Hamburg. Der wegen Epo-Dopings gesperrte Kroate des HSV kämpft am Dienstag und Mittwoch vor dem Internationalen Sportgerichtshof um seine Unschuld.

Vor einer Woche war Mario Vuskovic das bislang letzte Mal bei seiner Mannschaft. Der 22 Jahre alte HSV-Profi verfolgte das Stadtderby gegen den FC St. Pauli im Volksparkstadion. Sein Mitspieler Ludovit Reis reckte nach dem 1:0-Sieg das Trikot von Vuskovic in die Luft. Es sind die Momente, die dem Kroaten weiterhin Zuversicht geben. Zuversicht, dass er irgendwann wieder gemeinsam mit seiner Mannschaft auf dem Platz stehen kann. Seit dem 11. November 2022, also schon seit 549 Tagen, ist Vuskovic außen vor, nachdem er von der Nationalen Antidopingagentur (Nada) positiv auf Epo-Doping getestet wurde.

Seit Dienstag ist Vuskovic wieder mittendrin. Um 9 Uhr begann vor dem Internationalen Sportgerichtshof (Cas) im Schweizer Lausanne der mit Spannung erwartete zweitägige Prozess im Dopingfall Vuskovic. Das DFB-Sportgericht hatte den Innenverteidiger des HSV am 30. März 2023 für zwei Jahre gesperrt. Sowohl der Kontrollausschuss des DFB, als auch die Nada, die Welt-Antidoping-Agentur (Wada) und Vuskovic hatten gegen das Urteil Einspruch eingelegt. So kommt es nun zur entscheidenden Verhandlung vor dem Cas.

Streit der Wissenschaftler vor Gericht

Gleich am Dienstag sollte es zu Beginn der Verhandlung zur Anhörung von Vuskovic kommen. Der HSV-Profi wollte wie schon vor dem DFB-Sportgericht versichern, dass er keine Erklärung dafür habe, wie das Epo in sein Blut gekommen sei. Ob es sich tatsächlich um eine positive Dopingprobe handelt oder nicht, wird am Dienstag den Großteil der Verhandlung einnehmen.

Während für die Nada sowie die Wada vier Wissenschaftler den Richtern erklären, warum in der Dopingprobe ein positives Ergebnis zu erkennen ist, halten zwei von Vuskovic und dem HSV beauftragte Wissenschaftler dagegen. Ihrer Ansicht nach ist die Probe negativ. Es kommt also erneut zu einem Streit der Wissenschaftler. Der Plan sieht allerdings vor, dass die sechs Zeugen am Dienstag auch die Zeit bekommen, sich untereinander auszutauschen und ihre Standpunkte zu bewerten.

Hilft Vuskovic der Fall Peter Bol?

Vuskovic hofft weiterhin auf einen Freispruch. Seine Anwälte setzen dabei vor allem auf den kanadischen Gutachter David Chen. Der Proteinchemiker war auch schon als Hauptgutachter im Verfahren gegen den australischen Mittelstreckenläufer Peter Bol tätig, dessen Dopingsperre nach einer „atypischen“ B-Probe aufgehoben wurde.

Die Verteidigungsstrategie der Vuskovic-Anwälte fußt auch auf dem Fall des Olympiavierten – mit dem Unterschied, dass Vuskovics B-Probe positiv gewertet wurde. Doch genau diese im Labor von Kreischa (Sachsen) gefällte Analyse zweifelt Chen an. Der Kanadier ist von einem „falsch-positiven“ Dopingtest überzeugt.

Zwei neue Anwälte im Team Vuskovic

Vuskovic hat sich für seine Verteidigung weitere juristische Verstärkung geholt. In Lausanne wird er nun neben dem deutschen Anwalt Joachim Rain, der ihn schon vor dem DFB-Sportgericht vertreten hatte, zusätzlich vom kroatischen Anwalt Tomislav Kasalo sowie vom US-Anwalt Paul Greene unterstützt. Insbesondere auf Greene ruhen große Hoffnungen. Er hatte vor dem Cas im vergangenen Jahr bereits den Freispruch für den Leichtathleten Bol erwirkt.

Am zweiten Prozesstag geht es dann um weitere Zeugen, die Vuskovics Unschuld beweisen sollen. Wie schon in Frankfurt wird ein Arzt des HSV angehört. Zudem setzt Vuskovic auf das Ergebnis des Lügendetektortests, den er bei einem renommierten Institut in Manchester bestanden hatte. Im Gegensatz zum DFB-Sportgericht wird das Ergebnis dieses Tests vor dem Cas auch eine Gewichtung bei der Urteilsfindung einnehmen. Darüber hinaus wird es am Mittwoch im Zeugenstand darum gehen, wie man sich überhaupt Epo beschaffen kann.

Im Urteil des DFB-Sportgerichts vor einem Jahr hatte der Vorsitzende Richter Stephan Oberholz begründet: „Mario Vuskovic ist zum einen als Ersttäter zu behandeln, zum anderen zeigt der Analysebefund nur eine geringe Menge an Epo, so dass nicht von einem strukturierten Doping ausgegangen werden kann.“

Freispruch oder vier Jahre Sperre für Vuskovic

Klar ist vor dem Cas-Prozess, bei dem Vuskovic neben HSV-Sportvorstand Jonas Boldt und HSV-Justiziar Philipp Winter auch von seiner Familie begleitet wird: Eine zweijährige Sperre, wie sie das DFB-Sportgericht ausgesprochen hatte, wird es nicht geben. Entweder erfolgt ein Freispruch – oder aber Vuskovic wird wie von der Nada gefordert rückwirkend für vier Jahre gesperrt. Klar ist zudem, dass ein Urteil erst einige Wochen später schriftlich erfolgt.

Vuskovics Verteidigung sowie die wegen der vom DFB-Regelwerk abweichenden Sperre ebenfalls in Berufung gegangene Nada, die Wada und der DFB-Kontrollausschuss erhalten dann die Möglichkeit, zur Beweisaufnahme Stellung zu beziehen. Das Warten des Mario Vuskovic geht also auch nach den kommenden zwei Tagen in Lausanne weiter.