Hamburg. St. Paulis neuer Stürmer bestritt schon mit Wien, Nürnberg und Schalke Nachbarschaftsduelle. Wie der Österreicher zum Fußball kam.
Es war ein Wettkampf unter Vollbartträgern. Marvin Knoll, Boris Tashchy und der in der vergangenen Woche vom FC Schalke 04 verpflichtete Stürmer Guido Burgstaller schossen am Montagmittag nach der ersten Trainingseinheit noch um die Wette aufs Tor. Als Flankengeber hatten die drei ihren Kollegen Rodrigo Zalazar engagiert, und auch Trainer Timo Schultz hatte seine Freude an der Extraschicht und schlug einige Bälle in den Strafraum. Im Tor hatte Robin Himmelmann alle Hände voll zu tun. Das muntere Treiben dauerte rund 20 Minuten.
„Ja, es ging um etwas, aber das bleibt mannschaftsintern“, berichtete später Guido Burgstaller bei seiner ersten größeren Gesprächsrunde mit Hamburger Medienvertretern, die wie in diesen Zeiten üblich als Video-Konferenz stattfand. Knoll ging aus dem Wettbewerb jedenfalls als Sieger hervor, Tashchy wurde Zweiter, Burgstaller hatte das Nachsehen, auch wenn seine Treffer bisweilen, wie schon im Trainingsspiel zuvor, spektakulär waren.
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Burgstaller: „Ich stehe nur auf dem Platz gern im Mittelpunkt“
Meist knapp, aber doch präzise beantwortete St. Paulis neuer Stürmer die zahlreichen Fragen zum Sportlichen und Privaten. „Ich stehe nur auf dem Platz gern im Mittelpunkt“, sagte der Österreicher denn auch und gab unverblümt zu, dass seine Freizeitgestaltung „eher langweilig“ sei – spazieren gehen mit der Familie, gelegentlich Tennis spielen und, wenn es die Zeit und der Arbeitgeber erlauben, auch mal wieder Ski fahren.
Da er aus Villach in Kärnten stammt, ist er halt in den Bergen mit dem alpinen Skisport groß geworden, doch irgendwann in jungen Jahren zog es ihn doch zum Fußball und aus Kärnten in die Hauptstadt Wien, wo er drei Jahre für den Traditionsclub Rapid Tore schoss und Nationalspieler wurde.
Dort sammelte der 31-Jährige auch die ersten Erfahrungen in brisanten Derbys gegen Admira Wacker und die Wiener Austria. Später, nach einem Intermezzo bei Cardiff City, folgten für ihn die Frankenderbys mit dem 1. FC Nürnberg gegen die SpVgg Greuther Fürth und später mit Schalke die Ruhrpott-Duelle gegen Borussia Dortmund.
Am 19. Oktober geht es gegen seinen Ex-Verein 1. FC Nürnberg
„Meine Gesamtbilanz in den Derbys ist zusammengerechnet wohl ein Unentschieden“, sagt er, wobei er natürlich auch an das unvergessliche 4:4 in Dortmund im November 2017 denken muss, als er nach der 4:0-Halbzeitführung des BVB mit seinem Kopfballtor die erfolgreiche Schalker Aufholjagd einläutete.
„In solchen Derbys sind ganz verrückte Spiele möglich. Es gibt da nichts, was es nicht gibt“, sagt Burgstaller und blickt schon heute auf den 30. Oktober, wenn er mit St. Pauli im Volksparkstadion beim HSV auflaufen wird. „Ich freue mich darauf, wieder ein Stadtderby zu haben. Das ist nicht nur für die Fans, sondern auch für uns Spieler etwas Besonderes.“
Doch auch schon das nächste Zweitligaspiel ist für Burgstaller nicht nur eines von vielen. Schließlich geht es am 19. Oktober gegen seinen Ex-Verein 1. FC Nürnberg, für den er in zwei Jahren 33 Treffer in 63 Spielen erzielte, ehe er den klammen Franken eine Ablöse von 1,5 Millionen Euro einbrachte und nach Schalke wechselte, wo er zunächst seine hohe Torquote beibehielt.
Burgstaller hat schon das „besondere Flair“ am Millerntor genossen
In der vergangenen Saison allerdings lief es bekanntlich weder für ihn noch für die Königsblauen, die seit Januar bis heute kein Spiel mehr gewonnen haben. Der Wechsel erscheint für Burgstaller nun wie eine Befreiung. „Ich weiß, woran es gelegen hat. Daher werde ich sicher nicht den Kopf in den Sand stecken und hier Gas geben und so schnell wie möglich erfolgreich Fußball spielen“, sagte er jetzt, ohne konkret über die Gründe des Durchhängers zu sprechen.
Auf jeden Fall habe er sich über die SMS gefreut, die ihm St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann, den er aus gemeinsamen Nürnberger Zeiten kennt, geschickt hatte, um vorzufühlen, ob er sich einen Wechsel vorstellen könne. „Es ist nicht selbstverständlich, dass Sportdirektoren anderer Clubs an einen denken“, sagte er jetzt. Nach Gesprächen mit seiner Frau und seinem Berater habe sein Entschluss festgestanden, zumal er bei seinem bisher einzigen Spiel im Millerntor-Stadion, als er für Nürnberg zum 1:1-Endstand traf, schon das „besondere Flair“ genossen habe.
Profikarriere hat ihn schon nach Wien, Cardiff, Nürnberg, Gelsenkirchen geführt
Heimatverbunden ist Burgstaller bis heute geblieben, auch wenn ihn seine Profikarriere schon nach Wien, Cardiff, Nürnberg, Gelsenkirchen und jetzt Hamburg geführt hat. „Wir Kärntner haben den schönsten Dialekt in Österreich und auch die schönste Landschaft“, sagt er mit genau der Überzeugung, die sich St. Paulis sportliche Führung von ihm jetzt auch verspricht, wenn er vor dem Tor den Ball am Fuß hat. Kostproben davon gab es am Montag schon einige zu sehen – auch wenn es nur im Training war.