Hamburg. Zwei Sperren gestandener Abwehrspieler verhinderten eine vorzeitige Auswechslung des Youngsters, der offen über seine Gefühle spricht.

Tim Walter können Prognosen für seine Mannschaft gar nicht optimistisch genug sein. Als der HSV-Coach nach dem 6:1-Erfolg gegen Hannover 96 gefragt wurde, was er jemandem geantwortet hätte, der ihm nach 32 Minuten den Ausgang dieses Torfestivals vorhergesagt hätte, antwortete Walter gewohnt selbstbewusst: „Kann sein“.

Mit dieser trockenen Antwort hatte der 47-Jährige die Lacher im Medienraum auf seiner Seite. Klar ist aber, dass es nach dem Verlauf der ersten 30 Minuten weder nach einem Spektakel noch nach einem Sieg für den verunsichert wirkenden HSV aussah. Der fehlerhafte Auftritt war vor allem auf einen Namen zurückzuführen: Jonas David.

HSV: Jonas David spricht über Fehler

Schon in der dritten Minute vertändelte der Innenverteidiger den Ball an der Mittellinie gegen Maximilian Beier, konnte anschließend mit dem Tempo des Hannoveraners nicht mithalten und wusste sich nur noch mit einem taktischen Foul zu helfen. Eine frühe Gelbe Karte, die ihn auch in den folgenden Zweikämpfen spürbar belastete. Seine Verunsicherung schien sich zwischenzeitlich sogar auf seine Mitspieler zu übertragen.

„Es war am Anfang einen Tick zu wild. Wir hatten uns alle sehr viel vorgenommen, in der einen oder anderen Situation vielleicht zu viel. Dadurch kam Unruhe herein“, sagte David, der nach dem Spiel offen über seine Gedanken nach seinem frühen Lapsus sprach.

„Ich habe mich an eine ähnliche Situation in Karlsruhe erinnert, als es am Anfang auch nicht so rund lief“, begann David. „Es geht darum, einen Fehler nicht zu wiederholen. Einmal kann so etwas passieren, danach muss man ruhig bleiben. Es hilft mir natürlich, so einen Mitspieler wie Bascho (Schonlau) und Meffo (Meffert) an meiner Seite zu haben, die Ruhe reinbringen und mir Mut zusprechen.“

David gewann nur 18 Prozent seiner Zweikämpfe

Bis bei Davids Spielweise Ruhe einkehrte, dauerte es allerdings rund 30 Minuten, ehe sich die gesamte Mannschaft nach dem 1:0 durch Sonny Kittel (34.) steigerte. „Nach einer halben Stunde haben wir es besser gemacht, danach konnte uns keiner mehr stoppen“, freute sich David.

Seine Daten sprechen dennoch eine eindeutige Sprache. Er gewann für einen Innenverteidiger indiskutable 18 Prozent seiner Zweikämpfe. Bei Luftduellen, von denen er turnusmäßig den Großteil Kapitän Sebastian Schonlau überlässt, ging er gerade mal jedes fünfte Mal als Sieger hervor (20 Prozent).

Es sind Zahlen wie diese und Fehler wie in der 3. Minute, weshalb Walter den Youngster unter der Woche öffentlich kritisiert hatte. „Jonas hat eine klare Aufgabe zu erledigen. Das hat er nicht immer getan. Er hat immer mein Vertrauen, weil er immer gespielt hat. Das kann er dann auch zurückzahlen“, sagte der HSV-Coach.

Und weiter: „Es ist völlig egal, in welcher taktischen Ordnung wir spielen. Es geht nur darum, dass wir keine individuellen Fehler machen. Die individuellen Fehler waren zuhauf in den letzten Wochen. Ob das Javi Montero in Karlsruhe ist – oder eben Jonas David in Darmstadt und Karlsruhe.“

HSV: Rutscht David aus der Startelf?

Es waren deutliche Worte, die David auch intern zu hören bekam, wie er nach dem Hannover-Spiel zugab. „Ich weiß, was der Trainer von mir will“, sagte der Profi, der in der ersten Hälfte allerdings nicht das umsetzte, was Walter sehen will. Ohne die Sperren von Mario Vuskovic (Doping) und Javi Montero (Gelb-Rot) wäre der aufgrund seiner Geschwindigkeitsdefizite Gelb-Rot-gefährdete David wohl zur Halbzeit ausgewechselt worden – auch wenn Walter nach dem Spiel gegenüber der Öffentlichkeit das Gegenteil behauptete.

„Nein, das war keine Überlegung. Er hatte sich gefangen (nach seinem Fehler) und spielte es in der zweiten Halbzeit souverän zu Ende“, sagte der Trainer auf der Pressekonferenz.

Für die kommenden Wochen wird sich auch Walter Gedanken machen, ob er David noch einmal das Vertrauen schenkt. Zumindest hätte der Coach in den kommenden Wochen wieder mehr Optionen, ihn zu ersetzen. Durch die Rückkehr von Miro Muheim (Gelbsperre) böte sich eine Dreierkette mit dem Schweizer, Schonlau und Moritz Heyer an.

Denkbar ist auch, dass Heyer Davids Position im Abwehrzentrum einnimmt und Noah Katterbach rechts hinten in die Viererkette rückt. Oder der ebenfalls fehleranfällige Montero ersetzt David positionsgetreu. Vielleicht behält David aber sogar seinen Platz in der Startelf. Ähnliche Fehler wie gegen Hannover sollten ihm dann aber nicht mehr unterlaufen.