Bei einem “Geisterspiel“ ohne Zuschauer würde dem ohnehin klammen Verein aus Rostock eine sechsstellige Summe entgehen.

BERLIN. "Geisterspiel" statt Gnade: Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bleibt im Kampf gegen Fangewalt seiner harten Linie treu und fordert für den Wiederholungstäter Hansa Rostock ein Zweitliga-Heimspiel ohne Zuschauer. Bei einem sogenannten «Geisterspiel» würde dem ohnehin klammen Verein eine sechsstellige Summe entgehen. Das DFB-Sportgericht war erst vor einer Woche der Empfehlung des Kontrollausschusses gefolgt und hatte den Zweitligisten Dynamo Dresden nach Ausschreitungen aus dem Pokalwettbewerb der kommenden Saison ausgeschlossen.

Hansa hat bis Dienstag Zeit, eine Erklärung abzugeben. Wie der Verein mitteilte, werde der Vorstand «intern prüfen», ob der Klub dem Strafantrag zustimmt. Betroffen wäre das Heimspiel, das auf ein rechtskräftiges Urteil folgt. Dabei könnte es sich um die brisante Begegnung gegen Dresden am 18. Dezember handeln.

Mit dem Strafantrag gegen Rostock reagierte der Kontrollausschuss auf die Krawalle im Heimspiel der Mecklenburger gegen den FC St. Pauli (1:3) am 19. November. Während der Begegnung hatten Hansa-Chaoten Feuerwerkskörper in den Gästeblock geschossen und so eine Spielunterbrechung provoziert. Zuvor hatten Pauli-Anhänger Pyrotechnik und Knallkörper gezündet.

Insgesamt wurden rund um das brisante Nord-Derby zehn Personen verletzt, darunter acht Polizisten. Gegen 33 Randalierer wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Rostock war in dieser Saison bereits nach dem Spiel bei Eintracht Frankfurt für seine gewalttätigen Fans verurteilt worden. Hansa musste bei zwei Auswärtsspielen auf seine Anhänger verzichten und den betroffenen Vereinen Erzgebirge Aue und Fortuna Düsseldorf je 25.000 Euro Schadenersatz zahlen. «Deshalb halten wir jetzt eine härtere Sanktion für angebracht», sagte Anton Nachreiner, der Vorsitzende des Ausschusses. Für St. Pauli fordert das Gremium eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 Euro.

In der vergangenen Woche hatte wegen den erneuten Ausschreitungen Hansas Hauptsponsor Veolia bekannt gegeben, sein Engagement spätestens nach Ablauf der Saison zu beenden. Bei weiteren Krawallen, so drohte das Umweltservice-Unternehmen, werde man unmittelbar aus dem Vertrag aussteigen.

seinen Rückzug nach der laufenden Saison an, weil die regelmäßigen Ausschreitungen auch die Reputation des Sponsors gefährdeten.

+++Die Leuchtraketen-Angriffe im Video - Hansa plant Strafanzeige+++

Ausschreitungen bei Hansa Rostock - Hauptsponsor springt ab

Der Verein hatte das Verhalten der Chaoten verurteilt und um eine gesamtgesellschaftliche Unterstützung gebeten. «Wir bitten die Verbände, die Politik und die Judikative, uns Vereine mit diesem gesamtgesellschaftlichen Problem nicht alleine zu lassen», hieß es in einer Pressemitteilung.

Am Donnerstag fand in Rostock auch ein Spitzentreffen zwischen dem Verein, Polizei, Politik und Justiz statt, um eine gemeinsame Strategie gegen die Ausschreitungen zu besprechen.

Zuletzt hatte das DFB-Sportgericht den FC St. Pauli nach der sogenannten «Bierbecher-Affäre» zu einem Geisterspiel verurteilt, dann das Urteil aber nach einem Einspruch der Hamburger in eine Platzsperre umgewandelt. Das erste «Geisterspiel» im deutschen Profifußball gab es im Januar 2004 zwischen den damaligen Zweitligisten Alemannia Aachen und dem 1. FC Nürnberg.

In der Saison 1995/96 war Hansa nach Ausschreitungen - ebenfalls gegen den FC St. Pauli - mit einer Platzsperre belegt worden. Das Spiel wurde am 28. Oktober 1995 gegen Eintracht Frankfurt anstatt im damaligen Ostseestadion im Berliner Olympiastadion vor 58.492 Zuschauern ausgetragen und bedeutet immer noch Zuschauerrekord der Rostocker.

(sid/abendblatt.de)