Hamburg. Der FC St. Pauli bewies beim spät erkämpften 2:1-Erfolg gegen den KSC eine neue Qualität. Was das Team dennoch dringend abstellen muss.

Als sich der überschäumende Jubel über das späte Führungstor und den sechsten Saisonsieg wieder etwas gelegt hatte, sah sich St. Paulis Innenverteidiger Hauke Wahl schon in der Lage, den knappen, letztlich aber dank einer Leistungssteigerung auch verdienten 2:1-Sieg seines Teams gegen den Karlsruher SC in einem größeren Zusammenhang einzuordnen. „Solche Siege helfen der Mannschaft viel, viel mehr als andere, weil du einfach noch mehr zusammenrückst. Du bekommst zusammen das Gefühl, auch Spiele gewinnen zu können, in denen man sich lange schwergetan hat“, sagte der 29 Jahre alte Führungsspieler.

FC St. Pauli siegt dank Eggestein und Treu

Zweifellos war es für sein Team am Ende glücklich, den 0:1-Rückstand – ausgerechnet durch den Ex-St.-Paulianer Igor Matanovic – durch späte Treffer von Johannes Eggestein (80.) und den eingewechselten Philipp Treu (90.+2) noch in einen Sieg umgewandelt zu haben. Andererseits war es aber auch das Ergebnis einer charakterstarken Willensleistung des gesamten Teams, trotz einer nicht optimalen Form, bis zuletzt um drei Punkte zu kämpfen und sich nach dem Ausgleich nicht vor lauter Angst vor einem zweiten Gegentreffer mit einem Unentschieden zufriedenzugeben.

„Dieser Sieg kann sehr viel wert sein. Das werden wir im Laufe der Saison sehen. Wichtig ist, dass wir mit Widerständen umgehen können und die richtigen Antworten darauf finden“, stellte später St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler fest. Er habe gemerkt, dass seine Mannschaft über 90 Minuten daran glaube, trotz allem noch gewinnen zu können. „Das spricht für ihren Charakter“, lobte er.

Trainer Hürzeler bemängelt: „Im Kopf extrem behäbig“

Im Gegensatz zu manchen Galavorstellungen in dieser Saison hatte das St.-Pauli-Team wie schon eine Woche zuvor beim 2:2 in Paderborn insbesondere in der ersten Halbzeit große Probleme, sein Kombinationsspiel aufzuziehen. „Wir waren unsauber, im Kopf nicht schnell genug, sondern extrem behäbig“, kritisierte Hürzeler zu Recht den Auftritt seines Teams.

Hinzu kommt, dass die Gegner offenbar immer mehr versuchen, gezielte taktische Maßnahmen gegen den Spielfluss des Zweitliga-Tabellenführers zu ergreifen. Wie zuvor schon Paderborn zog sich jetzt auch der KSC oft in die eigene Hälfte zurück, um die Räume zwischen Strafraum und Mittellinie so eng zu machen, dass die St. Paulianer Probleme bekommen, einen Mitspieler in Szene zu setzen.

Die Taktik „All in“ brachte gegen den KSC die Wende

„Es sollte eine Lehre für uns sein, dass es mit 90 Prozent nicht funktioniert in dieser Liga“, sagte Hürzeler weiter und kündigte eine Aufarbeitung an. Erstmals in dieser Saison sah sich der 30-Jährige gezwungen, für die letzte halbe Stunde in Simon Zoller und Danel Sinani zwei Offensivspieler für die beiden Außenverteidiger Manolis Saliakas und Lars Ritzka auf das Feld zu bringen. Später sprach er selbst von einem „All in“.

„Es sah da so aus, als wenn wir alles nach vorne werfen. Aber es war trotzdem nicht wild, sondern aus einer klaren Positionierung heraus. Die Konterabsicherung war gut“, erklärte er. Tatsächlich bestand trotz der insgesamt sechs klar offensiv ausgerichteten Feldspieler keine echte Gefahr, ausgekontert zu werden. In diesem Punkt hatte also gegenüber Paderborn, als St. Pauli sogar bei der eigenen 2:1-Führung einen Konter zuließ und so zwei Punkte einbüßte, schon ein Lern­effekt eingesetzt.

Trainer Hürzeler betont immer wieder: „Jeder ist wichtig“

Schließlich bestätigte der Sieg gegen Karlsruhe erneut, dass der St.-Pauli-Kader in dieser Saison aus weit mehr als einem kleinen Kreis von leistungsstarken Stammspielern besteht. Dass sich ein Neuzugang wie Philipp Treu, der bisher nicht über die Rolle eines Ergänzungsspielers hinausgekommen ist, überhaupt einen solchen Risikoschuss wie zum 2:1-Siegtor zutraut, spricht auch für den Teamgeist. „Jeder Spieler ist wichtig für uns“, sagt Trainer Hürzeler immer wieder. Und das ist ganz offensichtlich nicht nur eine Floskel, sondern wird auch gelebt.

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Wozu dies führt, bewies Johannes Eggestein (25) mit seinem nun schon fünften Saisontor. Erst seit sechs Wochen spielt er regelmäßig von Beginn an, nachdem er zuvor bei Hürzeler nur eine Reservistenrolle innehatte. Jetzt scheint für die kommenden Spiele sogar eine Variante mit ihm und Simon Zoller, der sich immer besser ins Team einfindet, als Doppelspitze denkbar.

Am Ende galten die Gedanken von Eggestein schon den sehr nahekommenden Aufgaben. „Wir müssen jetzt schnell und gut regenerieren. Die nächste Woche wird tough“, sagte er und dachte an das DFB-Pokalspiel am Dienstag (18 Uhr) gegen Schalke 04 und das Zweitliga-Auswärtsspiel nur drei Tage später beim so starken Aufsteiger SV Elversberg.

St. Paulis Trainer Hürzeler kommentiert engen Terminplan süffisant

„Da haben wir eine super Planung des Terminkalenders bekommen“, sagte Trainer Hürzeler süffisant. Der gegen Karlsruhe gezeigte Charakter seines Teams wird wohl auch bei diesen Aufgaben nötig sein.

FC St. Pauli: Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Saliakas (66. Sinani), Irvine, Hartel, Ritzka (66. Zoller) - Metcalfe (83. Treu), Eggestein (90. Amenyido), Afolayan (46. Saad). Karlsruhe: Drewes - Jung (73. Thiede), Bormuth, Franke, Herold - Jensen (79. Burnic), Nebel, Wanitzek, Stindl (90. Beifus) - Schleusener, Matanovic (79. Zivzivadze). Tore: 0:1 Matanovic (43.), 1:1 Eggestein (80.), 2:1 Treu (90.+2). Schiedsrichter: Max Burda (Berlin). Zuschauer: 29.125. Gelbe Karten: Smith (3) – Schleusener (2), Stindl. Statistik: Torschüsse: 20:6; Ecken: 7:3; Ballbesitz: 58:42 Prozent; Zweikämpfe: 77:79; Laufleistung: 124,74:124,29 km.