Hamburg. Nach geplatztem Wechsel fiel der sensible Profi in ein Loch. Nun scheint er rechtzeitig zurück zu sein. Mitspieler stärken Kittel.
Sonny Kittel ist wieder da! Nachdem der HSV-Profi im Winter bereits auf gepackten Koffern in Richtung Saudi-Arabien saß und nach seinem geplatzten Wechsel in ein mentales Loch fiel, das sich auf seine Trainingsleistung auswirkte, scheint der Offensivspieler seine alte Form gerade noch rechtzeitig für die entscheidende Saisonphase wiederzuerlangen.
Beim 6:1-Heimsieg des HSV im Nordduell gegen Hannover eröffnete Kittel das Torfestival. Sein erster Zweitligatreffer nach 343 Tagen war zugleich sein erstes Saisontor – eine ernüchternde Bilanz für einen Mann seiner Qualität. Doch möglicherweise schreibt der für gewöhnlich im Saisonendspurt abtauchende Kittel die Geschichte diesmal in umgekehrter Reihenfolge.
Schon beim 2:2 vor einer Woche in Düsseldorf war der Techniker ein Fixpunkt im Angriffsspiel, gegen Hannover belohnte er sich nun mit einem Treffer. Da Konkurrent Jean-Luc Dompé seit seinem schweren Autounfall Anfang Februar in einer Formkrise steckt und sich momentan auch noch mit Sprunggelenksproblemen herumplagt, weshalb er am Sonnabend nicht dem Kader angehörte, könnte sich Kittel auf Linksaußen festspielen.
HSV: Sonny Kittel spielt um neuen Vertrag
Ein aus Eigeninteresse nicht ganz unerhebliches Ziel für den 30-Jährigen, denn im Sommer läuft sein für einen Zweitligaspieler hoch dotierter Vertrag (rund 800.000 Euro Jahresgehalt) in Hamburg aus.
Auf das Wechsel-Veto des HSV im Winter hatte Kittel mit einer negativen Körpersprache reagiert, woraufhin er sich über Monate nur auf der Ersatzbank wiederfand. Nun scheint es zur Wende zu kommen. Knüpft der Angreifer in den kommenden Wochen an seine jüngsten beiden Spiele an, könnte er sich sogar für eine vor wenigen Wochen nicht mehr für möglich gehaltene Verlängerung beim HSV empfehlen. Ein Gedankenspiel, das neben einer eigenen Leistungsexplosion auch vom Aufstieg abhängt.
Oder aber Kittel zieht noch einmal das Interesse finanzkräftiger Vereine aus dem Ausland auf sich. So wie im Januar, als ihm eine Millionengage für den Gang in die Wüste offeriert worden war.
Riesenlob für Kittel von HSV-Mitspielern
Dabei sah die Anfangsphase gegen Hannover zunächst nicht danach aus, als könnte sich Kittel für einen neuen Vertrag empfehlen – weder beim HSV noch woanders. Als die Mannschaft in der ersten halben Stunde verunsichert spielte, wirkte auch Kittel auf der linken Außenbahn auf verlorenem Posten. Immer wieder zog es ihn ohne Ball nach innen, wodurch er Linksverteidiger Noah Katterbach als Unterstützung an der Seitenlinie fehlte. Die Folge waren einige Ballverluste und eine fast wirkungslose linke Seite des HSV.
Dann aber hatte Kittel seinen erlösenden Moment. Bedient von Ludovit Reis schloss der Techniker platziert ins linke Eck ab und ließ beim anschließenden Torjubel alle Emotionen aus sich heraus. Es war bis zur Haupttribüne spürbar, wie viel Druck in dieser Situation von ihm abfiel.
„Ich freue mich riesig für Sonny, er hatte viel Pech in dieser Saison. Einiges ist nicht so gelaufen, wie er es sich vorgestellt hat. Es ist umso schöner, dass er jetzt wieder da ist, denn jetzt wird es wichtig für die Mannschaft“, sagte Torjäger Robert Glatzel und legte schwärmend nach: „Sonny ist ein guter Fußballer, er ist für mich unersetzlich und einzigartig in der Liga. Heute hat er sich endlich belohnt.“
Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58
Was HSV-Coach Walter an Kittel kritisiert
Die ganze Mannschaft überhäufte Kittel mit Lobeshymnen. Auch Trainer Tim Walter, der ein besonderes Verhältnis zu seinem Lieblingsschüler pflegt, war „extrem glücklich, dass Sonny sich belohnt hat. Das war der Dosenöffner.“
Der HSV-Coach machte allerdings kein Geheimnis daraus, dass er Kittel auch schon in den zurückliegenden Monaten in dieser Form gebraucht hätte. „Jeder hat Verständnis dafür, was Sonny die letzten Monate durchgemacht hat“, sagte Walter in Bezug auf Kittels Wechsel-Frust. „Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass er früher zurückkommt aus dieser Phase.“
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Bereits vor dem Spiel hatte Walter signalisiert, dass mit Kittel wieder zu rechnen sei. „Ich weiß, dass er sehr sensibel und liebevoll ist. In manchen Momenten kann er sich aber nur selber helfen. Das hat er geschafft, und darauf bin ich auch stolz. Ich hoffe, dass er den Weg weitergeht.“ Ein Weg, der mit einem neuen Vertrag belohnt werden könnte. Vielleicht sogar beim HSV.
Die Statistik:
- HSV: Heuer Fernandes – Heyer, David, Schonlau (81. Zumberi), Katterbach – Meffert (71. Suhonen) – Reis, Benes (79. Krahn) – Jatta (79. Nemeth), Glatzel, Kittel (71. Königsdörffer). – Trainer: Walter
- Hannover: Zieler – Muroya, Lührs, Krajnc, Köhn – Besuschkow - Kunze, Ernst (82. Momuluh) – Schaub (64. Teuchert) – Nielsen (74. Foti), Beier. – Trainer: Leitl
- Schiedsrichter: Florian Badstübner (Nürnberg)
- Tore: 1:0 Kittel (34.), 2:0 Benes (41.), 2:1 Köhn (52.), 3:1 Benes (61.), 4:1 Glatzel (65.), 5:1 Königsdörffer (76.), 6:1 Reis (87.)
- Schiedsrichter: Florian Badstübner (Nürnberg)
- Zuschauer: 57.000 (ausverkauft)
- Gelbe Karten: David (2), Benes (4), Reis (4) - Beier
- Torschüsse: 17:6
- Ecken: 6:3
- Ballbesitz: 58:42 Prozent