er mit der Nominierung.
Allerdings wollte der Bundestrainer gestern noch die letzte Trainingseinheit abwarten, um danach vom Spieler und den Ärzten Grünes Licht zu bekommen: Ja, er ist nicht nur fit, sondern er kann auch die Belastungen eines WM-Turniers überstehen.
Die Überraschung des WM-Jahres ist ganz klar Dennis Aogo, der zu Beginn der Vorbereitung bei allen Experten als klarer Streichkandidat galt. Dem Linksfuß wurden nur Chancen eingeräumt, wenn Jansen nicht fit würde. Nun sitzen beide am 6. Juni um 20.30 Uhr im neuen Lufthansa-Airbus 380 von Frankfurt nach Johannesburg.
WIESE KÄMPFT GEGEN DEN FRUST
Auch Piotr Trochowski hat es seinen Kritikern, die ihn vor dem Malta-Spiel schon abgeschrieben hatten, gezeigt. Mit Toni Kroos und Thomas Müller, der sich am Donnerstag (20.30 Uhr) beim letzten Test gegen Bosnien-Herzegowina präsentieren darf, kämpft der flinke Techniker nun um einen Startplatz im rechten Mittelfeld.
Jerome Boatengs Nominierung war nie gefährdet. Für den Noch-Hamburger, der zu Manchester City wechselt, geht es nun darum, Löw doch noch davon zu überzeugen, ihn auf der rechten Seite einzusetzen und Philipp Lahm auf links zu belassen.