Hamburg. Sturmjoker weiß aus eigener Erfahrung, was Gegner und Aufstiegsanwärter Heidenheim so stark macht. Wie er seine eigene Zukunft sieht.
Allzu häufig kommt es für einen 24 Jahre alten Fußballprofi nicht vor, dass er hintereinander gegen die beiden Clubs antreten darf, für die er zuvor gespielt hat. Mitten in dieser Konstellation befindet sich gerade St.-Pauli-Profi David Otto.
Der Stürmer war im vergangenen Sommer vom SSV Jahn Regensburg, der am vergangenen Sonnabend einigermaßen glücklich mit 1:0 besiegt wurde, ans Millerntor gewechselt. Zuvor hatte Otto eineinhalb Jahre beim kommenden Gegner 1. FC Heidenheim (Sa., 20.30 Uhr) seine ersten 30 Zweitligaspiele absolviert.
Weil dort seit mehr als 15 Jahren Frank Schmidt (49) als Cheftrainer wirkt, gibt es im Team des FC St. Pauli keinen besseren Zeugen, der aus erster Hand weiß, wie dieser dienstälteste Coach im deutschen Profifußball tickt, was er von seinen Spielern erwartet und wie seine Spielidee konkret aussieht, die am Ende dieser Saison zum erstmaligen Aufstieg in die Bundesliga führen könnte.
Heidenheim-Torjäger Kleindienst arbeitet auch defensiv
„Heidenheim ist die laufstärkste Mannschaft der Liga. Defensiv muss jeder mitarbeiten. Auch Tim Kleindienst führt unglaublich viele Zweikämpfe nach hinten“, sagt Otto. Dabei ist besagter Tim Kleindienst (27) mit aktuell 20 Saisontreffern Torjäger Nummer eins der gesamten Liga.
Doch seine Physis nutzt der 1,94-Meter-Mann, den Heidenheim im Sommer 2021 für stolze 3,5 Millionen Euro vom belgischen Erstligisten KAA Gent zurückkaufte, regelmäßig dazu, auch in der Rückwärtsbewegung Gegenspieler zu rempeln und Kopfballduelle zu gewinnen.
David Otto: Lob für Heidenheims Einkaufspolitik
„Diese Defensivarbeit zieht sich durch die ganze Mannschaft. Es ist total schwer, gegen sie Tore zu schießen. Manchmal spielen sie über den ganzen Platz Mann gegen Mann. Zudem legt der Trainer sehr viel Wert auf Standards und das Konterspiel. Jeder weiß, was der Trainer einfordert und kann sich daran orientieren“, berichtet Otto.
Dazu lobt der St.-Pauli-Stürmer das Zusammenspiel zwischen Schmidt und Vorstandschef Holger Sanwald. „Sie wissen sehr genau, welche Spieler sie haben wollen und haben sich auch im Sommer wieder klug verstärkt. Das macht sie vielleicht noch einen Tick stärker als in den Jahren zuvor“, sagt Otto.
Dabei denkt er vor allem an Außenstürmer Jan-Niklas Beste und Innenverteidiger Lennard Maloney, die sofort zu Stammspielern und Leistungsträgern des Tabellenzweiten geworden sind.
Otto muss sich bisher mit der Jokerrolle begnügen
Eine solche Rolle hat sich David Otto im Team des FC St. Pauli weder unter Trainer Timo Schultz noch unter dessen überaus erfolgreicherem Nachfolger Fabian Hürzeler erarbeiten können, was seine erst vier Startelfeinsätze in den bisher 26 Punktspielen belegen. Immerhin wurde der gebürtige Pforzheimer, der die Nachwuchsabteilung der TSG Hoffenheim durchlief, schon 17-mal eingewechselt, was ihn aber nicht wirklich rundum zufriedenstellen kann.
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„Wenn die Jungs so performen wie in den vergangenen Wochen, gibt es für den Trainer wenig Gründe, etwas zu verändern“, stellt er nüchtern fest und sieht ein, dass die Variante mit dem beweglicheren und technisch versierteren Lukas Daschner auf der Mittelstürmerposition derzeit erfolgreich ist.
So bleibt für Otto also nur, sich im Training anzubieten und nach einer Einwechslung als „Joker“ bestmöglich die Vorgaben des Trainers umzusetzen. Zuletzt gegen Regensburg, als er nach einer Stunde auf den Rasen durfte, sollte er in erster Linie mithelfen, den knappen Vorsprung zu verteidigen.
Rolle als erster HSV-Jäger spiele laut Otto keine große Rolle
Bei der Frage, wie viel Spaß die Rolle als Tabellenvierter und somit als HSV-Jäger Nummer eins macht, wiegelt Otto ganz im Sinne seines Trainers ab. „Ob wir jemanden jagen, spielt keine so große Rolle. Wir haben einfach Bock, uns weiterzuentwickeln, gute Spiele zu machen und zu gewinnen. Wofür das Ende reicht, wird man sehen. Wir haben jetzt sehr schwere Spiele vor der Brust, das erste in Heidenheim“, sagt er und ahnt, dass für dieses eine Match beim Tabellenzweiten sogar HSV-Fans seinem Team gönnen zu punkten: „Das kommt ja nicht so oft vor.“
Offensivspieler Oladapo Afolayan (25), der beim 1:0-Sieg am Sonnabend gegen Jahn Regensburg angeschlagen ausgewechselt worden war, konnte am ersten Mannschaftstraining der Woche am Dienstagmittag komplett mitwirken.