Hamburg. Wann die HSV-Fans über eine Rechtsformänderung abstimmen, worum es geht und warum es einen Antrag Kühnes über 40 Millionen Euro gab.
Am 23. März geht es um die Zukunft des HSV. An diesem Tag wird der e.V. eine außerordentliche Mitgliederversammlung mit lediglich einem Tagesordnungspunkt abhalten: Die geplante Änderung der Rechtsform von der AG zu einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Sollte die notwendige Dreiviertelmehrheit der Mitglieder erreicht werden, wird im zweiten Quartal 2024, voraussichtlich Ende Mai, eine Hauptversammlung der Gesellschafter stattfinden, um die Rechtsformänderung formaljuristisch zu beschließen.
Im Anschluss würde sich die im Juni aufgesetzte und 30 Millionen Euro schwere Wandelanleihe Klaus-Michael-Kühnes mit sofortiger Wirkung in rund acht Prozent weiterer Anteile umwandeln. Aus Fremd- würde dann Eigenkapital. Nach Abendblatt-Informationen betragen die Konditionen 64 Euro pro Aktie. Mit den vorgesehenen 468.750 weiteren Aktien würde Kühne seine Anteile auf 21,4 Prozent aufstocken.
Durch die notwendige Kapitalerhöhung würde sich die Gewichtung aller weiteren Gesellschafter verwässern. Der Anteil von Hauptsponsor HanseMerkur (aktuell rund 6,8 Prozent) würde beispielsweise um rund 0,7 Prozent sinken. Der HSV e.V. würde immer noch etwas weniger als 70 Prozent halten.
HSV-Rechtsform: So sähe das neue Modell aus
Sollten die Mitglieder für eine Rechtsformänderung stimmen, gäbe es künftig eine klare Trennung von operativer Führung und Vermögensbeteiligung. Mit dem Ziel, die Mitgliederrechte zu stärken und gleichzeitig mehr Eigenkapital zu beschaffen, ist ein Zwei-Säulen-Modell vorgesehen.
Eine neu zu gründende HSV Fußball Management AG betriebe das operative Geschäft und wäre zu 100 Prozent im Besitz des e.V. Die Kontrollorgane blieben dieselben wie in der aktuellen AG: Der personell unveränderte Aufsichtsrat besetzt und kontrolliert den Vorstand, und das Präsidium schlägt Mitglieder des Aufsichtsrats vor, die der Prüfung des Beirats obliegen.
Trotz der deutlichen Aufstockung seiner Anteile dürfte Kühne, der im aktuellen Aufsichtsrat durch Markus Frömming vertreten wird, kein weiteres Mitglied in das Gremium entsenden. Mit anderen Worten: Ungeachtet des 30-Millionen-Euro-Deals würde der Milliardär nicht an Einfluss beim HSV gewinnen – es ist der entscheidende Vorteil einer KGaA im Vergleich zu einer AG. „Durch die Umwandlung wird ein entscheidender Schritt zur dauerhaften Sicherung der Mitgliederrechte vollzogen“, sagt Aufsichtsratschef und Vizepräsident Michael Papenfuß.
HSV-Investoren bekämen eigenen Aufsichtsrat
Denn in einer KGaA wäre die Kapitalstruktur aller Investoren in einer ebenfalls neu zu gründenden HSV Fußball AG & Co. KGaA abgebildet, die einen eigenen Aufsichtsrat erhielte. Dieser hätte keinen Einfluss auf das operative Geschäft, sondern eine beratende Funktion für die Gesellschafter. Das Gremium soll zunächst mit vier bis fünf Personen besetzt werden, perspektivisch sogar mit neun.
Neben zwei bis drei Vertretern aus dem e.V. sowie einem Mitglied der Fanorganisation HSV-Supporters soll jeder Gesellschafter ab Anteilen in Höhe von 7,5 Prozent das Recht auf ein Aufsichtsratsmitglied haben. Mit Ausnahme der Kleinaktionäre, die deutlich unter diese Schwelle fallen und trotzdem zusammen einen Vertreter entsenden dürfen.
Mit dieser Maßnahme sollen die Kleinaktionäre von der Rechtsformänderung überzeugt werden, denn bislang waren sie dagegen. Wegen der Querelen um Präsident Marcell Jansen hatten sie zuletzt sogar mit einem Verkauf ihrer Anteile gedroht.
HSV-Fans können Anteile erwerben
Neu wäre zudem das Modell „Supporters Trust“, durch das jeder Fan schon mit kleinen Beträgen Anteile am HSV erwerben kann. Damit folgt der HSV dem Beispiel des fanfreundschaftlich verbundenen Clubs Glasgow Rangers. „Die Idee kam aus Fankreisen, wir haben sie natürlich gerne aufgenommen“, sagt Papenfuß, der die noch offenen Details in diesem Jahr erarbeiten will.
In der Theorie könnte der HSV in einer KGaA 100 Prozent seiner Anteile verkaufen, da die Richtlinien der DFL keine Beschränkung vorsehen. In der Satzung des Vereins soll aber eine Obergrenze von 50 Prozent verankert werden. Zudem soll kein Gesellschafter mehr als 25 Prozent der Aktien zeichnen. Damit will der HSV aus Negativbeispielen wie Hertha BSC lernen. Ohnehin sollen keine Anteile an in der Branche berüchtigte Private-Equity-Firmen sowie Multiclubinvestoren veräußert werden.
Nach dem Kühne-Deal können noch weitere 18 Prozent veräußert werden, für die sich der HSV 120 bis 130 Millionen Euro erhofft. Hierfür bräuchte es lediglich die Zustimmung des Aufsichtsrats. Und es soll auch schon erste Gespräche mit Interessenten gegeben haben. Falls perspektivisch der Bedarf besteht, mehr als 50 Prozent der Anteile zu verkaufen, bräuchte es eine Dreiviertelmehrheit der Mitglieder.
Warum es einen Gegenantrag Kühnes über 40 Millionen gab
Als Kühnes Wandelanleihe beschlossen wurde, hatten auch alle anderen Aktionäre die Möglichkeit, sich weitere Anteile (zu denselben Konditionen wie Kühne) zu sichern, um ihre prozentuale Gewichtung auch nach der Kapitalerhöhung zu erhalten. Es handelt sich dabei um das gängige Bezugsrecht (Paragraf 186 des Aktiengesetzes), für das auf der Hauptversammlung im Juni sogar ein dem Abendblatt vorliegender Gegenantrag der Kühne Holding vorbereitet war.
Dieser sah die Option vor, eine Wandelanleihe in Höhe von 40 Millionen Euro zu beschließen. Obwohl der Antrag von Kühne stammte, hätte der Milliardär trotzdem nicht mehr als 30 Millionen Euro investiert. Die restlichen zehn Millionen Euro hätten von den anderen Gesellschaftern stammen sollen.
Der Grund dieses Pufferantrags war, dass im Vorwege der Versammlung die mündliche Zustimmung eines Gesellschafters für den Verzicht der Bezugsrechtsausführung im Falle des 30-Millionen-Euro-Pakets fehlte. Weil diese dann aber auf der Sitzung erfolgte, musste der Gegenantrag letztlich nie gestellt werden.
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HSV-Rechtsform: Und wenn die Fans dagegen sind?
Was aber passiert, wenn die Mitglieder sich gegen eine Rechtsformänderung entscheiden sollten? Dann müsste der HSV ab 2028 die 30 Millionen Euro in Raten an Kühne zurückzahlen. Momentan befindet sich das Geld auf einem Festgeldkonto, weshalb der Club sogar einen Gewinn erwirtschaftet. Denn die Zinseinnahmen übersteigen die Zinsausgaben an Kühne, die in der Zweiten Liga 3,5 Prozent und in der möglichen Bundesliga vier Prozent betragen.
Mit Kühnes Millionen will der Club perspektivisch seine Schulden weiter abbauen, Ablösesummen für junge Spieler finanzieren, um diese später gewinnbringend zu verkaufen, sowie in die Digitalisierung und das Stadion investieren. So soll das Volksparkstadion unter anderem neue Sitzschalen und mehr Ladestationen für E-Autos bekommen, um die Aufenthaltsqualität zu verbessern.
Für diese Maßnahmen kalkuliert der HSV mit einer siebenstelligen Summe, die auch unabhängig vom Ausgang der Mitgliederversammlung am 23. März investiert werden soll.