Benidorm. Das Trainingslager in Benidorm läuft hervorragend, Aljoscha Kemlein scheint auf dem Weg. Doch es bleiben ungeklärte Fragen.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) war in den vergangenen Jahren eher selten für erleuchtende Impulse bekannt. Aber die aus DFB-Kreisen stammende Idee, den Nationalspielern bei Turnieren auf sie persönliche abgestimmte Matratzen zu stellen, die fand Andreas Bornemann charmant. Regeneration sei schließlich auf Spitzenniveau eine der maßgeblichsten Erfolgskomponenten.
Das Gute am Trainingslager des FC St. Pauli im spanischen Benidorm: Dieser logistisch wie finanziell gewaltige Aufwand ist nicht notwendig. Die Betten seien hervorragend, versichert der ausgeschlafen wirkende Sportchef Bornemann.
St. Pauli im Trainingslager - und auf dem Transfermarkt
So ausgeruht konnte Cheftrainer Fabian Hürzeler seiner Mannschaft bislang ein umfangreiches Programm von fünf Einheiten in drei Tagen zumuten. „Wir sind sehr zufrieden. Im dritten Jahr kennen wir die Bedingungen hier, das einzige Fragezeichen stand hinter der Qualität des Platzes, der aber sehr gut ist“, sagt Bornemann.
Das Hauptaugenmerk lag bislang auf der Defensive, wenngleich kleine Anpassungen an fast allen Stellen vorgenommen werden sollen. „Es wäre eine gute Entwicklung, wenn beispielsweise ein Kettenverhalten und Durchschieben pro Halbzeit nur einmal nicht funktioniert anstatt drei- oder viermal“, benennt Bornemann zwei davon.
Stürmer Zoller wird aufbelastet
Personell gibt es kaum Sorgenkinder. Scott Banks absolviert seine Reha in Folge des am 1. September 2023 erlittenen Kreuzbandrisses derzeit an der Costa Blanca. Einzig Stürmer Simon Zoller konnte bisher nur individuell üben.
„Er wird aufbelastet und hat bis jetzt alles sehr gut vertragen. Inzwischen ist Simon aus der reinen Laufarbeit raus, trainiert wieder mit Ball am Fuß. Der nächste Schritt wäre die Teilintegration ins Mannschaftstraining, wenn sein Körper keine negative Reaktion zeigt", sagt Bornemann.
Leihe von Kemlein steht kurz bevor
Ein Nickerchen auf den weichen Matratzen im Teamhotel Meliá Villaitana kann sich der Sportchef trotzdem nicht gönnen. Er ist weiter intensiv auf der Suche nach Verstärkungen für die Rückrunde.
Das erste Puzzleteil scheint gefunden zu sein. Die Leihe von Aljoscha Kemlein steht offenbar kurz bevor. Bornemann ließ durchblitzen, dass die Meldung über das 19 Jahre alte Talent von Union Berlin keineswegs aus der Luft gegriffen sei, kommentierte die Personalie aber getreu der Vereinsrichtlinie nicht ausführlicher.
Wer kann Irvine und Metcalfe ersetzen?
„Das wabert jetzt durch die Gegend, aber es gehört sich nicht, etwas zu bestätigen, das noch nicht die Reife dafür hat. In jedem Fall ist es unsere Zielstellung, einen neuen Spieler noch hier im Trainingslager zu begrüßen", sagte der 52-Jährige.
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Der defensive Mittelfeldspieler Kemlein könnte zumindest kurzfristig helfen, Jackson Irvine und Connor Metcalfe zu ersetzen, während die Australier mit ihrer Nationalmannschaft am Asien-Cup teilnehmen. Am Sonnabendnachmittag besiegten die "Socceroos" bei der Generalprobe den Bahrain mit 2:0. Irvine spielte als Kapitän durch, Metcalfe war ebenfalls in der Startelf und wurde nach 63 Minuten ausgewechselt.
Hoffenheim will Justvan offenbar behalten
Die Königslösung (übrigens auch der Name eines hochwertigen Matratzensystems) auf der Sechs bleibt allerdings Julian Justvan von der TSG 1899 Hoffenheim. „Wir haben im Dezember angedeutet, dass es neben einem Sechser auch Bedarf nach einem variablen offensiven Spieler geben könnte, der als Linksfuß über die rechte Seite einen Drang in eine zentralere Rolle entwickeln kann", sagt Bornemann und umreißt damit ziemlich eindeutig das Profil des 25-Jährigen.
Doch die Idee der Leihe ist mittlerweile mehr als zwei Wochen alt, ohne dass signifikante Bewegung erkennbar ist. „Spieler und Verein müssen die Notwendigkeit sehen, dass so ein Leihgeschäft sinnvoll ist", sagt Bornemann. Wie das Abendblatt erfahren hat, sieht Hoffenheim diese Notwendigkeit derzeit nicht und würde den gebürtigen Landshuter, obwohl dieser erst in vier Bundesligaspielen über insgesamt 46 Minuten zum Einsatz kam, wohl lieber im Team belassen, da der Glaube an sein Potenzial und die Durchsetzungsfähigkeit weiter groß ist.
Bornemann: „Spieler mit Bundesligagehalt illusorisch"
Justvan war im vergangenen Sommer als einer der besten Akteure der Zweiten Liga für 1,5 Millionen Euro vom SC Paderborn nach Hoffenheim gewechselt. Ihn per Transfer von dort loszueisen, ist für St. Pauli ausgeschlossen. „Wir müssen abwägen, wie viel fußballerische Qualität wir dem Kader zuführen können, die wir uns auch leisten können. Einen Spieler mit einem Bundesligagehalt fest zu verpflichten, ist illusorisch“, sagt Bornemann.
Wenngleich der Sportchef über kurz oder lang gern vermehrt auf Verpflichtungen, denn Leihen setzen würde: „Wir hatten in der Spitze teilweise sechs, sieben Leihspieler. Das kann nie wünschenswert sein, weil es im Widerspruch zur Entwicklung innerhalb eines Zwei-Drei-Jahres-Zyklus steht." Noch verhindern die wirtschaftliche Situation sowie in Teilen auch die Ungewissheit, in welcher Liga St. Pauli nächste Saison spielt, solche Planspiele.
Geduld beim Poker um Hürzeler gefragt
„Nicht zu wissen, ob wir kommende Saison in der Bundesliga oder Zweiten Liga spielen, erleichtert unsere Planungen nicht unbedingt, ist aber die Beste aller Möglichkeiten. Wir führen immer wieder Gespräche, um zentrale Themen möglichst früh zu klären“, sagt Bornemann.
Doch genau in diesem Punkt ist weiterhin Geduld bei der wichtigsten Personalie gefragt. Der von Chefcoach Hürzeler.
Alles steht und fällt mit der Ausstiegsklausel
Nach wie vor besteht im Poker um eine Vertragsverlängerung des 30-Jährigen Klärungsbedarf bei der Frage um die Ausstiegsklausel schon in diesem Sommer, die Hürzelers Berater gern hätten. Doch wie viel Klarheit würde für St. Pauli wirklich bestehen, wenn sich beide Seiten nun auf eine Verlängerung einigen, der Trainer im Sommer trotzdem weg sein könnte? Es wäre eher eine Einigung fürs Gemüt und ein paar ruhigere Wochen.
Nachhaltig kann eine solch konturlose Situation der Entwicklung und Stabilisierung eines Vereins nicht zuträglich sein. Dass St. Pauli sich darauf einlässt, ist daher unwahrscheinlich. Den besten Betten zum Trotz dürfte dies Bornemann noch einige schlaflose Nächte bereiten.