Benidorm. Nach zehn Tagen im spanischen Benidorm reisen die Kicker zurück nach Hamburg. Wer Eindruck gemacht hat und wer Arbeit vor sich hat.

Die Landung in der Realität kam gedämpft. Eigentlich hatte der FC St. Pauli in etwas mehr als einer Woche im Trainingslager im spanischen Benidorm einen überzeugenden Eindruck vermittelt, die Stimmung war prächtig. Und dann: Sorgte das 1:3 im Testspiel gegen den VfL Osnabrück für ein unerfreuliches Erwachen.

Am Freitagabend hatte die Atmosphäre im Mannschaftshotel Meliá Villaitana schon wieder etwas aufgeheitert. Die Einordnung der Niederlage nach zuvor harten Trainingseinheiten sorgte für ein weniger emotionale Betrachtungsperspektive, aber auch für Gewissheit, woran es noch zu arbeiten gilt. Einige Spieler haben noch mehr Hausaufgaben vor sich als andere.

Die Gewinner des Trainingslager des FC St. Pauli

Aljoscha Kemlein: Die Worte von Cheftrainer Fabian Hürzeler nach dem Debüt der Leihgabe von Bundesligist 1. FC Union Berlin sprachen für sich: "Josch war sehr ballsicher, hat Akzente nach vorne gesetzt, hatte einige Abschlüsse und war präsent. Hat er ordentlich gemacht."

Von der ersten Einheit an, die der 19-Jährige im Training mitwirkte, wurde deutlich, dass er den verwaisten Platz in der Startelf einnehmen wird, solange Kapitän Jackson Irvine mit Australien beim Asien-Cup spielt. Der zentrale Mittefeldspieler brauchte keine lange Anlaufphase, um sich auf dem Platz zu integrieren.

Kemlein zeigte sich als spielintelligent und starke Alternative für Irvine. Er interpretiert seine Rolle bislang vergleichsweise offensiv. Ob er auch defensiv seinen Mann stehen kann wie der Captain, bleibt abzuwarten.

Eric da Silva Moreira: War eine regelrechte Erfrischung, wann immer die Sonne in Benidorm zu kräftig strahlte. Passte zum Wind, der regelmäßig böenartig über die Anlage pfiff. Kurzum: eine echte Entdeckung!

Völlig unbekümmert rannte der 17-Jährige (!) die rechte Außenbahn hoch und runter. Ging dabei mutig in Offensiv- wie Defensivduelle. Sicher fehlt dem U-17-Welt- und Europameister an der ein oder anderen Stelle noch die Erfahrung im Profibereich, aber das kann er mit bereits guter Technik und herausragender Schnelligkeit wettmachen.

Umso bemerkenswerter, da Hürzeler im Vorwege des Trainingslagers mit ungewöhnlich deutlichen Worten betont hatte, dass da Silva Moreira nun aber wirklich Leistungen folgen lassen müsse. Er tat es und hat Potenzial, in der Rückrunde zu Jokereinsätzen zu kommen. Auch Elias Saad hat mal klein angefangen.

Adam Dzwigala: Mister Zuverlässig erfüllt auch 2024 seine Jobbeschreibung. Würde bei mindestens der Hälfte aller Zweitligisten einen Stammplatz haben. Bei St. Pauli ist die Konkurrenz vor ihm zu stark.

Dennoch: Der Pole erfüllte sowohl in den Trainingseinheiten, als auch im Testspiel seine Aufgaben, genau so, wie es gefordert war. Schnörkellos im Aufbauspieler, hart in den Zweikämpfen. Dazu gelang dem rechten Innenverteidiger das erste und einzige Tor der Kiezkicker des bisherigen Jahres.

Gewinner oder Verlierer

Simon Zoller: Da der Angreifer nicht ein einziges Mal am Mannschaftstraining teilgenommen hat, sollte er eigentlich zu den Verlierern zählen. Doch es gibt Argumente, die dagegen sprechen.

Nicht nur kam der 32 Jahre alte Routinier dem Abschluss seiner Reha näher, er überzeugte auch mit absolut professioneller Einstellung und sorgte für positive Stimmung. Vor allem aber zeigte sich, dass St. Pauli hinter Johannes Eggestein durchaus Bedarf nach einem effektiven Stürmer hat. Genau das kann Zoller sein - wenn er fit ist.

Die Verlierer des Trainingslagers

Andreas Albers: Der ausgesprochen sympathische Däne wäre theoretisch auch eine Alternative im Angriff. Allerdings hat er das schon zu lange nicht gezeigt.

Im Test gegen Osnabrück kam er von den bewährten Kräften als letzter, spielte nur gut 38 Minuten. In diesen kritisierte Hürzeler sein Anlaufverhalten, da er nicht direkt, sondern im Bogen anlief. Dass der im Sommer auslaufende Vertrag verlängert wird, ist nicht zu erwarten.

Carlo Boukhalfa: Er hätte auch Ansprüche auf den Irvine-Job anmelden können. Nun wurde ihm Kemlein vor die Nase gesetzt, der direkt überzeugte.

Boukhalfa ist dabei nie sonderlich negativ aufgefallen, erfüllte im Training immer mindestens das Prädikat solide. Gegen Osnabrück feuerte er einen Weitschuss ab, der gefährlich war. Für mehr als Kurzeinsätze scheint es aber nicht zu reichen, die besonderen Momente fehlten.

Danel Sinani: Selbst erst im vergangenen Sommer zu St. Pauli gewechselt, könnte dem Luxemburger bald ein weiterer Zugang vorgezogen werden. Bislang blieb der Mittelfeldspieler den Beweis schuldig, eine Verstärkung zu sein.

Im Nationalteam überzeugt er zumeist, am Millerntor braucht er viel zu viel Anlaufzeit. Hürzeler und Sportchef Andreas Bornemann suchen einen Akteur auf der rechten Seite, die der 26-Jährige auch bekleiden könnte. Es wird beim Konjunktiv bleiben.