Hamburg. Unerwartete Kosten in Millionenhöhe beim Stadionumbau. Scharfe Kritik vom Beirat. Eishalle wird zu Sporthalle umgebaut.

Es war 18.31 Uhr am Sonntagabend, als auch Tagesordnungspunkt 20 („Verschiedenes“) ordnungsgerecht abgearbeitet, die Mitgliederversammlung des HSV e.V. im CCH beendet war. Der Saal hatte sich bereits deutlich geleert, von den zeitweise 606 Mitgliedern (574 stimmberechtigt) war weniger als die Hälfte noch vor Ort.

Im Laufe des Tages ging es unter anderem um einen möglichen Rechtsformwechsel der Profifußballabteilung von der AG in eine KGaA, Vorwürfe in Richtung von Präsident Marcell Jansen sowie die Schließung der Eisfläche in der q.beyond Arena im Volkspark. Die Mitgliedersammlung zum Nachlesen:

Aus für die Eisfläche im Volkspark beschlossen

Sie haben alles versucht. Mehrere Mitglieder der HSV-Eishockeyabteilung kämpften, nachdem sie bereits vor der Mitgliederversammlung gegen die Schließung der Eisfläche in der q.beyond Arena demonstriert hatten, mit Redebeiträgen für ihren Sport. Es half aber nicht.

238 von 288 (85,3 Prozent) stimmberechtigten Mitglieder stimmten am frühen Sonntagabend für das Vorhaben des HSV e.V., die von der Alexander-Otto-Stiftung angebotene Halle, die sich angesichts der hohen Energiekosten nicht wirtschaftlich betreiben lässt, zu übernehmen und in eine Dreifeldsporthalle umzubauen.

HSV-Vizepräsident und -Schatzmeister Michael Papenfuß musste den Mitgliedern erklären, dass der Betrieb der Eishalle nicht wirtschaftlich darstellbar ist.
HSV-Vizepräsident und -Schatzmeister Michael Papenfuß musste den Mitgliedern erklären, dass der Betrieb der Eishalle nicht wirtschaftlich darstellbar ist. © WITTERS | TayDucLam

„Das Thema ist emotional aufgeladen“, sagte Vizepräsident Michael Papenfuß. „Die Alexander-Otto-Sportstiftung wird die Eisfläche nicht weiter betreiben.“ Unabhängig davon, ob die HSV-Mitglieder für oder gegen die Übernahme und den Umbau stimmen würden, sei das Aus der Eisfläche im kommenden Mai beschlossen.

„Wir haben natürlich mit dem Sportamt und der Finanzbehörde Kontakt gehabt“, sagte Rando Aust, Vorstand der Alexander-Otto-Sportstiftung. Die Stadt habe die Eishalle, deren Betrieb ein jährliches Minus von 600.000 Euro bis eine Million Euro verursacht, nicht übernehmen wollen. „Der Eisbetrieb ist nicht wirtschaftlich darstellbar“, sagte Aust.

Eissportler und Eishockey-Fans demonstrierten vor dem CCH-Eingang gegen eine Schließung der Eishalle q.beyond Arena am Volkspark.
Eissportler und Eishockey-Fans demonstrierten vor dem CCH-Eingang gegen eine Schließung der Eishalle q.beyond Arena am Volkspark. © DPA Images | Marcus Brandt

Für Hamburgs Eissportler ist es eine bittere Wahrheit. In der Freiluft-Eisarena in Stellingen sowie dem Eisland Farmsen stehen künftig nur noch zwei Eisflächen in der Stadt zur Verfügung.

Neue Rechtsform? Abstimmung soll Ende März stattfinden

Vizepräsident Michael Papenfuß hat bei der Mitgliederversammlung einen ersten Einblick in die Arbeit der Arbeitsgruppe Rechtsform gegeben. Eine tiefergehende Informationsveranstaltung soll am 30. Januar um 18.30 Uhr im Haus des Sports stattfinden.

„Wir erachten den Rechtsformwechsel für einen wichtigen und richtigen Schritt“, sagte Papenfuß. „Es gab hitzige Debatten, wir blieben aber stets konstruktiv und auf die Sache fokussiert.“ Der Rechtsformwechsel würde eine Trennung in zwei Gesellschaften mit sich bringen, wobei als Komplementär der KGaA die „HSV Management AG“ entstehen würde.

„Wir streben keinen schnellen Verkauf von Anteilen an oder setzen alles auf eine Karte“, sagte Papenfuß. Die neue Rechtsform berücksichtige die Mitgliederrechte und sei gleichzeitig für externe Geldgeber ein attraktives Umfeld. Die Abstimmung über die Rechtsformänderung soll bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung Ende März stattfinden.

Boldt verkündet Jatta-Vertragsverlängerung

Sportvorstand Jonas Boldt hat in seinem Bericht eine überraschende Nachricht verkündet. „Ich freue mich, dass Bakery Jatta sich langfristig an den HSV gebunden hat“, sagte Boldt, ehe lauter Applaus im Saal aufbrandete. „Es ist kein Geheimnis, dass er viele andere Möglichkeiten hatte.“ Der Gambier hatte unter anderem Angebote aus der Bundesliga und Saudi-Arabien, wo er dem Vernehmen nach rund zwei Millionen Euro hätte verdienen können. Beim HSV ist es „nur“ ein mittlerer sechsstelliger Betrag pro Jahr. Überraschend ist auch die Vertragslaufzeit: Jattas neuer Vertrag läuft bis Sommer 2029.

Zeitgleich mit der Verkündung ging auch eine Pressemitteilung des HSV online. „Der HSV ist mein Leben und Hamburg mittlerweile meine Heimat“, sagt Jatta, „als ich hierherkam, haben mich die Menschen im Verein und drumherum aufgenommen, haben mir ein Zuhause gegeben und mich immer unterstützt. Dafür bin ich sehr dankbar und möchte ihnen in jedem Spiel etwas zurückgeben.“

Finanzvorstand Huwer: Unerwartete Kosten beim Volksparkstadion-Umbau

Bei der Sanierung des Volksparkstadions sind unerwartete Kosten im Millionenbereich entstanden. Wie Finanzvorstand Eric Huwer sagte, gebe es unter anderem Wassereintritte sowie „vagabundierende Ströme“, also Fehlströme außerhalb des Betriebsstromkreises. Allein dieses Elektronikproblem habe Kosten im siebenstelligen Bereich verursacht.

HSV-Vorstand Eric Huwer kann auf eine positive Geschäftsbilanz zurückblicken.
HSV-Vorstand Eric Huwer kann auf eine positive Geschäftsbilanz zurückblicken. © WITTERS | TayDucLam

Auch deshalb, so Huwer, werde die HSV Fußball AG kein zweites Mal in Folge ein derart positives Ergebnis wie im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielen. „Wir werden nicht noch mal acht Millionen Euro Plus erzielen, aber auch nicht Minus acht Millionen Euro“, sagte er. Grundsätzlich spreche das positive Ergebnis aber für sich. „Wir sind sattelfester und gesünder denn je“, sagte Huwer.

„Vorsätzliche Täuschung“: Schwerer Vorwurf in Richtung HSV-Präsidium

Patrick Ehlers, Vorsitzender des HSV-Beirats, wirft dem HSV-Präsidium einen Täuschungsversuch vor. Hintergrund ist das Leitplankenpapier, das Präsident Marcell Jansen bei einer Präsidiumssitzung am 31. August vorgelegt hatte.

Konkret schrieb Jansen damals unter anderem von einer neuen Vorstandsstruktur mit einem möglichen dritten Vorstand, verbesserten Governance-Strukturen und dem Plan, die Frauenabteilung möglichst schnell vom e.V. in die AG zu überführen. Das Abendblatt berichtete damals, dass der Beirat entmachtet werden könnte.

„Wir haben als Beirat keine einheitliche Meinung zu dem Komplex“, begann Ehlers sein Statement. „Ich habe damals aus einer WhatsApp-Gruppe davon erfahren, als ein Artikel gepostet wurde. Ich habe das für einen Witz gehalten. Normalerweise redet man vorher darüber.“

In der Folge habe es Probleme in der Kommunikation mit dem Präsidium gegeben. „Für mich war die Frage, ob im Rahmen der Anteilsübertragung auf die HanseMerkur Vermittlungsprovisionen ans Präsidium geflossen sind. Dazu habe ich einen Monat lang keine Antwort bekommen, ich musste im Tonfall sehr deutlich und verbal übergriffig werden, um überhaupt eine Antwort zu bekommen. Die Antwort war, dass sie keine Provisionen bekommen haben“, sagte Ehlers.

Vizepräsident Bernd Wehmeyer widersprach den Vorwürfen des Beiratvorsitzenden Patrick Ehlers.
Vizepräsident Bernd Wehmeyer widersprach den Vorwürfen des Beiratvorsitzenden Patrick Ehlers. © WITTERS | TayDucLam

Den Inhalt des Papiers kannte er zu diesem Zeitpunkt nur aus den Medienberichten sowie vom „Hörensagen“, wie der Beiratsvorsitzende weiter ausführte. „Wir haben dann im Dezember ein Papier zugeleitet bekommen, dass dieses vermeintliche Thesenpapier sein sollte. Das war aber dermaßen harmlos und ist sehr stark von dem abgewichen, was mir vorher zugetragen wurde. Vor dem Hintergrund gehe ich davon aus, dass das Papier, das dem Beirat zugeleitet wurde, nicht dem entspricht, was das ursprüngliche Papier war. Sollte das so sein, würden wir von einer vorsätzlichen Täuschung eines e.V.-Gremiums sprechen. Das ist aber auch nur meine Vermutung“, sagte Ehlers – ein schwerwiegender Vorwurf.

Vizepräsident Bernd Wehmeyer entgegnete: „Es gab keinerlei Täuschung.“ Grundsätzlich sei das Thema größer gemacht worden, als es nötig gewesen wäre. Auch Schatzmeister und Vizepräsident Michael Papenfuß wurde deutlich: „Das Papier ist eins zu eins identisch, inklusive der Rechtschreibfehler.“

Auch Präsident Jansen wurde emotional: „Anstatt es positiv zu sehen, gibt es all diese Märchenstunden. Darauf habe ich keinen Bock mehr“, rief Jansen. Unabhängig davon, welche Seite am Ende die Wahrheit sagte: Die Stimmung im Saal war zu diesem Zeitpunkt angespannt.

Ehrungen für Leichtathleten und HSV-Frauen

Zu Beginn der Veranstaltung standen unter anderem Ehrungen für die Leichtathleten Manuel Mordi und Louise Wieland an. Mordi (20) wurde im vergangenen Jahr deutscher Meister über 110 Meter Hürden, Wieland (22) deutsche Meisterin über 200 Meter. Neben den Sprintern wurden auch die HSV-Frauen, die im vergangenen Jahr in die 2. Fußball-Bundesliga aufgestiegen sind, auf der Bühne gewürdigt.

Proteste gegen Umbau der q.beyond Arena

Noch vor Beginn der Mitgliederversammlung protestierten mehr als 200 Eishockeysportler für den Erhalt der Eisfläche in der q.beyond Arena im Volkspark. Die Alexander-Otto-Stiftung will die Arena, die sich angesichts der hohen Energiekosten bisher nicht wirtschaftlich betreiben lässt, am 1. November dem HSV e.V. übergeben, der die Eis- zu einer Dreifeldhalle für verschiedene Indoorsportarten, darunter Rollstuhlbasketball, für zwei Millionen Euro behindertengerecht und energieeffizient umbauen will.

Mehr als 200 Eissportler demonstrierten gegen den geplanten Umbau der q.beyond Arena im Volkspark.
Mehr als 200 Eissportler demonstrierten gegen den geplanten Umbau der q.beyond Arena im Volkspark. © Henrik Jacobs | Henrik Jacobs

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Für den Eissport in Hamburg würde das den Verlust einer wichtigen Eisfläche bedeuten, die HSV-Mitglieder werden über dieses Vorhaben abstimmen. Unter anderem nutzen vier Eishockeyvereine die Eishalle im Ligabetrieb, hinzu kommen 650 Eiskunstläufer sowie viele Hobby-Eisläufer und Eisstockschützen. Sie wünschen sich, dass der HSV die Arena übernimmt, aber nicht umbaut.