Hamburg. HSV-Profi darf während Dopingsperre nur eingeschränkt trainieren. Experte erklärt, worauf es beim Kroaten während der Pause ankommt.

Wer sich im Internet über das sinnvolle Überbrücken von Wartezeiten schlaumachen will, der findet mit nur einem Klick eine ganze Reihe von Tipps. Die zusammengestellten Empfehlungen, die von Kontaktpflege, dem Abarbeiten einer To-do-Liste bis hin zu Nachrichten oder Bücher lesen vermeintlich alles dabei haben, eint eine entscheidende Schwäche. Sie eignen sich nur für kurzzeitiges Warten und stoßen bei Mario Vuskovic daher an ihre Grenzen.

Der wegen Dopings gesperrte HSV-Profi wartet nun schon seit fast eineinhalb Jahren auf die Freigabe, seinen Beruf als Fußballprofi auszuüben. In seiner unfreiwilligen Freizeit betreibt der Abwehrspieler hauptsächlich Sport – ein Tipp, der im Übrigen auf fast allen soeben erwähnten Listen im Netz fehlt. Um sich mental von seinem Schicksal abzulenken, soll Vuskovic privat sogar noch mehr trainieren als vor seiner Sperre, gegen die er vor dem Internationalen Sportgerichtshof (Cas) in Berufung gegangen ist.

Mario Vuskovic: Wann wäre HSV-Profi spielfit?

Sollten die Richter in Lausanne (Schweiz) an den beiden Prozesstagen am 14. und 15. Mai den Argumenten von Vuskovics internationalen Gutachtern, die von einem falsch-positiven Epo-Test ausgehen, folgen, dürfte der Kroate im Falle eines Freispruchs sofort wieder beim HSV trainieren und spielen.

Da der 22-Jährige seit der Bekanntgabe seines positiven Epo-Befunds im November 2022 weder beim HSV noch bei anderen Vereinen an einem Mannschaftstraining teilnehmen darf, steht hinter dem tatsächlichen Zeitpunkt seines Comebacks aber ein großes Fragezeichen. Wie schnell wäre Vuskovic nach seiner möglichen Rückkehr ins Teamtraining wieder spielfit?

„Es ist entscheidend, wie aktiv er während seiner Sperre war, und ob er neue Trainingsreize gesetzt sowie durch präventive Übungen das Verletzungsrisiko für den Neustart minimiert hat“, sagt der Hamburger Athletiktrainer Marc Huisman dem Abendblatt. „Beweglichkeit ist ein ganz großes Thema.“ So sei es wichtig, an der Explosivität und Schnellkraft zu arbeiten, zum Beispiel in Form von richtungswechselnden kurzen Sprints, um den Anschluss zu den im Mannschaftstraining stehenden Fußballern zu halten.

Wie Vuskovic am HSV-Comeback arbeitet

Tatsächlich hat Vuskovic genau in diesen Parametern seine Schwerpunkte gesetzt. In seiner kroatischen Heimat Split hält ihn der Privattrainer Ivo Katusic mit nahezu täglichen Übungen in diesem Bereich fit. Am Nachmittag folgt meistens noch eine zweite Einheit mit fußballspezifischen Übungen unter der Leitung des früheren jugoslawischen und kroatischen Nationalspielers Zoran Vulic.

Obwohl sich Vuskovic gemäß der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB nicht auf offiziellen Trainingsplätzen von Vereinen fit halten darf, sondern auf Amateurplätze oder Parks ausweichen muss, könnte er relativ schnell wieder eine Verstärkung für den HSV werden.

„Der Zeitpunkt lässt sich zwar nicht genau prognostizieren, aber wenn er seine Hausaufgaben voll durchzieht, dann kann er schon wenige Wochen nach Aufhebung der Sperre auf hohem Niveau wieder zu Kurzeinsätzen kommen“, sagt Huisman.

Bei Freispruch wäre Vuskovic zum Saisonstart bereit

Da mit einem Urteil in dem Dopingverfahren nicht vor Juni zu rechnen ist, Vuskovic also bis Saisonende gesperrt bleibt, könnte er bei einem positiven Prozessausgang zur neuen Saison wieder voll einsteigen. „Man wird gleich im ersten Training relativ schnell erkennen, wie fit er wirklich ist und wann er wieder spielen kann“, prognostiziert Huisman.

Er mahnt allerdings, „auch die mentale Verfassung des Innenverteidigers genau zu beobachten“, da sich diese negativ auf die Leistung auswirken könnte, falls ihn die spielfreie Zeit zu sehr belastet habe.

HSV-Profi Mario Vuskovic geht gegen die Zweijahressperre vom DFB-Sportgericht vor.
HSV-Profi Mario Vuskovic geht gegen die Zweijahressperre vom DFB-Sportgericht vor. © dpa | Frank Rumpenhorst

Vuskovic bekam Hilfe über Instagram angeboten

Huisman weiß, wovon er spricht. Der frühere Footballspieler, der mit den Hamburg Blue Devils mehrmals deutscher Meister wurde, machte einst eine Fortbildung bei Mark Verstegen, der 2004 unter Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann ein neues Athletikkonzept beim DFB eingeführt hatte. Von 2017 bis 2021 arbeitete Huisman dann als Athletikcoach bei den Bundesliga-Hockeyherren des Großflottbeker THGC, ehe er sich in der Palmaille in Altona selbstständig machte.

In dem Wissen, dass Vuskovic momentan kein Mannschaftstraining absolvieren darf, bot der Ottensener dem HSV-Profi vor einigen Monaten bei Instagram seine Hilfe als Privattrainer an. In seinem Studio verfüge er über durch Luftdruck gesteuerte Geräte, die auch bei der Nationalmannschaft für mehr Explosivität und Schnellkraft genutzt werden. Doch Vuskovic antwortete ihm nie – wahrscheinlich, weil er mit seinen beiden Privattrainern in Split bereits voll ausgelastet ist.

Neben seiner körperlichen Fitness muss Vuskovic auch an seiner Reaktionsschnelligkeit arbeiten. „Nach einer langen Pause lässt häufig die Spielintelligenz nach“, sagt Huisman, „das kann durch Neuroathletik-Training und mithilfe von Virtual-Reality-Brillen kompensiert werden.“ Dabei werde die Gehirn- und Augenmuskulatur trainiert, „um das Reaktionsvermögen zu steigern und Bewegungen zu automatisieren.“

Vuskovic: Freispruch oder Vierjahressperre

Auf all diese Fähigkeiten wird es im Falle eines Vuskovic-Comebacks ankommen. Der Prozess, der über die Fortsetzung seiner Karriere entscheidet, findet auf Antrag seiner Anwälte öffentlich statt. Entgegen dem üblichen Ablauf beim Cas haben die Richter also Medienvertreter an beiden Verhandlungstagen zugelassen.

Ein Urteil wird erst einige Wochen später schriftlich erfolgen, weil Vuskovics Verteidigung sowie die wegen der vom DFB-Regelwerk abweichenden Sperre ebenfalls in Berufung gegangene Nationale Antidopingagentur (Nada), die Welt-Antidoping-Agentur (Wada) und der DFB-Kontrollausschuss die Möglichkeit erhalten, zur Beweisaufnahme Stellung zu beziehen.

Im Anschluss entscheiden die Richter am Cas, ob sie den weiterhin seine Unschuld beteuernden Vuskovic freisprechen oder seine aktuell im November endete Zweijahressperre um weitere zwei Jahre verlängern.

Mario Vuskovic darf aktuell ab September beim HSV trainieren

Solange die vom DFB-Sportgericht verhängte Sperre Bestand hat, darf Vuskovic laut der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB im September wieder am Mannschaftstraining des HSV teilnehmen. So heißt es in Paragraf 8f: „Ein Spieler kann in den letzten beiden Monaten der Sperre in das Mannschaftstraining zurückkehren.“ Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass der Cas bis September noch kein neues Urteil gesprochen hat.

Vuskovic, der weiterhin ein Gehalt vom HSV bezieht, bleibt vorher nichts anderes übrig als abzuwarten. Am Sonntag traf der Innenverteidiger beim Heimspiel im Volksparkstadion erstmals den neuen Trainer Steffen Baumgart. Die beiden nutzten den kurzen Hamburg-Besuch des Kroaten für einen Austausch.

Zumindest in diesem Punkt konnte Vuskovic einen der im Internet verbreiteten Tipps für das Überbrücken von Wartezeiten nutzen. Denn Gespräche mit Bekannten stehen auf fast jeder Liste.