Benidorm. Der Schwede ist der dominante Spielmacher der Hamburger und nahezu alternativlos. Wie lange kann der Kiezclub ihn halten?
Die ersten vier Tage haben die Neujahrsvorsätze von Eric Smith gehalten. Endlich nikotinfrei! Bevor die ersten Aufschreie erschallen, sei direkt Entwarnung gegeben: Der Spielmacher des FC St. Pauli war bis zum Jahreswechsel kein Raucher, sondern Konsument von nikotinhaltigem Snustabak.
„Ich bin froh, dass ich nun auf nikotinfreien umgestiegen bin“, sagt der Schwede, nachdem er sich gerade einen Beutel des in Skandinavien besonders beliebten „Oraltabaks“ hinter die Oberlippe geschoben hat.
Eric Smith ist St. Paulis wichtigster Spielmacher
Entwarnung, die Zweite: Snus ist im Profifußball weit verbreitet, da es Studien zufolge eine leistungssteigernde Wirkung hat. Unter anderem wird die Entscheidungsgeschwindigkeit positiv beeinflusst, und die anaerobe Leistungsfähigkeit nimmt dadurch zu.
Nun ist es jedoch nur in äußerst geringem Maß dem Suchtmittel zu verdanken, dass Smith für den Zweitligazweiten zum wichtigsten Spielmacher aufgestiegen ist. Die Antwort darauf lässt sich allerdings ebenfalls in Spanien ergründen.
Busquets dient als Vorbild
Nicht im Bergigen oberhalb von Benidorm, wo die Kiezkicker ihr Wintertrainingslager absolvieren, sondern in Katalonien. Der Heimat von Sergio Busquets.
„An ihm orientiere ich mich, er ist das perfekte Vorbild, zu dem ich immer noch aufschaue. Busquets macht seine Mitspieler besser, ohne zu sehr im Fokus zu stehen“, sagt Smith über den inzwischen 35-Jährigen in Diensten von Inter Miami.
Als "schwimmender Sechser" der Zweitligabeste
Im Gegensatz zum Spanier interpretiert der 26-Jährige seine Position jedoch anders, ist kein klassischer defensiver Mittelfeldspieler. Am prägnantesten lässt sich Smith als „schwimmender Sechser“ bezeichnen, der das Spiel mitgestalten und sich nach hinten in die Kette fallen lassen kann.
Obwohl ein gelernter Sechser, fühlt sich der Rechtsfuß als zentraler Verteidiger in St. Paulis Dreierkette am wohlsten, bat Cheftrainer Fabian Hürzeler (30) darum, dort dauerhaft aufzulaufen. Optisch wie statistisch gibt es aktuell in der Zweiten Liga dort keinen Besseren als ihn.
Wird der Schwede zum Irvine-Ersatz?
„Die Position passt besser zu meiner Spielweise, dort bekomme ich einfacher den Ball, kann Spielsituationen gezielter lesen“, sagt Smith. Daher hofft er, nicht Jackson Irvine im zentralen Mittelfeld ersetzen zu müssen, solange der Kapitän mit Australien beim Asien-Cup aktiv ist.
„Ich habe mit dem Trainer noch nicht darüber gesprochen. Wir haben andere gute Alternativen, aber wenn Fabian mich dort sieht, übernehme ich den Job natürlich“, sagt der gebürtige Halmstader.
Verletzungssorgen inzwischen im Griff
Alternativen für ihn muss St. Pauli inzwischen nicht mehr so häufig suchen, da Smith seine langwierigen muskulären Probleme gemeinsam mit dem Physiotherapeutischen Leiter James Morgan (48) in den Griff bekommen hat. „James kennt mich nun lange genug, um die richtigen Knöpfe zu drücken – gegebenenfalls auch den Stoppknopf, wenngleich ich das nicht mag“, sagt Smith über die Zusammenarbeit mit dem Neuseeländer.
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Dennoch könnte es sein, dass St. Pauli bald wieder nach einer Alternative suchen muss. Einer dauerhaften? Die herausragenden Leistungen haben Smith, der von seinem Vater Anders beraten wird, ins Blickfeld mehrerer Bundesligisten gespielt.
Bundesligisten haben Auge auf Smith geworfen
Sein Vertrag läuft bis Ende der Saison 2024/25, würde sich im Aufstiegsfall um ein Jahr verlängern. „Aber die Gedanken über den Sommer schiebe ich noch vor mir weg. Ich möchte am liebsten mit St. Pauli in der Bundesliga ankommen, bin dem Verein sehr dankbar und möchte möglichst lange etwas zurückgeben“, sagt Smith, der sogar noch mehr zu geben hat.
„Mein Kopfballspiel ist für meine Größe zu schlecht“, sagt der 1,92-Meter-Mann. Seine Zweikampfstärke in der Luft sowie am Boden zu verbessern, ist eines der Ziele für die Rückrunde. Überhaupt liege der Fokus des Teams darauf, in der zweiten Halbserie „häufiger zu Null zu spielen“.
Rückkehr ins Nationalteam untergeordnetes Ziel
Wenn dies dazu beitragen sollte, sein Debüt in Schwedens Nationalmannschaft zu geben, umso besser. „Aber ich spiele nicht gut bei St. Pauli, um für Schweden berufen zu werden, sondern um meinem Club zu helfen“, sagt Smith, der zuletzt in der U 21 ein Freundschaftsspiel für sein Heimatland absolviert hat und stets viel reifer wirkt als ein 26-Jähriger. Ein Nebeneffekt dessen, dass er bereits mit 17 seinen Einstand als Profi für Halmstads BK feierte.
Am Montag nun feiert Smith seinen 27. Geburtstag. Äußerst passend, dass St. Pauli nach dem Testspiel gegen Excelsior Rotterdam am Sonntag dann einen freien Tag einlegt. „Ich hoffe, der Trainer erlaubt mir ein oder zwei Bier“, sagt Smith.
Am Montag feiert Smith 27. Geburtstag
Vielleicht möchte er dann mal im Zentrum von Benidorm vorbeischauen. Als Partypflaster taugt die Stadt, die einem zur Realität gewordenen Discounter-Flyer für trinkwütige Briten gleicht. Sicher ist nur: Gefeiert wird garantiert nikotinfrei.
Angreifer: Die Stürmer Simon Zoller (32) und Maurides (29) trainierten bei den Einheiten am Donnerstag nur individuell und absolvierten ein Laufprogramm.
Angesetzt: Das zweite Vorbereitungsspiel während des Trainingslagers steht nun auch fest – es ist eigentlich das erste. Am Sonntag (15.30 Uhr) trifft der FC St. Pauli auf Excelsior Rotterdam. Die Partie gegen den Tabellenzwölften der niederländischen Eredivisie findet über 90 Minuten in Benidorm unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Am Freitag, 12. Januar, spielen die Kiezkicker über zweimal 75 Minuten gegen den VfL Osnabrück.