Gelsenkirchen. Der FC St. Pauli hat mit dem 2:3 (2:0) in Gelsenkirchen auch seine letzte kleine Aufstiegschance verspielt. Schalke steigt auf.

Am Ende waren sie doch nur traurige Zuschauer bei der Bundesligarückkehr von Schalke 04. Die Spieler des FC St. Pauli hatten den Tabellenführer der Zweiten Bundesliga 45 Minuten lang richtig ärgern können und führten durch den Doppeltorschützen Igor Matanovic mit 2:0. Doch der Offensivdauer der Schalker waren sie in der zweiten Halbzeit nicht mehr gewachsen und handelten sich drei Gegentore und zwei Platzverweise ein.

Tabellenspitze 2. Bundesliga
1. FC Schalke 04 33 / 70:43 / 62
2. HSV 33 / 64:33 / 57
3. Darmstadt 98 33 / 68:46 / 57
4. Werder Bremen 32 / 60:43 / 57
5. FC St. Pauli 33 / 59:46 / 54

Es war lange eine beachtliche Vorstellung der personell geschwächten St. Paulianer, die am Ende aber wieder mit leeren Händen dastanden. „Wir müssen heute anerkennen, dass der Gegner eine höhere Qualität auf dem Platz hatte. Schalke hat uns teilweise auch schon in der ersten Halbzeit an die Wand gedrückt. Meine Jungs haben sich mit allem, was sie hatten, gewehrt", sagte Trainer Timo Schultz nach der Partie.

FC St. Pauli verliert geschwächt gegen Aufsteiger Schalke

Trotz der Verletzungen und Corona-Infektionen in seinem Kader hatte Schultz nominell immer noch eine durchaus konkurrenzfähige Mannschaft auf den Rasen der ausverkauften Schalker Veltins-Arena schicken können. Aber, so Schultz nach dem Spiel, habe es sich dabei um die einzigen elf Spieler gehandelt, die die ganze Woche trainieren konnten. "Alle anderen, die auf der Bank saßen, konnten nur eine oder zwei Einheiten mitmachen.“ Dort saßen durch die Bank Spieler mit einem Profivertrag. Kurios war, dass dort mit Nikola Vasilj und Sören Ahlers gleich zwei Torhüter saßen.

Kou Itakura und Florian Flick (FC Schalke 04) und St. Paulis Daniel Kofi Kyereh kämpfen um den Ball.
Kou Itakura und Florian Flick (FC Schalke 04) und St. Paulis Daniel Kofi Kyereh kämpfen um den Ball. © dpa picture alliance / Eibner-Pressefoto | Joerg Niebergall

Auf dem Platz hütete in seinem ersten Ligaspiel der Saison Dennis Smarsch das St.-Pauli-Tor. Der 23-Jährige hatte aber alle vier Matches im DFB-Pokal bestritten und von einem Ausrutscher beim 1:2 bei Union Berlin abgesehen durchweg überzeugt.

FC St. Pauli: Viele Spieler mit Profivertrag auf der Bank

Nicht im Kader waren neben den verletzten Guido Burgstaller, der im Hinspiel noch beide Treffer zum 2:1 erzielt hatte, und Eric Smith auch die offenbar von einer Corona-Infektion noch zu sehr geschwächten Christopher Buchtmann, Philipp Ziereis, Finn Ole Becker, Adam Dzwigala und Maximilian Dittgen.

Vor Torwart Smarsch bot St. Paulis Trainer Timo Schultz in der Viererabwehrkette die Außenverteidiger Luca Zander und Leart Paqarada auf, sowie in der Innenverteidigung Marcel Beifus und Jakov Medic.

Im Mittelfeld agierten Afeez Aremu als Sechser vor der Abwehr, Jackson Irvine und Rico Benatelli auf den Halbpositionen in der Raute und Marcel Hartel als Zehner hinter den Spitzen. Und im Angriff spielte Daniel-Kofi Kyereh neben Igor Matanovic.

FC St. Pauli lag unerwartet früh in Führung

Von Beginn an war den Schalkern anzumerken, dass sie an diesem Abend die Chance, den Wiederaufstieg in die Bundesliga perfekt zu machen, beim Schopfe packen wollten. Dabei half nach 38 Sekunden auch St. Paulis Innenverteidiger Marcel Beifus kräftig mit, als er an der Strafraumgrenze den Ball gegen Schalkes Torjäger Simon Terodde vertändelte. Doch der Topstürmer der Liga ließ sich diese Riesenchance entgehen und scheiterte an St. Paulis Keeper Smarsch, der auch in den Minuten danach massiv gefordert war, weil eine Angriffswelle nach der anderen auf sein Tor zurollte.

Es gehört wohl zu den Verrücktheiten dieser unberechenbaren Zweiten Liga, dass St. Pauli aus der ersten Aktion, die nicht schon an der Mittellinie endete, die völlig unerwartete 1:0-Führung für die Kiezkicker entsprang. Dabei leitete Irvine einen flachen Pass von Paqarada per Hacke weiter auf Matanovic. Der 19 Jahre junge Stürmer stand zunächst mit dem Rücken zum Tor, drehte sich und schoss den Ball mit links flach und gezielt rechts unten ins Schalker Tor (9.). Der Spielverlauf war schon jetzt auf den Kopf gestellt.

St. Pauli konnte 2:0-Führung in die Halbzeitpause retten

Und es sollte sogar noch besser für St. Pauli kommen. Und wieder war es Matanovic, der Schalkes Abwehr narrte und Torwart Martin Fraisl bezwang. Diesmal setzte sich der Deutsch-Kroate im Strafraum auch mit Körpereinsatz gegen mehrere Abwehrspieler durch und erzielte diesmal mit rechts das 2:0 (17.) für St. Pauli.

St. Paulis Igor Matanovic jubelt nach seinem Tor zum 0:1.
St. Paulis Igor Matanovic jubelt nach seinem Tor zum 0:1. © dpa picture alliance / Ulrich Hufnagel

Sechs Minuten später jubelten die meisten der 62.000 Zuschauer in der Arena über das vermeintlich Anschlusstor nach einer Schalker Ecke. Doch der Treffer wurde im „Kölner Keller“ von Günter Perl überprüft. Schnell war klar, dass sich Torschütze Kou Itakura den Ball an die eigene Hand geköpft hatte, bevor er ihn mit dem Fuß aus der Luft über die Torlinie bugsierte. Entsprechend gab es Freistoß für St. Pauli statt Tor für Schalke.

Aber auch danach hatte die Hamburger etliche brenzlige Situationen zu überstehen. So schoss der bis dahin unglücklich agierende Terodde aus kurzer Distanz den auf der Linie stehenden Innenverteidiger Jakov Medic an (33.). So konnte sich St. Pauli in die Halbzeitpause retten. Die atemberaubende Bilanz von 16:4 Torschüssen stand nach den ersten 45 Minuten für den Tabellenführer zu Buche.

Terodde verwandelt Strafstoß zum Anschlusstreffer

Trainer Schultz konnte sich allerdings in der Einschätzung bestätigt sehen, dass die Schalker bei aller Offensivkraft defensiv nicht immer sattelfest sind. Er hatte vor dem Spiel das 4:1 von Werder Bremen auf Schalke als „Blaupause“ bezeichnet.

Doch die Hoffnung, Schalke könnte sich auch zu Beginn des zweiten Abschnitts weiter schwertun, war nach wenigen Sekunden dahin. Medic foulte Terodde bei dessen Versuch, einen Kopfball auf das Tor zu bringen von hinten. Schiedsrichter Marco Fritz entschied sofort auf Strafstoß. Den verwandelte Terodde höchstpersönlich zum 1:2-Anschlusstreffer (47.) aus Schalker Sicht.

Schalkes Druck wurde immer stärker

Doch St. Pauli wirkte von diesem arg frühen Rückschlag in der zweiten Halbzeit keinesfalls so geschockt, wie dies hätte befürchtet werden können.

Allerdings handelte sich Daniel-Kofi Kyereh bei einem Foul im Mittelfeld die Gelbe Karte ein. Da es seine fünfte in dieser Saison war, ist er im letzten Ligaspiel der Saison am kommenden Sonntag im Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf gesperrt. Somit könnte der Auftritt auf Schalke Kyerehs letztes Spiel für St. Pauli gewesen, denn der starke Offensivspieler wird von Bundesligaclubs umworben und könnte nur noch in diesem Sommer eine stattliche Ablösesumme einbringen.

Und es kam dann noch dicker für St. Pauli, weil Schalkes Druck immer stärker wurde. Als Medic eine Flanke von links unterlief, konnte Darko Churlinov den Ball per Kopf auf den vor dem Tor völlig freistehenden Terodde leiten, der durch die Beide von Smarsch das 2:2 erzielte.

Schalker stürmten nach Sieg gegen St. Pauli den Rasen

Damit nicht genug, weil Schalke per Konter nachlegte. Bülter bediente den gerade eingewechselten Rodrigo Zalazar, der den Ball gegen seinen Ex-Verein zum 3:2 (78.) an die Unterkante der Latte und von dort ins Netz drosch. Alle Schalker Spieler stürmten auf Zalazar zu, auch die Ersatzleute und sogar Torwart Fraisl rannten zum Torschützen.

Als wenig später auch noch Marcel Beifus, der kurz vor der Schalker Führung selbst fast einen Treffer erzielt hatte, auch noch wegen groben Foulspiels an Florian Flick die Rote Karte sah, war das Spiel gelaufen. In der Nachspielzeit sah auch noch St. Paulis Doppeltorschütze Gelb-Rot. "Leider mussten unsere beiden Youngster Marcel Beifus und Igor Matanovic am Ende auch noch vorzeitig vom Platz. Das ärgert mich auch für die Jungs. Sie werden daraus lernen“, kommentierte Schultz.

Der Rest war Aufstiegsjubel der Schalker und ihrer Fans. Viele von ihnen stürmten nach dem Abpfiff den Rasen – trotz der Ermahnungen des Stadionsprechers. Das Tor vor der Nordkurve wurde besetzt und einrissen. Auf der Stehtraverse kam es zu einem bedrohlichen Gedränge.