Hamburg. Der systemrelevante Schwede ist trotz seiner Physis der fragilste Stammspieler des Kiezclubs. Gegen Heidenheim droht sein Ausfall.

Es sollte eine Überraschung werden. Zumindest den Anschein danach erwecken. Da wollte sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nicht lumpen lassen. Schließlich sollte am Mittwochabend (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) bei der Abschlussveranstaltung des DFB-Fußballlehrer-Lehrgangs 2022 verkündet werden, wer die Abschlussprüfung bestanden hat.

Dass Fabian Hürzeler, noch immer verlustpunktfreier Cheftrainer des FC St. Pauli, oder einer der anderen 15 Teilnehmer durchgefallen ist, lässt sich ausschließen. Überraschungswert dürfte allenfalls besitzen, für welches seiner „lange nicht benutzten Sakkos“ sich Hürzeler entschieden hat.

Schon am Vortag plagten Eric Smith Beschwerden am Knie

Die eigentliche Überraschung hatte der 30-Jährige ja ohnehin bereits vor der Abreise per ICE ins Rheinland beim Training an der Kollaustraße erlebt. Es war keine angenehme.

„Alles gut bei Eric“, hatte Hürzeler wenige Stunden zuvor am Mittwochmorgen bei der wegen der Ostertage vorgezogenen Spieltagspressekonferenz noch gesagt, nachdem Eric Smith am Vortag leichte Beschwerden am linken Knie geplagt hatten. Alles obsolet.

Erste Anzeichen deuten auf Adduktorenverletzung bei Eric Smith hin

Smith wiederum hatte beim Training am Mittwochmittag sein gelbes Sakko in Form eines Leibchens übergeworfen, als er eine Übungsform auf Kleinfeld unvermittelt verließ und den Arm hob, um Chefphysiotherapeut James Morgan herbeizurufen. Der Neuseeländer überprüfte das rechte Bein des Schweden, fokussierte sich offensichtlich auf den Adduktorenbereich.

Nach erster Überprüfung versuchte Smith, die Schmerzen auszulaufen, wagte ein Kurzzeitcomebackversuch im Training. Wie kurz? Für exakt eine Defensivaktion. Morgan intensivierte seinen Check-up und geleitete den sichtlich frus­trierten Leistungsträger schließlich in den Kabinentrakt.

FC St. Pauli muss in Heidenheim wahrscheinlich auf Abwehrchef verzichten

Eine Diagnose stand am Mittwochabend noch aus. So viel schien jedoch sicher zu sein: Nicht nur die Trainingseinheiten am Donnerstag und Freitag, sondern auch die Teilnahme am Spitzenspiel am Sonnabend (20.30 Uhr/Sky und Sport1) beim 1. FC Heidenheim, zu dem die Kiezkicker erst am gleichen Tag fliegen, ist gefährdet.

Es wäre bei Weitem nicht das erste Mal, dass Smiths Gesundheit ihm im Weg steht. Im Gegenteil: Aus der Stammelf St. Paulis ist kein Spieler fragiler als der zynischerweise besonders stabil gebaute, 1,92 Meter große Skandinavier. Nachdem er in der Winterpause 2020/21 nach Hamburg gewechselt war, verpasste er 15 der verbleibenden 20 Begegnungen.

Smith ist in dieser Saison seltener verletzt gewesen

Vergangene Spielzeit hielt Smith nur die Hälfte der Partien durch. Die Wade, die Leiste, das Knie, irgendwas war immer. Immerhin: In dieser Saison wirkte Smith in 22 von 26 Zweitligaspielen mit, fiel nur punktuell wegen muskulärer Probleme und eines Infekts aus. Wegen Beschwerden in der Leistengegend wurde er gelegentlich im Training geschont.

Da Smith bei den Braun-Weißen einen systemrelevanten Posten hat, wäre sein Ausfall besonders schwierig zu verkraften. In den taktischen Überlegungen Hürzelers nimmt der Südschwede den womöglich wichtigsten Part ein. Sein starkes Aufbauspiel ermöglicht die häufige spielerische Dominanz erst.

Zwei Alternativen in der Defensive des FC St. Pauli vorstellbar

Zudem ist Smith der unumstrittene Abwehrchef, der nicht nur durch eine gute Zweikampfquote, sondern primär seine Antizipation glänzt, die ihm Vorteile in der Positionierung ermöglicht. Dass es St. Pauli Anfang Februar gelungen war, sich auf eine Vertragsverlängerung bis Ende der Saison 2024/25 zu einigen, ist ein Coup gewesen.

Müsste Smith ersetzt werden, kommen zwei Akteure von der Ersatzbank dafür infrage. Variante eins wäre Betim Fazliji. Der 23-Jährige, der bislang nur selten überzeugte, könnte dank seiner Qualitäten im Spielaufbau theoretisch Eins-zu-eins die Rolle übernehmen.

Blitzheilung von Smith oder Adam Dzwigala in der Startelf?

Plan B wäre Adam Dzwigala, der voraussichtlich den rechten Part in der Dreierkette spielen und Jakov Medic von dort in die zentrale Position verdrängen würde. Im Übrigen besitzt auch der Pole ein untrügliches Talent dafür, sich in den denkbar ungünstigsten Momenten lädieren zu lassen. Sofern der 27-Jährige fit ist, gilt er jedoch stets als eine verlässliche, wenngleich unspektakuläre Option. Nicht ausgeschlossen ist Plan C: eine Blitzheilung von Smith als große Überraschung.