Heidenheim/Hamburg. Auch nach dem zehnten Zweitligasieg in Serie verzichtet man beim FC St. Pauli auf große Kampfansagen an die Konkurrenz.

Bei allem Respekt vor dem dienstältesten Trainer eines deutschen Proficlubs schmeckte es St. Paulis Chefcoach Fabian Hürzeler (30) gar nicht, was Frank Schmidt (49) da in der letzten Stunde des Ostersonnabends von sich gab. „Allerspätestens seit heute kann und wird St. Pauli auch noch ins Aufstiegsrennen eingreifen“, sagte der seit mehr als 15 Jahren amtierende Übungsleiter des 1. FC Heidenheim, nachdem der FC St. Pauli seinem Team mit dem 1:0 die erste Heimniederlage der Saison beigebracht hatte.

Mit diesem zehnten Sieg in Folge stellte St. Pauli nicht nur den Zweitligarekord des Karlsruher SC (1986/87) ein, sondern verkürzte den Rückstand auf die auf Relegationsrang drei zurückgefallenen Heidenheimer auf vier Punkte.

FC St. Pauli hat Rückstand auf Heidenheim um zwölf Punkte verkürzt

Seit Beginn der Rückrunde und der Amtsübernahme von Fabian Hürzeler als Cheftrainer des FC St. Pauli ist der Rückstand auf den FCH um zwölf Punkte geschrumpft. Was also hat Hürzeler dagegen einzuwenden, dass sein Team nun zum Kreis derer zählt, die im letzten Saisonfünftel um den Sprung in die Bundesliga mitreden?

„Wir tun gut daran, weiter auf uns zu gucken. Das werde ich auch in den nächsten Tagen sagen. Wir sind noch vier Punkte dahinter. Wir können nicht beeinflussen, was die anderen machen“, sagte Hürzeler, angesprochen darauf, dass ihn Schmidt gerade in den Kreis der ernsthaften Aufstiegskandidaten erhoben hatte.

„Wir tun gut daran, unseren Prozess Schritt für Schritt weiterzugehen. Ich habe auch heute wieder Dinge gesehen, die nicht gut waren. Wir haben speziell in den ersten 30 Minuten keinen überragenden Fußball gespielt. Das können wir viel, viel besser machen“, sagte Hürzeler weiter und kündigte für die an diesem Dienstag beginnende Trainingswoche an: „Wir werden das aufzeigen, und dann heißt es: Arbeiten, arbeiten, arbeiten. Was am Ende dabei herauskommt, werden wir sehen. Aber wir hauen nicht irgendwelche Parolen raus.“

Hürzeler kündigt für die Woche an: "Arbeiten, arbeiten, arbeiten"

An diesem Worten ist zu erkennen, welchen Spagat Hürzeler versucht. Zum einen betont er immer wieder, welch hohe Ambitionen er hegt, was die Art von Fußball angeht, die er von seiner Mannschaft sehen will. Knapp gesagt ist dies eine disziplinierte, kollektive Defensivarbeit, aber bei Ballbesitz auch ein dominanter Kombinationsfußball und der Verzicht darauf, den Ball weit nach vorn zu schlagen.

Zum anderen aber will er noch immer nichts davon hören, dass die atemberaubende Siegesserie noch in dieser Saison in die Bundesliga führen könnte. Es liegt nahe, dass er damit seiner Mannschaft den Druck nehmen will. Die Rolle der munteren, von Abstiegssorgen befreiten Seriensieger, die sich nur an ihrem Erfolg berauschen, ist einfach zu schön, als dass man das Team jetzt mit Aufstiegsgedanken und dem damit verbundenen Stress belasten will.

Tabellenspitze 2. Bundesliga
1. Darmstadt 98 30 / 48:24 / 64
2. Heidenheim 30 / 61:31 / 60
3. HSV 30 / 60:41 / 56
4. SC Paderborn 30 / 61:37 / 50
5. FC St. Pauli 30 / 47:35 / 50
6. Fortuna Düsseldorf 30 / 51:40 / 50
7. Kaiserslautern 30 / 43:38 / 44

„Ich werde niemals sagen, dass wir Spiele gewinnen müssen. Aber ich verlange schon gewisse Dinge auf dem Platz, die wir beeinflussen können“, sagte Hürzeler jetzt und beschrieb damit seinen Umgang mit der aktuellen, durchaus vielversprechenden Situation.

Heidenheims Trainer will auch Stress für den FC St. Pauli

Den mit Aufstiegserwartungen verbundenen Stress spüren derzeit dagegen Heidenheims erfahrener Trainer Schmidt und sein Team. Einer leichtfertig in der Nachspielzeit verspielten Zweitoreführung in Kaiserslautern (2:2) folgte jetzt gegen St. Pauli die erste Heimniederlage und das erste Heimspiel ohne eigenen Treffer in dieser Saison.

Und auch das 3:3 vor einigen Wochen gegen den HSV nach einer 3:0-Pausenführung, das sich wie eine Niederlage anfühlte, ist nicht vergessen. Da lag es nahe, dass Schmidt versuchte, verbal nun auch seinen Bezwinger diesem Stress auszusetzen.

„Ich sage den Spielern nicht, dass sie die Tabelle nicht lesen sollen. Aber ich werde es nicht ansprechen. Wenn ich sage, wir schauen von Spiel zu Spiel, ist das keine Floskel“, sagte Hürzeler. „In der Zweiten Liga ist alles harte Arbeit, bei jedem Spiel stehen die Chancen zu Beginn 50:50.“

FC St. Pauli versucht Stadtderby weiter auszublenden

Und da am Sonntag erst einmal das Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig ansteht, will er auch noch nichts vom Stadtderby beim neuen Tabellenzweiten HSV fünf Tage später wissen, das schon längst ein großes Thema in den Fanlagern ist.

„Braunschweig wird eine ganz andere Aufgabe als Heidenheim, aber genauso schwer“, prophezeit Stürmer David Otto vor dem Duell mit den abstiegsbedrohten Niedersachsen. Wie viel Selbstvertrauen die Spieler derzeit besitzen, machte er aber auch deutlich, indem er sagte: „Wenn du Heidenheim hier schlagen kannst, kannst du jeden in der Liga schlagen.“ Das war dann fast doch schon eine Kampfansage an die Aufstiegskonkurrenten.

Die Statistik

  • 1. FC Heidenheim: Müller – Busch (90. Keller), Mainka, Siersleben (71. Schimmer), Föhrenbach – Maloney, Schöppner (87. Kühlwetter) – Pick (87. Burnic), Thomalla (71. Sessa), Beste – Kleindienst
  • FC St. Pauli: Vasilj – Dzwigala, Medic, Mets – Saliakas (83. Zander), Irvine, Hartel, Paqarada – Metcalfe (74. Otto), Daschner (90.+2 Beifus), Afolayan (83. Aremu)
  • Tor: 0:1 Hartel (41.)
  • Schiedsrichter: Dingert (Lebecksmühle)
  • Zuschauer: 15.000 (ausverkauft)
  • Gelbe Karten: Busch (2), Kleindienst (8) – Metcalfe (3), Otto (3)
  • Statistik: Torschüsse: 12:10, Ecken: 5:3, Ballbesitz: 54:46 %, Zweikämpfe: 101:116, Laufleistung: 126,23:126,65 km.