Benidorm. Trainer der Hamburger steht im Fokus. Welche Optionen es bei den Vertragsverhandlungen gibt – und welche Konsequenzen sie haben.

Dieser Montag wird hart für Fabian Hürzeler. Keine Einheit auf den Plätzen der Hotelanlage Meliá Villaitana, die den Blick auf die ziemlich surreale Skyline der Bettenburgen von Benidorm bieten, nicht einmal eine Videosession oder ein Teamcoaching.

Kurzum: Der einzige freie Tag im Trainingslager des FC St. Pauli in Spanien. Schwerlich zu ertragen für den Cheftrainer, der am Sonntag daher sicherheitshalber betonte, dass nur die Spieler 24 Stunden zur freien Verfügung haben, er „natürlich nicht“.

Hürzeler baut den FC St. Pauli der Zukunft

Immerhin durfte der 30-Jährige zuvor noch hart zu seiner Mannschaft sein und sie am Sonntag durch zwei Einheiten jagen. Das ursprünglich geplante Testspiel gegen Excelsior Rotterdam musste nämlich abgesagt werden, da eine Lebensmittelvergiftung den Kader der Niederländer bis auf fünf verschont gebliebene Akteure komplett flach gelegt hatte. So kurzfristig ließ sich kein Ersatzgegner auftreiben.

„Das stört unsere Planungen gar nicht. Im Gegenteil: Ich liebe Training. Die zwei zusätzlichen Einheiten geben mir die Chance, die Belastung zu intensivieren und unsere Inhalte zu verfeinern“, sagte Hürzeler. Was konkret verfestigt werden soll, war dabei mindestens genauso offensichtlich wie die Freude des Chefcoachs über die Extrazeit. Beim Großteil der bisherigen sieben Einheiten in vier Tagen stand die Defensive im Vordergrund.

Bornemann: "Kette soll nur einmal nicht funktionieren"

„Wir müssen die Balance zwischen defensiver Stabilität und spielerischen Lösungen im letzten Drittel sowie gegen hoch pressende Gegner finden“, sagte Hürzeler diplomatisch. Deutlicher formulierte die Prioritäten des wohlgemerkt besten Defensivteams der Zweiten Liga Sportchef Andreas Bornemann: „Es wäre eine gute Entwicklung, wenn beispielsweise ein Kettenverhalten und Durchschieben pro Halbzeit nur einmal nicht funktioniert anstatt drei- oder viermal.“

Bislang deutet vieles daraufhin, dass dieser Wunsch – man darf angesichts der Dreikönigsfeierlichkeiten am Wochenende in Spanien sogar noch vom Weihnachtswunsch sprechen – des 52-Jährigen in Erfüllung gehen könnte. Der Vizeherbstmeister vermittelt einen guten Eindruck, die Abläufe stimmen häufig. „Es ist super spannend für mich, wie gut die Jungs den Schalter umlegen können und die Balance zwischen Seriosität, Positivität und Spaß finden“, sagt Hürzeler.

Scott absolviert Reha, Zoller wird aufbelastet

Auch personell gibt es kaum Sorgenkinder. Scott Banks absolviert seine Reha in Folge des am 1. September erlittenen Risses im vorderen Kreuzband des rechten Knies derzeit an der Costa Blanca.

Einzig Stürmer Simon Zoller konnte bisher nur individuell üben. „Er wird aufbelastet, der nächste Schritt wäre die Teilintegration ins Mannschaftstraining, wenn sein Körper keine negative Reaktion zeigt“, sagt Bornemann.

Keine Bewegung bei Leihe von Justvan

Negative Reaktionen erhielt der entspannt und wie üblich gut gelaunt wirkende Manager allerdings bei seiner Wunschlösung im Mittelfeld. Die war Julian Justvan von Bundesligist TSG 1899 Hoffenheim.

Doch dies hat sich nun zerschlagen, die Leihe wird nach Abendblatt-Informationen nicht zustande kommen. Hoffenheim möchte den 25-Jährigen behalten und in der Rückrunde zu mehr Einsätzen verhelfen.

St. Pauli will häufiger kaufen, seltener leihen

Justvan war vergangenen Sommer für 1,5 Millionen Euro vom SC Paderborn nach Hoffenheim gewechselt. Ihn per Transfer von dort loszueisen, ist für St. Pauli ausgeschlossen.

Über kurz oder lang würden die Hamburger jedoch gern vermehrt auf Verpflichtungen anstelle von Leihen setzen, wie Bornemann betont: „Wir hatten in der Spitze teilweise sechs, sieben Leihspieler. Das kann nie wünschenswert sein, weil es im Widerspruch zur Entwicklung innerhalb eines Zwei- bis Drei-Jahres-Zyklus steht.“

Wie geht es weiter mit Hürzeler?

Noch verhindern die wirtschaftliche Situation sowie in Teilen die Ungewissheit, in welcher Liga die Kiezkicker nächste Saison spielen, solche Planspiele. „Nicht zu wissen, ob wir kommende Saison in der Bundesliga oder Zweiten Liga spielen, erleichtert unsere Planungen nicht unbedingt, ist aber die Beste aller Möglichkeiten. Wir führen immer wieder Gespräche, um zentrale Themen möglichst früh zu klären“, sagt Bornemann.

Doch in diesem Punkt ist weiterhin Geduld bei der wichtigsten Personalie gefragt: der von Hürzeler. Nach wie vor besteht im Poker um eine Vertragsverlängerung des 30-Jährigen Klärungsbedarf bei der Frage um die Ausstiegsklausel schon in diesem Sommer, die Hürzelers Berater gern hätten.

Ausstiegsklausel ist das entscheidende Thema

Dem ehrgeizigen Trainer würde dies Sicherheit verschaffen, nächste Spielzeit in der Bundesliga zu arbeiten – entweder durch einen Aufstieg mit St. Pauli oder bei Verpassen dieses Ziels durch den Wechsel zu einem Erstligisten. An dieser Herangehensweise hat sich in Benidorm, wo Hürzeler und Bornemann sich regelmäßig besprechen, ebenso wenig geändert wie weiter am tiefen Vertrauensverhältnis der beiden St.-Pauli-Macher. Bisher beeinträchtigen die Verhandlungen die tägliche Arbeit nicht.

Doch wie viel Klarheit würde für St. Pauli bestehen, wenn sich beide Seiten nun auf eine Verlängerung inklusive Ausstiegsklausel einigen – der Trainer kommende Saison trotzdem weg sein könnte? Es wäre eine Einigung fürs Gemüt. Nachhaltig kann eine solch konturlose Situation der Entwicklung und Stabilisierung eines Vereins nicht zuträglich sein.

Frist für Klausel ein kurzfristiger Ausweg

Zumindest ein kleiner Ausweg bleibt es, Hürzeler die Klausel zu gewähren, die er allerdings zu einer bestimmten Frist im Februar oder März gezogen haben muss. Dadurch würden die Braun-Weißen Zeit bei der Suche nach einem neuen Trainer gewinnen. Dass sich St. Pauli auf eine Verlängerung inklusive Ausstiegsklausel, aber ohne Frist einlässt, ist nahezu ausgeschlossen.

Letztlich hängt alles von Hürzeler ab. Die Entscheidung darüber zu treffen, dürfte ihm einige harte Tage bescheren.