Hamburg. Im Fall Vuskovic geht der nächste Wissenschaftler auf Konfrontation mit Wada und DFB: C-Probe gefordert, Verfahren kritisiert.

Im Dopingverfahren gegen HSV-Profi Mario Vuskovic (Epo) hat der nächste Wissenschaftler heftige Kritik an der Welt-Antidoping-Agentur (Wada) geäußert. Im Fan-Podcast „HSV KlönStuv“ bezeichnet der Systembiologe Lorenz Adlung das für die Epo-Analyse angewandte Sar-Page-Verfahren als „total amateurhaft“, weil zum Beispiel die zu untersuchende Urinmenge nicht standardisiert sei.

Zudem sei es „hochproblematisch“, dass die Wada sich selbst kontrolliere, da der Kanadier Jean-Francois Naud die Arbeit seines für die A- und B-Probe verantwortlichen Kollegen Sven Voss (Kreischa) in einem Gutachten bestätigte.

Die für 24 Stunden unterbrochene Kühlkette beim DHL-Transport von Vuskovics Urinprobe vom Haus des Dopingkontrolleurs zum Labor in Kreischa bezeichnete Adlung, der seine Doktorarbeit über die Auswirkung von Epo schrieb, als „unprofessionell“.

Mario Vuskovic: DFB habe „zu kurz gedacht“

Darüber hinaus bestätigte der mit dem FC St. Pauli sympathisierende Wissenschaftler den vom Abendblatt befragten Epo-Forscher Wolfgang Jelkmann, der die Begründung des Sportgerichts für Vuskovics zweijährige Sperre als „unsinnig“ bezeichnet hatte.

Zur Erinnerung: DFB-Richter Stephan Oberholz hatte seine Abweichung von der vierjährigen Regelsperre unter anderem damit argumentiert, dass bei Vuskovic nur eine geringe Epo-Menge nachgewiesen worden und nicht von strukturiertem Doping auszugehen sei. Diese Erklärung sei „zu kurz gedacht“, kritisierte Adlung.

Epo-Forscher plädiert für C-Probe bei Vuskovic

Die Wahrscheinlichkeit eines „falsch-positiven“ Epo-Tests, worauf Vuskovics Gutachter setzen, liege laut dem Wissenschaftler zwar gerade einmal bei eins zu 10.000. Doch die Frage sei: „Können wir es uns leisten, diesen einen von 10.000 Sportlern zu verurteilen, obwohl er nicht gedopt hat?“

Dass die Wada eine C-Probe verweigert und somit eine Aufklärung in dem Streit unter Wissenschaftlern verhindert, könnte nach Einschätzung von Juristen bereits eine Beweisvereitelung sein. Eine Einschätzung, die Adlung teilt. „Ich bin ein Verfechter davon, Proben unabhängig überprüfen zu lassen. Wenn es diese Möglichkeit gibt, verstehe ich aus guter wissenschaftlicher Praxis nicht, warum man darauf verzichtet.“

Und weiter: „Ich habe den Eindruck, dass die Wada eine hohe ,falsch-positive' Rate in Kauf nimmt, um den Schein zu wahren, dass alles funktioniert.“ Seine unbelegte These: Für die Reputation der Wada sei es besser, „regelmäßig Athleten zu überführen“. Eine weitere Vermutung Adlungs sei, dass die Wada „ihr eigenes Verfahren nicht diskreditieren“ wolle. Denn sollte eine C-Probe beweisen, dass Kreischa zu einem falschen Analyseergebnis gekommen sei, würde dem Labor der Verlust der Akkreditierung drohen.

Mario Vuskovic: Epo-Forscher kritisiert Verfahren

Adlung kritisierte zudem das gesamte Sar-Page-Verfahren, bei dem es keine Grenzwerte gibt, sondern Bilder miteinander verglichen werden. „Das Verfahren ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt der Wissenschaftler. „Mit einer Top-Wissenschaft hat das nichts zu tun. Als Naturwissenschaftler muss man gegen das Verfahren sein, das die Wada etabliert hat.“

Die Wada hält dagegen und sagt, dass es keine adäquate Alternative zur Sar-Page-Methode gebe, mit der auch Vuskovic des Dopings überführt wurde. Seine Anwälte sowie die Nationale Antidoping-Agentur (Nada) und der DFB-Kontrollausschuss sind gegen die Sperre in Berufung gegangen.

Nun muss der Internationale Sportgerichtshof CAS darüber entscheiden, ob der Fall direkt nach Lausanne geht oder das Verfahren vor dem DFB-Bundesgericht in der nächsten Instanz fortgeführt wird.