Hamburg. Die Hamburger waren auf den Abgang ihres Aufstiegstrainers vorbereitet und haben seit Längerem eine Schattenliste.
Am Montagfrüh um 10 Uhr veröffentlichte der FC St. Pauli eine Pressemeldung. Der Inhalt: etwas Neues. Wer seitens der Fans der Hamburger allerdings auf eine Spielerverpflichtung gehofft oder den Aufbruch von Cheftrainer Fabian Hürzeler zu neuen Ufern befürchtet hatte, wurde enttäuscht beziehungsweise vertröstet. Es ging lediglich um das neue Auswärtstrikot, das eine Hommage an die Hemden der späten 1990er-Jahre ist.
Nichts Neues – zumindest öffentlich – gibt es dagegen in Bezug auf den bevorstehenden Wechsel des 31-Jährigen zum Premier-League-Club Brighton & Hove Albion. Was nicht sonderlich dramatisch ist, denn bekannt ist mittlerweile sowieso das Meiste. Neu ist allerdings, dass sich nach Abendblatt-Informationen inzwischen auch der FC St. Pauli mit Brighton auf einen Transfer geeinigt hat.
Eine weitere Bestätigung gab es zuvor am Montagmorgen, als der italienische Transferjournalist Fabrizio Romano auf X schrieb: „Brighton wird die Ernennung von Fabian Hürzeler als neuer Cheftrainer in dieser Woche perfekt machen, die Gespräche mit St. Pauli schreiten sehr gut voran.“
Hürzeler mit Brighton einig: Vertrag über drei Jahre
Hürzeler soll nach Abendblatt-Informationen in der südenglischen Küstenstadt einen Vertrag bis 2027 unterschreiben. Auf einen Co-Trainer aus Deutschland ohne St.-Pauli-Bezug habe er sich bereits festgelegt, dieser kann seinen Club via Ausstiegsklausel verlassen.
Was seinen Hamburger Assistenztrainer Peter Németh und Torwarttrainer Marco Knoop betrifft, gibt es noch keine Klarheit, wenngleich die Verantwortlichen im Kiezclub dem Vernehmen nach optimistisch seien. Beide hatten ebenfalls erst kürzlich ihre Verträge verlängert, bei Knoop stand dies sogar erst nach der Saison fest.
St. Pauli feilscht noch um Ablöse für Hürzeler
Auch eine Ablöse sei inzwischen vereinbart worden. Wie hoch diese ausfallen wird, ist noch nicht absehbar. Realistisch erscheint angesichts Brightons finanzieller Voraussetzungen, der Dringlichkeit sowie dem für St. Pauli unpassenden Zeitpunkt eine Summe von bis zu zehn Millionen Euro.
Dieser Betrag könnte auch aufgesplittet sein, beispielsweise über eine feste Zahlung von 7,5 Millionen Euro sowie leistungsbezogene Zuzahlungen im Millionenbereich. Anschließend dürfte wieder eine Pressemitteilung vom FC St. Pauli verschickt werden.
Sportchef Bornemann hat eine Schattenliste für Trainer
Denn nach Abendblatt-Informationen hat Sportchef Andreas Bornemann schon seit Monaten eine Schattenliste interessanter Trainer erstellt, um auf den gar nicht so überraschenden Hürzeler-Abgang vorbereitet zu sein. In dessen Vertrag war bei der Verlängerung im März zwar keine Ausstiegsklausel eingearbeitet worden.
Dafür einigten sich beide Seiten auf ein Gentlemen’s Agreement, dass man eine Lösung finden werde, sollte der Trainer von einem interessanten Club angefragt werden. So kann St. Pauli noch eine frei verhandelbare Ablöse generieren.
Darum ist Urs Fischer ein unwahrscheinlicher Kandidat
Hürzelers Nachfolger soll nach Möglichkeit ebenfalls einen auf Ballbesitz orientierten Fußball spielen, hoch pressen. Nur logisch, da die Mannschaft größtenteils auf diesen Stil ausgerichtet ist.
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Das lässt ein Engagement von Urs Fischer, dem langjährigen Erfolgstrainer des 1. FC Union Berlin, unwahrscheinlich erscheinen. Der von vielen Fans gewünschte Schweizer steht für eine tiefer stehende Ausrichtung, setzt weniger auf Ballbesitz.
St. Pauli sondiert den Trainermarkt in Skandinavien
Auch in Skandinavien haben die Hamburger sich offenbar genauer umgesehen. Dort besitzen sie ein exzellentes Scouting-Netzwerk, das ihnen immer wieder auch talentierte Spieler wie Eric Smith und Erik Ahlstrand einbringt.
Besonders in Dänemark wird sehr fortschrittlich gearbeitet, um finanzielle Nachteile im internationalen Vergleich wettzumachen. Auch der die A-Junioren von Borussia Dortmund trainierende Däne Mike Tullberg (38) ist ein interessanter Name.
Danny Galm offenbar ein Kandidat beim Kiezclub
Bei bekannteren Kandidaten wie Christian Eichner, der beim Karlsruher SC eine Ausstiegsklausel von einer Million Euro für einen Wechsel in die Bundesliga besitzt, führt die Spur derzeit hingegen ins Leere. Auch den vom Spielstil passenden Horst Steffen von der SV Elversberg abzukaufen – vorausgesetzt der 55-Jährige würde das überhaupt wollen –, ist fraglich.
Gut möglich aber auch, dass St. Pauli seinen Wunschkandidaten ohnehin gefunden hat. Wie dem Abendblatt aus München übermittelt wurde, sei Danny Galm offenbar in den Fokus des Millerntor-Clubs gerückt. Der 38-Jährige ist vereinslos, sein Engagement beim Drittligisten SV Sandhausen endete vergangenen Herbst bereits nach rund vier Monaten.
Der Unterfranke scheiterte in Sandhausen
Galm nach einem vermeintlich gescheiterten ersten Job im Profibereich zu beurteilen, würde aber deutlich zu kurz greifen. Einerseits schnitt Sandhausen nach seiner Entlassung nicht besser ab als zuvor.
Andererseits wird dem ehemaligen Drittligastürmer bei seinen vorherigen Stationen im Jugendbereich exzellente Arbeit bescheinigt. Die Gemeinsamkeiten zu Hürzeler sind auffallend.
Ähnlichkeiten von Hürzeler und Galm auffällig
Der aus dem unterfränkischen Miltenberg stammende Coach ist ebenfalls Bayer und hat eine Vergangenheit in den Nachwuchsleistungszentren der TSG 1899 Hoffenheim sowie des FC Bayern München. Bei beiden Vereinen war Hürzeler früher Spieler. Galm hingegen trainierte über fünf Jahre hinweg die U 16 und U 17 der Kraichgauer und erreichte zweimal den zweiten Platz der Bundesliga Süd/Südwest.
Ein solches Ergebnis in der „richtigen“ Bundesliga wäre für den FC St. Pauli zu hoch gegriffen. Aber vorbereitet werden beim Verein definitiv nicht nur die Pressemitteilungen, auch im Hintergrund wird auf Hochtouren gearbeitet.