Spiesen-Elversberg/Hamburg. Die Hamburger gewinnen alle drei Partien und überzeugen durch taktische Variabilität ebenso wie durch schierer Willen.

Jackson Irvine rümpfte die Nase. "Das geht aufs Konto von Connor Metcalfe, er ist dafür bekannt, diese seltsamen Klassiker auszupacken", sagte er über seinen australischen Landsmann, der den Container, der neben der Ursapharm-Arena als Umkleide und Medienzentrum dient, beschallte und so alle Anwesenden in den zweifelhaften Genuss von DJ Ötzis "Hey Baby" brachte.

Doch selbst über diese geschmackliche Sünde konnte der Kapitän des FC St. Pauli, ein bekennender Musik-Connaisseur, nach dem überzeugenden 2:0-Sieg bei der SV Elversberg am Freitagabend hinwegsehen. "Das war das perfekte Ende einer besonderen Woche, wir haben uns extrem professionell und erfahren präsentiert", sagte Irvine.

FC St. Pauli gewinnt drei Spiele binnen sieben Tagen

Drei Siege aus drei Spielen binnen sieben Tagen standen am Ende einer Woche mit Begegnungen gegen den Karlsruher SC (2:1), im DFB-Pokal gegen den FC Schalke 04 (2:1 nach Verlängerung) sowie in Elversberg zu Buche. Dazu die Erkenntnis, dass der Stern der Zweiten Liga frei nach DJ Ötzi derzeit zweifellos den Namen des FC St. Pauli trägt (den zugehörigen Song ersparte Metcalfe im Übrigen seinen Mitspielern).

Dass die Hamburger die stärkste Mannschaft sind, lässt sich nicht nur an der Tabelle ablesen. Auch die Art und Weise ihrer Auftritte spricht für sich. Es gelingt momentan keinem Gegner, den Kiezclub vor eine Aufgabe zu stellen, die das Team von Cheftrainer Fabian Hürzeler nicht lösen kann.

Kiezkicker trotz Verlängerung mit frischen Beinen

Selbst mit schweren Beinen nur gut 70 Stunden nach den 120 Minuten gegen Schalke machte St. Pauli das Spiel und zeigte einen bemerkenswerten Facettenreichtum. "Wir mussten unterschiedliche Aspekte unseres Spiels zeigen, um hier erfolgreich zu sein", stellte Irvine fest.

In der ersten Halbzeit mussten die Gäste durch hohen Druck des keineswegs schwachen und zuvor sieben Partien unbesiegten Aufsteigers hindurch spielen. "Das ist uns gelungen, indem wir geduldig geblieben sind. Der Plan war es, die Außenverteidiger mehr zu benutzen. Sie sollten mal breit ziehen, mal nach innen kommen, um dann die freien Spieler zu finden", sagte Marcel Hartel, der - man braucht es nicht ständig zu erwähnen, muss es aber doch immer wieder - in der Form seines Lebens ist.

Irvine: "Hätten mehr Tore fallen müssen"

Als Elversberg dann nach dem Seitenwechsel offensiver wurde, "ist es uns gelungen, aus einer tieferen Stellung heraus zu kontern, wir haben gezeigt, dass wir auch das können", sagte Irvine. Es hätten sogar noch weitere Tore fallen müssen. "Aber das ist Detailarbeit, die wir uns auch noch vornehmen", sagte der 30-Jährige. Details, die bei den nun regelmäßig erfolgreichen Standardsituationen wie vor dem 1:0 durch Johannes Eggestein, bereits stimmen.

Wie es möglich war, im dritten Spiel der englischen Woche sogar die stärkste Leistung (womöglich sogar gegen den stärksten der drei Gegner) zu bringen, vermochte Irvine allerdings auch nur begrenzt zu begründen: "Meine Beine fühlen sich überraschend frisch an, unser Staff leistet tolle Arbeit."

Ambitionen des Kiezclubs hoch gesteckt

Dann schob der Australier einen Satz nach, der die Ambitionen des Clubs unstreicht. "Letztlich war es auch der schiere Wille, der notwendig ist, wenn man nach jedem Spieltag ganz oben in der Tabelle stehen will."

Hürzeler gab sich etwas zurückhaltender, wollte die Leistung im Saarland nicht als die beste einordnen. Obwohl die Kontrolle, die St. Pauli besaß, schwer beeindruckend war. "Die Woche war für Körper und Kopf sehr intensiv, wie meine Jungs darauf reagiert haben, davor zolle ich ihnen Respekt", sagte der Trainer.

Treu in der Startelf, Saad als Joker

Er hatte versucht, eine Mischung auf "Frische und Momentum" auf den Platz zu schicken. Deshalb lief beispielsweise Philipp Treu, der gegen Schalke überzeugt hatte und in Elversberg genau dort weitermachte, von Beginn an auf, ebenso wie der im Pokal nicht eingesetzte Oladapo Afolayan.

Spieler wie Elias Saad dann von der Bank bringen zu können, ist eine Qualität, über die abseits des HSV vermutlich kein weiterer Zweitligist verfügt. Aber diese Akteure müssen dann nun mal auch liefern. Unter Hürzeler scheinen sie das immer, egal wie lange sie zuvor nicht eingesetzt worden sind.

Die Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. FC St. Pauli 34 / 62:36 / 69
2. Kiel 34 / 65:39 / 68
3. Düsseldorf 34 / 72:40 / 63
4. HSV 34 / 64:44 / 58
5. Karlsruhe 34 / 68:48 / 55
6. Hannover 34 / 59:44 / 52
7. Paderborn 34 / 54:54 / 52
8. Fürth 34 / 50:49 / 50

Hürzeler lobt Eigenmotivation seiner Spieler

"Diejenigen, die ein bisschen hintanstehen, fordern uns jede Woche im Training. Sie sind genauso für den Erfolg verantwortlich", sagte Hartel. "Nur, weil die Eigenmotivation aller Spieler im Training so hoch ist, und das muss sie auch weiter bleiben, können wir erfolgreich sein", ergänzte Hürzeler.

Metcalfe hatte, während sein Trainer zwei dünne Containerwände entfernt diese Worte sagte, inzwischen "What is Love" aufgelegt. Die Antwort: Was der FC St. Pauli in dieser Saison zelebriert, kommt echter Liebe zum Fußball bislang sehr nahe.